Haus des Geldes, Der Jahrhundertraub, Lupin: Filme und Serien mit genialen Gaunereien boomen. Mit Red Notice gibt es ab heute Nachschub, vor allem für Fans der komödiantischen Ausprägung des Heist-Genres. Zur Feier des Tages haben wir uns durch den Katalog gewühlt: elf der besten Heist-Filme (und eine Serie) auf Netflix.
Was ist das überhaupt, ein Heist Movie?
Wie viele Genres ist auch das der Heist Movies nicht ganz trennscharf. Gemein ist den meisten Filmen (und Serien), die unter diesem Begriff verhandelt werden, dass in ihrem Zentrum die Vorbereitung und Durchführung von Überfällen steht. Manchmal sind die bewaffnet, meistens dennoch harmlos, fast immer sehr, sehr clever.
Heist Movies sind wahrlich kein neues Phänomen. Schon Der große Eisenbahnraub von Edwin S. Porter aus dem Jahr 1903 ließe sich als Heist Movie sehen. Unter filmhistorischen Kreisen hat man sich aber mittlerweile auf Asphalt Dschungel aus dem Jahr 1950 als Startpunkt des Genres geeinigt. In der berühmten Einbruchssequenz lässt Regisseur John Huston die Gangster kein Wort sprechen. Damit lieferte er eine Blaupause für unter anderem Stanley Kubricks Die Rechnung ging nicht auf (1956) und Jules Dassins Rififi, der 1955 mit einer über 30-minütigen Raubszene vollkommen ohne Musik und Dialoge die Suspense-Schraube noch ein gutes Stück weiter drehte. Auch Vier im roten Kreis von 1970 war davon beeinflusst; das Meisterwerk Jean-Pierre Melvilles gilt vielen noch immer als größtes Heist Movie aller Zeiten.
Heute dominieren vor allem leichtherzige Heist-Geschichten, die eher in der Tradition von Hitchcocks Über den Dächern von Nizza mit Grace Kelly und Cary Grant und Topkapi mit Peter Ustinov und Maximilian Schell stehen, beide aus dem Jahr 1964. Auch Red Notice ist in dieser Tradition zu verorten. Bevor „Wonder Woman“ Gal Gadot, „Deadpool“ Ryan Reynolds und „The Rock“ Dwayne Johnson darin ihr großes Ding drehen, hier einige der besten Heist Movies aus dem Netflix-Katalog.
Ocean’s Eleven (2001)
1960 taten sich Frank Sinatra, Dean Martin und Sammy Davis Jr. im Original von Ocean’s 11 (deutsch: Frankie und seine Spießgesellen) zusammen, um ein Casino auszurauben. Vier Jahrzehnte später ließ Regisseur Steven Soderbergh in seinem Remake Ocean’s Eleven u.a. George Clooney, Brad Pitt und Matt Damon antreten, um den Casinoraub in die Gegenwart zu holen. Mit seinem Fokus auf die minutiöse Planung und Ausführung des Raubzuges war der Film so erfolgreich, dass mit Ocean’s Twelve (2004) und Ocean’s Thirteen (2007) zwei Sequels von ähnlicher Meisterschaft folgten – und unzählige Plagiate obendrauf. Die Blaupause des modernen Heist Movies.
Triple Frontier (2019)
Dieses Netflix Original gehört zu den härtesten Momenten der Heist-Movie-Geschichte. Eine Gruppe desillusionierter Ex-Militärs (u. a. Ben Affleck und Oscar Isaac, der in diesem Jahr mit Dune wieder einen großen Moment erlebte) schließt sich zusammen, um die Villa eines kolumbianischen Drogenbosses leerzuräumen. Das läuft trotz militärisch präziser Planung alles andere als reibungslos. Gier, Misstrauen und ein Haufen gnadenloser Verfolger tun ihr Übriges. Wer etwa nach Ocean’s Eleven eine Umschulung erwog, dürfte die Vorzüge der aktuellen Erwerbstätigkeit nach dem Genuss dieses Film wieder zu schätzen wissen.
Reservoir Dogs (1992)
Der erste Tarantino-Film überhaupt und längst ein Klassiker. Dass sich ein ehemaliger Videothekar als Einstieg ins Filmgeschäft an den düsteren Heist-Klassikern der Noir-Ära orientieren würde, klingt im Rückblick gar nicht so abwegig. Trotzdem stellte Reservoir Dogs bei seinem Erscheinen Hollywood auf den Kopf. Die offen zur Schau gestellte Brutalität, die authentischen (bis schlicht vulgären) Dialoge, der sensationelle Seventies-Soundtrack und vor allem die nicht chronologische Erzählweise: Der Film machte vielleicht nicht alles, aber doch vieles neu und veränderte die Filmwelt für immer. Wie Harvey Keitel, Michael Madsen, Tim Roth und Steve Buscemi als Mr. White, Blonde, Orange und Pink sich infolge eines Juwelenraubs gegenseitig aufreiben, gehört zu den absoluten Highlights des Heist-Subgenres der Caper Movies. Und damit auf jede Watchlist.
Army Of Thieves (2021)
Army of Thieves von und mit Matthias Schweighöfer ist als Ableger von Zack Snyders Army of The Dead entstanden. Das Spin-Off gibt unserem Mann in Hollywood die Gelegenheit, nicht nur auf der Leinwand, sondern auch als Regisseur weitere Credits einzusammeln. Sechs Jahre vor den Ereignissen in Army of The Dead verortet, widmet sich Army of Thieves der frühen kriminellen Karriere des virtuosen, herrlich nerdigen Safeknackers Ludwig Dieter, der hier zusammen mit einer Gruppe aufstrebender Kriminellen einen ganz besonderen Raub durchführen soll.
The Italian Job (2003)
Auch The Italian Job geht auf einen Heist-Klassiker der 1960ern zurück, Charlie staubt Millionen ab. Nach einem von u.a. Mark Wahlberg, Edward Norton, Donald Sutherland und Jason Statham erfolgreich durchgeführten Coup in Venedig muss sich die Bande noch einmal zusammentun, um einen Verräter aus den eigenen Reihen zu stellen. Dabei lassen sie einen nicht minder spektakulären Heist in Los Angeles folgen. Legendär: Die Verfolgungsjagd mit mehreren Mini-Cooper-Fahrzeugen. Die gereichte nicht nur zum Vorbild für eine Achterbahn, sondern auch zum Easter Egg in dem Statham-Film Hobbs & Shaw, der The Italian Job zitiert.
Inception (2010)
Auch Christopher Nolans futuristisch angehauchter Genrebastard ist, irgendwie, ein Heist Movie – nur dass Leonardo DiCaprio und Co. in die Hirne und Träume ihrer Opfer eindringen statt in gut gesicherte Tresorräume. Mit seinen raffinierten Traum-im-Traum-Konstrukten wurde Inception zum Synonym für verschachtelte Situationen und zum geflügelten Wort. Zudem lieferte der Film zu seiner Zeit eine der spektakulärsten Action-Sequenzen überhaupt und ein offenes Ende, über das sich noch heute vortrefflich spekulieren lässt. Ein moderner Klassiker, der die Idee des Heist in eine völlig neue Dimension katapultierte.
Red Notice (2021)
Die Action-Komödie von Rawson Marshall Thurber („Skyscraper“) ist einer der Höhepunkte im bisherigen Netflix-Jahr. Interpol-Agent John Hartley (Dwayne Johnson) bekommt einen begnadeten Trickbetrüger (Ryan Reynolds) an die Seite gestellt. Wer im spektakulären des Films wen übers Ohr haut, sei an dieser Stelle noch nicht verraten.
Die Unfassbaren (2013)
Wie toppt man das planerische Genie eines Danny Ocean? Zum Beispiel, indem man vier Bühnenmagier*innen (Jesse Eisenberg, Isla Fisher, Woody Harrelson und Dave Franco) dazu bringt, von offener Bühne aus einen realen Banküberfall zu orchestrieren. Für Die Unfassbaren ist das allerdings nur den Auftakt zu diversen Taschenspielertricks, mit denen Action-Spezialist Louis Leterrier hier nicht nur das ein oder andere Logikloch umschifft, sondern auch die Zuschauenden um seinen Finger wickelt. Im Sequel verstärkt Die Unfassbaren übrigens der ewige Zauberschüler Daniel Radcliffe.
Focus (2015)
Wie in den leichtfüßigen Klassikern der Marke Über den Dächern von Nizza steht hier nicht nur ein groß angelegter Trickbetrug im, na ja, Fokus, sondern auch eine groß ausgelebte Romanze. In diesem wendungsreichen Thriller machen sich Will Smith und Margot Robbie wechselseitig das Leben schwer und leichter. Dazu gibt es mit Motorsport-Rennen und Edelhotels in Buenos Aires ein glamouröses Setting, das selbst aus diesem an glamourösen Settings reichen Genre heraussticht.
Baby Driver (2017)
In Baby Driver folgt Regisseur Edgar Wright ganz dem Rhythmus des sorgfältig kuratierten Soundtracks, um seine atemberaubenden Verfolgungsjagden zu inszenieren, beinahe wie in einem Heist-Musical. Ansel Elgort kutschiert hier als Fluchtwagenfahrer eine Gruppe skrupelloser Gangstern (u.a. Jamie Foxx) durch Atlanta und gerät in Gefahr, als er sich in eine junge Zeugin (Lily James) verliebt. Obwohl Baby Driver so ziemlich jedes Klischee eines Crime Capers bedient, gehört der Film dank seines Schnitts und seiner Choreographie zu den denkwürdigsten Beiträgen des Genres.
The Town (2010)
Für The Town orientierte sich Ben Affleck als Regisseur an düsteren Noir-Klassikern wie Kubricks Die Rechnung ging nicht auf und Heat von Michael Mann. Affleck selbst führt hier eine Gruppe von Gangstern an, zu denen auch Jeremy Renner in der Rolle eines brüderlichen Freundes gehört. Als sie bei einem Überfall eine Geisel (Rebecca Hall) nehmen, ändert sich das Vertrauensverhältnis zwischen den beiden schlagartig. Verfolgt von einem FBI-Agenten (Jon Hamm), sehen sie sich zunehmend in die Ecke gedrängt… Die Kritik adelte The Town gerade wegen dieser Ernsthaftigkeit als Ausnahme-Thriller und Heist-Highlight.
Bonus: Haus des Geldes (2017)
Kein Film, sondern eine Serie. Aber eine Heist-Liste wäre nicht vollständig ohne Haus des Geldes. Casa de Papel, so der Originaltitel das globalen Phänomens aus Spanien, verwandelt in mittlerweile fünf Staffeln alle Ingredienzien eines klassischen Heist-Films in pures Binge-Gold: von der minutiösen Planung und Durchführung der (sich über Staffellänge ziehenden) Raubüberfälle über die Codenamen der beteiligten Diebe bis hin zu den Unruhe stiftenden Romanzen. Schöpfer Alex Pina hat sich die Geschichte des Genres offenbar ganz genau angeschaut – und dieser mit seiner subtilen Gesellschaftskritik ein Update im Sinne des Zeitgeistes verpasst.
Netflixwoche Redaktion