Wäre der Raub aus Haus des Geldes wirklich möglich?

Eine Gruppe von Kriminellen brechen in die königliche Banknotendruckerei in Spanien ein, nehmen Geiseln und drucken elf Tage lang ihr eigenes Geld: Der Raubüberfall aus Haus des Geldes hat die Serie zum internationalen Phänomen gemacht. Seit dem 29. Dezember 2023 läuft nun das Spin-off BERLIN auf Netflix. Im Interview erzählt die Faktencheckerin der beiden Serien, wie sie die absurden Raubüberfälle geprüft hat.

Es gab 52 Versionen des ersten Drehbuchs von Haus des Geldes. Sara Solomando erinnert sich noch genau daran – es war ihre Aufgabe, die Fakten zu überprüfen. Sie ist diejenige, die sicherstellte, dass alles, was in der Heist-Serie dargestellt wird, auch tatsächlich möglich ist.

Solomando ist Journalistin, damals arbeitete sie morgens als Radiomoderatorin in Spanien. Ihr Ehemann, ebenfalls Journalist und ein Drehbuchautor der Serie, empfahl sie für die Aufgabe. Von da an verbrachte sie ihre freien Nachmittage damit, zu prüfen, ob die absurde Idee der Autor*innen, Regisseuren und Produzent*innen tatsächlich möglich war. Dass eine Gruppe von Menschen die Banknotendruckerei von Spanien als Geisel nehmen kann, während sie ihr eigenes Geld druckt.

Solomando machte das möglich – in allen 52 Versionen des Drehbuchs.

„Ich musste mich vergewissern, dass es tatsächlich realistisch war, so viel Geld in der angegebenen Zeit zu drucken“, erklärte sie im Interview.

Aber es ging nicht nur darum, den Diebstahl möglich zu machen, sondern auch um Kontinuität. Solomando musste nicht nur herausfinden, welche Folgen ein Schuss in Schulter oder Bauch für einen Menschen hat. Sondern auch im Blick behalten, warum zwei Figuren zwischen Duzen und Siezen wechseln, ob eine Figur einen Bruder oder eine Schwester erwähnt und ob eine Adresse in zwei verschiedenen Episoden dieselbe ist.

Damian (Tristan Ulloa) und Berlín (Pedro Alonso) schmieden Pläne: Kann man sich für einen Raubüberfall tatsächlich durch die Katakomben von Paris graben? Auch die neuen Episoden von BERLIN stellten die Faktencheckerin vor Herausforderungen.

Wer verrät die nationalen Sicherheitsgeheimnisse der Banknotendruckerei?

Natürlich stieß Solomando bei ihrer Arbeit auch auf Hürden: Wo kann man überhaupt herausfinden, ob es möglich ist, so viel Geld in einem kurzen Zeitraum zu drucken? Natürlich in der Banknotendruckerei selbst, in einem der beiden Standorte in Spanien, an denen das gesamte Geld des Landes gedruckt wird.

„Es war am logischsten, die Banknotendruckerei anzurufen und nach dem Direktor zu fragen“, erzählt Solomando. „Ich rief dort an, und er sagte: Tut mir leid, das ist vertraulich. Das ist eine Angelegenheit der nationalen Sicherheit. Ich kann Ihnen diese Information nicht geben.“

Das Gebäude des Obersten Rats für wissenschaftliche Forschung steht in Haus des Geldes für die Banknotendruckerei ein.

Na gut, schön. Der nächste Schritt? Google.

Als Spanien den Euro einführte, schrieben viele Journalist*innen über diesen Prozess. Sie beriefen sich dabei oft auf Angestellte der königlichen Banknotendruckerei. Also fand Solomando die Kontaktdaten dieser Angestellten und klingelte die Liste durch, bis sie die nötigen Informationen gefunden hatte. „Natürlich musste ich ihnen erklären, dass ich nichts veröffentlichen und dass ich meine Quellen niemals preisgeben würde“, sagt sie. „Und dass es sich nur um eine Serie handelt.“

Ihren Quellen zufolge war der große Raubüberfall durchaus plausibel – zum Glück, denn er war bereits gedreht, als sie mit ihnen sprach.

Wie viele Rippen müssen entfernt werden, wenn man eine Kugel in der Lunge hat?

Aber Regierungsbeamte waren nicht die einzigen Fachleute, die Solomando im Laufe ihrer Arbeit für die Serie konsultierte. Sie sprach oft mit Ärzt*innen – einschließlich ihrer eigenen Eltern, die Mediziner sind – um sicherzustellen, dass alle Verletzungen der Figuren realistisch behandelt wurden.

Als eine Figur angeschossen wurde und operiert werden musste, ließ die Autor*innen eine Idee nicht los: „Sie wollten den Brustkorb öffnen und eine Rippe herausschneiden, um die Lunge zu erreichen und so die Kugel herauszuholen. Sie stellten sich vor, wie sie entlang einer Rippe aufschneiden, sie herausnehmen und mit einem Klirren auf ein Metalltablett legen.“

Nairobi (Alba Flores) wird beim Raubüberfall angeschossen und muss operiert werden.

Als sie sich von Chirurg*innen beraten ließ, sagten die ihr: „Nein, wir haben dieses kleine Gerät, das die Rippen öffnet. Man muss sie nicht rausschneiden.“

Eine andere medizinische Anekdote: Laut Solomando wollten die Autor*innen ursprünglich, dass Sierra ihr Baby per Kaiserschnitt zur Welt bringt und sich dann sofort auf die Flucht begibt. „Ich sagte ihnen, dass ich nicht glaube, dass eine Frau, die gerade einen Kaiserschnitt hatte, gleich wieder herumlaufen würde, weil es wirklich weh tut und man sich danach ausruhen muss“, erzählt Solomando. „Also musste ich mir andere Komplikationen ausdenken, die auftreten könnten, damit der Professor das tun kann, was er tut.“

In diesem Fall hörten die Autor*innen auf sie – aber sie nahmen nicht immer ihre Vorschläge an. „Das meiste, was ich anmerkte, landete nicht im Drehbuch“, sagt sie und erklärt, dass die Autor*innen immer noch die Dramatisierung einer fiktiven Handlung brauchen, um ihren kreativen Prozess anzutreiben.

Dennoch machte es sich Solomando zur Aufgabe, ein Drehbuch immer wieder zu lesen. Sie machte sich Notizen und legte den Text beiseite, um ihn ein paar Tage später erneut zu prüfen, um sicherzugehen, dass sie beim ersten Mal nichts übersehen hatte. Aber während sie bei den ersten Drehbüchern einer Staffel ein oder zwei Monate Zeit hatte, um sie zu prüfen, hatte die Produktion am Ende den Schreibprozess eingeholt und sie hatte nur noch ein oder zwei Wochen Zeit für die späteren Drehbücher.

Die Ermittlerin Alicia Sierra (Najwa Nimri) bringt in Teil 5 ein Kind zur Welt. Kann sie den Kriminellen nach der Geburt entkommen?

Kann man eine Handgranate in ein Huhn stopfen?

Im Laufe der Jahre hatte sie einige unvergessliche Gespräche zum Faktencheck, doch eines sticht hervor: Es betraf die große Kampfszene im Museum in Teil 5 der Serie – und die Granate, die Tokyo warf, die in einem Hühnerarsch versteckt war.

„Ich kenne Leute in der Armee“, erklärt Solomando. „Ich musste den Kommandeur anrufen, und er hat mir erklärt, wie die Granaten funktionieren.“

Dann musste sie jedoch etwas genauer werden: „Ist es möglich, eine Granate in den Hintern eines Huhns zu stecken? Und zwar ohne, dass sie explodiert, und ohne, dass man sie deaktivieren kann? Und er so: ‚Was? Wo? Und wann? Was willst du tun?‘ Er hat mir dann trotzdem erklärt, dass es möglich ist. Aber diese Fragen zu stellen, kann ein bisschen peinlich sein.“

JEAN BENTLEY, TUDUM

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