Unverfilmbar? Darum scheiterte ein Regisseur nach dem anderen an Dune

Denis Villeneuve ist erst der zweite Regisseur, der es mit einer Verfilmung des SciFi-Epos Dune ins Kino geschafft hat – und der erste, der mit Dune einen Welterfolg feiert. Warum sind Star-Regisseure wie David Lynch an dem Stoff krachend gescheitert?

Pink Floyd sollte den Soundtrack einspielen. Mick Jagger und Orson Welles zwei der Hauptrollen spielen. Salvador Dalí wollte 100.000 US-Dollar Gage pro Stunde (!) und für Teile seiner Rolle von einem Roboter-Klon ersetzt werden. Und der Film sollte am Ende bis zu zwölf Stunden lang sein. So sahen 1975 die Pläne des chilenischen Regisseurs und Comicautors (Der Incal) Alejandro Jodorowsky für die erste Verfilmung der epischen Geschichte Dune aus.

Die Rechte für die Verfilmung lagen ursprünglich bei Arthur P. Jacobs, dem Produzent von Planet der Affen. Oscar-Preisträger David Lean sollte Regie führen. Doch bevor das Projekt starten konnte, starb Jacobs an Herzproblemen. Die Rechte kaufte eine Gruppe französischer Filmproduzenten um Michel Seydoux – der wiederum ein großer Fan des surrealistischen Regisseurs Jodorowsky war und ihm Mitte der 1970er Jahre das Projekt anbot.

Jodorowsky hatte große Visionen für Dune. Der Film sollte „möglichst nah an die Erfahrung eines LSD-Trips herankommen“, kündigte Jodorowsky an. Dune sollte ein prophetischer Film werden, ein Film, der den Geist der Jugend prägt und die Welt verändert.

Die Buchvorlage kümmerte Jodorowsky dabei wenig – er hatte das Buch von Frank Herbert nicht einmal gelesen, als er mit dem Projekt startete. „Es war mein Dune. Wenn man einen Film macht, darf man den Roman nicht respektieren“, sagt er in der Doku Jodorowsky’s Dune über das Projekt. Diese Doku gewann ironischerweise zahlreiche Preise – Jodorowskys Dune-Verfilmung selbst scheiterte letztlich an der Finanzierung.

Ein unerwarteter Durchbruch

Doch obwohl sie scheiterte, hatte Jodorowskys Vision großen Einfluss auf das Genre: 1978, ein Jahr nach Abbruch seines Projekts, erschien der erste Star-Wars-Film. George Lucas ließ sich bei der Inszenierung des Wüstenplaneten Tatooine mit seinen monströsen Sandkreaturen und den dort ansässigen Tusken-Räubern von Dune und den Storyboard-Entwürfen für Jodorowskys Film inspirieren.

Und noch ein anderer Filmklassiker wäre ohne das Scheitern der ersten Dune-Verfilmung vielleicht nie entstanden. Drehbuchautor Dan O'Bannon, der Seite an Seite mit Jodorowsky gearbeitet hatte, musste nach Ende des Projekts zurück nach L.A. – ohne Geld und ohne Wohnung. Unterschlupf fand er bei einem befreundeten Drehbuchautoren: auf der Couch von Ronald Shusett. In einem Interview mit Den of Geek sagte Dan O’Bannon über diese Zeit: „Ich brauchte Geld, und die einzige Möglichkeit, die mir einfiel, um Geld zu verdienen und von Ronnies Sofa wegzukommen, war, ein Drehbuch zu schreiben…“ Die beiden setzten sich in ihrer Übergangs-WG zusammen und schrieben zusammen die erste Fassung eines Drehbuchs: Alien war geboren.

Der eine Film, auf den man David Lynch niemals ansprechen darf

Nach dem Scheitern des Jodorowskys-Films wechselten die Filmrechte und das Projekt landete wieder bei David Lynch.. 1984 erschien seine Version im Kino.Die Kritiker verrissen seine Dune-Version, nannten sie „ein echtes Desaster, ein unverständlicher, hässlicher, unstrukturierter, sinnloser Ausflug in die trüben Gefilde eines der verwirrendsten Drehbücher aller Zeiten.“ Auch der Enthusiasmus an den Kinokassen hielt sich in Grenzen, der Film spielte nicht einmal sein Budget ein. Doch niemand hasst den Film mehr als David Lynch selbst, der sich inzwischen weigert, in Interviews über den Film zu sprechen.

Was war schief gegangen?

Schon während der Dreharbeiten folgte eine Katastrophe auf die nächste: Unfälle, kranke Schauspieler, tote Tieren, die am Set verrotteten und Zölle, die den Transport wichtiger Ressourcen verhinderten, erschwerten die Produktion, wären aber vielleicht noch zu bewältigen gewesen..

Nicht aus dem Weg zu räumen war, dass Produzent Aurelio De Laurentiis und David Lynch völlig gegensätzliche Ansichten hatten. De Laurentiis wollte einen Blockbuster-Hit – Lynch dagegen hasst bekannterweise alles, was als „normal“ oder „mainstream-tauglich“ gelten könnte. Heute, nach Serien wie Twin Peaks, ist dieser Hang zum Seltsamen als Lynchs Erfolgsrezept bekannt. Doch 1984 stand David Lynch noch am Anfang seiner Karriere.

Seine Version von Dune sollte vier bis fünf Stunden lang sein. Doch das Produktionsstudio entzog ihm die Kontrolle über den finalen Schnitt und kürzte den Film auf nur knapp zwei Stunden.

Durch die radikale Kürzung verlor der Film wichtige Informationen – ein großes Problem bei einer so komplexen Geschichte wie Dune. Romanautor Frank Herbert hat in seine Bücher eine eigene Welt mit einer komplexen Ökologie, mit diversen Gesellschaften, sozialen Strukturen, einer speziellen Wirtschaftsordnung, Politik, Geschichte, Philosophie und Mythologie geschaffen. Wer in diese Welt eintauchen und sie verstehen will, braucht Zeit. Keine leichte Aufgabe für eine Verfilmung. Die David-Lynch-Version greift darum zum Beispiel häufig auf innere Monologe zurück, bei denen die Figuren oder ein Erzähler im Voice Over ihre Gedanken erzählen – ein Stilmittel, das in der stark gekürzten Fassung eher verwirrt und irritiert.

„Bei Dune habe ich mich schon früh verraten“, sagte Lynch gegenüber Deadline, „denn ich hatte keinen Final Cut, und der Film war ein kommerzieller Misserfolg, also bin ich damit zweimal gestorben.“

Heute hat der Film eine kleine aber eingeschworene Fangemeinde gefunden, die seine Fehler feiert und liebt, wie chaotisch und seltsam die Verfilmung ist. Einen Welterfolg landete allerdings erst Denis Villeneuve mit seiner Verfilmung von Dune (jetzt auch auf Netflix), von der bald der zweite Teil im Kino startet. Am 29. Februar 2024 geht die Geschichte im Kino weiter mit Dune: Teil 2.

Endlich ein Hit: Denis Villeneuve Dune

Villeneuves Dune, mit seinen liebevoll inszenierten Welten, der spektakulären Action, einem Soundtrack von Hans Zimmer und einer Starbesetzung (u.a. Timothée Chalamet, Zendaya, Oscar Isaac, Rebecca Ferguson, Jason Momoa, Stellan Skarsgård, Florence Pugh) wurde 2021 zum Hit. Angesichts der Komplexität des Stoffes war es sicher eine gute Idee, den Film in zwei Teile aufzuteilen, statt eine Zehn-Stunden-Version zu versuchen.

Man merkt dem Film Denis Viellenuves Erfahrung mit dem Genre an: Dune ist sein dritter Sci-Fi-Film in Folge, nach Arrival (2016) und Blade Runner 2049 (2017).

Anders als Jodorowsky ist Villeneuve außerdem ein großer Fan der Buchvorlage: Er sieht die Romane als seine „Bibel“, hat er im Interview mit The Wrap erzählt. „Die größte Herausforderung war, mich selbst nicht zu enttäuschen. Ich bin ein eingefleischter Dune-Fan. Wenn ich mir den fertigen Film jetzt ansehe, gibt es Momente, in denen ich das Gefühl habe, dass ich meinem alten Traum ziemlich nahe gekommen bin. Und das bereitet mir wirklich enorme Freude.“

Netflixwoche Redaktion

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