Wie entstand der Weihnachtsfilm-Hype?

Grimmige Männer, rettende Engel und eine Liebesgeschichte auf dem Land: Weihnachtsfilme erzählen jedes Jahr aufs Neue vom Fest der (Nächsten-)liebe. Wie kam es dazu?

Grant (Wyatt Hunt) und sein Kuscheltierfreund Monkey Bob wünschen sich ein Weihnachten wie aus dem Bilderbuch: Ein mit Lichtern geschmücktes Haus, das nach Plätzchen duftet, meterhohen Schnee und ein fröhliches Krippenspiel, bei dem die ganze Stadt mitmacht. Gut, dass seine Mutter Charlotte (Heather Graham) eine Freundin hat, die genau davon in ihrer Weihnachtskarte berichtet. Als Charlotte ironisch sagt, dass sie nichts lieber tun würde, als Jackie (Brandy Norwood) zu besuchen, hat Grant eine Idee: Jackies Adresse heimlich in das Navi eintippen und die Familie ins Winter Wonderland schicken.

Ist das die richtige Adresse? Grant und seine Familie landen in der Netflix-Komödie Best. Christmas. Ever! bei Jacky.

Die Komödie Best. Christmas. Ever! hat alle Zutaten, die es für einen Weihnachtsfilm braucht: weiße Landschaften, ein üppig geschmücktes Anwesen, fröhliche Kinder, Erwachsene, die sich (wieder) nähern und natürlich jede Menge Essen und Musik. Damit gesellt sich die Netflix-Produktion zu all den anderen Filmen und Serien, die jährlich ab spätestens November erscheinen und uns den Zauber von Weihnachten auf die Bildschirmfläche pusten. Doch wie kam es überhaupt zu dieser Tradition? Und warum schalten wir alle Jahre wieder ein?

Die Filmfigur mit der längsten Geschichte

Santa Claus von 1898 war laut mehreren Quellen der erste Weihnachtsfilm. Der Film erschien schon drei Jahre nach der Erfindung des Kinos. In dem rund zweiminütigen Werk ist ein bärtiger Mann mit Kapuze zu sehen, der einen Weihnachtsbaum auf das Dach eines Hauses hievt. Er steigt durch den Schornstein und bringt Geschenke ins Kinderzimmer. Ehe er geht, wirft er den Schlafenden noch einen Kuss zu. Laut dem amerikanischen Branchenportal Deadline hat das flackernde Artefakt zwar eine etwas unheimliche Aura, enthält aber viele Merkmale der heute bekannten Weihnachtsmanngeschichte.

Santa ist mit Blick aufs Smiths Stummfilm die Filmfigur mit der längsten Historie – Sherlock Holmes hatte sein Leinwanddebüt erst 1900. Aber auch im heute dicht besiedelten Weihnachtsfilm-Genre hatte Santa Claus von 1898 zunächst keine bekannte Konkurrenz. Erst 1901 erschien eine Leinwandproduktion, dessen Figur ebenfalls ikonisch wurde:

Der Kurzfilm Scrooge von Walter R. Booth gilt als erste Version von Charles Dickens’ Roman Der Weihnachtsabend. Bis heute wurde die Geschichte über den menschenfeindlichen Mr. Scrooge – der sich am Heiligen Abend zum Menschenfreund wandelt – über 40 Mal verfilmt. Zuletzt von Netflix, mit dem 2022 erschienenen animierten Musical.

Selbstmord, Liebe und Arnold Schwarzenegger

Einen Boom der Weihnachtsfilme gab es laut dem Auslandsfunk Deutsche Welle aber erst in den 1930er- und 1940er-Jahren. Weitere Scrooge-Verfilmungen (1935, 1938) und Dramödien wie Ist das Leben nicht schön? (1946) trugen dazu bei. Letzteres handelt von einem Engel, der einen Mann vor dem Selbstmord rettet. Erwähnenswert ist auch das mittlerweile wieder verfilmte Das Wunder von Manhattan (1947), in dem der bis dahin unbekannte Kris Kringle den Weihnachtsmann für eine Stadt spielt. Dafür gab es 1948 drei Oscars!

Aus dem Netflix-Musical: Scrooge will nichts von Liebe und Leid hören.

Zur selben Zeit sind Produktionen entstanden, die wir heute als typische Christmas-RomComs kennen: Weihnachten nach Maß (1945) etwa, in dem eine Single-Großstadt-Journalistin (gespielt von Barbara Stanwyck) vorgibt, auf dem Land mit Familie zu wohnen – und dann eine schnelle Lösung finden muss, als ihr Chef sie bittet, einen Kriegsveteranen zum Weihnachtsdinner einzuladen. „Wie es bei allen Filmen aus den 1940er-Jahren der Fall zu sein scheint, verliebt sich Stanwyck schließlich in den Kriegshelden“, heißt es im US-Branchenmagazin Screen Rant.

Weihnachten nach Maß spielte bei der Veröffentlichung drei Millionen US-Dollar ein. Der Erfolg war so groß, dass Arnold Schwarzenegger sogar 1992 Regie bei einem TV-Remake führte. Titel: Schuld war nur der Weihnachtsmann.

Warum wir Weihnachtsfilme lieben

Seit dem aufkommenden Hype sind aber nicht nur unzählige Versionen von Santa, Scrooge sowie Freund- und Liebschaften im Schnee entstanden – die weihnachtliche Stimmung hat ihren Weg in etliche andere Filmgenres gefunden.

So befallen in der Horrorkomödie Gremlins (1984) einst putzige Fabelwesen zu Weihnachten eine amerikanische Kleinstadt. In dem Actionfilm Stirb langsam (1988) platzen Terroristen in die Weihnachtsfeier eines Großkonzerns. Und in der deutschen Netflix-Serie Kitz (2021) vertuscht eine Influencer-Bande kurz nach Weihnachten einen Mord.

Bleibt nur noch die Frage zu klären, warum wir nicht genug von den weihnachtlichen Produktionen bekommen – ganz gleich, in welchem Jahr und in welchem Filmgenre wir uns befinden.

Dr. Pamela Rutledge hat in der Fachzeitschrift Psychology Today eine interessante These geteilt. Laut der amerikanischen Psychologin „können Weihnachtsfilme die Stimmung heben und Depressionssymptome lindern“ – und zwar indem sie eine Flucht vor dem Alltagsstress bieten.

Berge, Schnee und sexy Hotelgäste: In der Netflix-Serie Kitz haben Hans (Ben Felipe) und Kosh (Zoran Pingel) Spaß.

Weiter schreibt Rutledge, dass „positive Emotionen wie Hoffnung, Freude und Dankbarkeit die persönliche und soziale Reflexion anregen und zu neuen Aktivitäten und Zielen inspirieren.“ Weihnachtsfilme sollen durch Nostalgie „emotionale Resonanz aktivieren“. Die Filme basieren auf unserem Wunsch, die „guten alten Zeiten“ mit Bildern, Geschichten und Musik zu erleben, was wiederum das psychologische Verlangen auslöse, sich geliebt und geborgen zu fühlen. Ein zusätzlicher Vorteil: Die meisten Weihnachtsfilme sind familienfreundlich und bieten eine Möglichkeit, neue Traditionen zu schaffen.

Wer damit gleich anfangen will, kann bei Best. Christmas. Ever! das Gefühl von guten Freundschaften und Taten miterleben. Oder sich einmal durch die folgenden Weihnachtslisten von Netflixwoche klicken. Hohoho!

Nadja Dilger, Netflixwoche

Drücke ESC, um die Suche zu schließen.