So verdiente sich Annette Bening ihre fünfte Oscar-Nominierung

In NYAD spielt Annette Bening eine legendäre Schwimmerin, die sich von nichts und niemandem aufhalten lässt. Mit ihrer Hauptrolle in dem Drama ist sie zum fünften Mal für einen Oscar nominiert.

Das griechische Wort „naiad“ bedeutet übersetzt „Wassernymphe“. Und als rekordbrechende Marathonschwimmerin hat sich Diana Nyad ihres Namens verdient gemacht.

1974 war Nyad der erste Mensch, der den Ontariosee von Norden nach Süden durchschwamm. Im Jahr darauf, am 6. Oktober 1975, umrundete sie Manhattan Island in sieben Stunden und 57 Minuten. Sie trainierte unzählige Stunden im offenen Gewässer und bereiste für ihren Sport die ganze Welt. Aber kurz nach einem gescheiterten Versuch, im Alter von 28 Jahren von Kuba nach Florida zu schwimmen, war ihre Karriere zu Ende – so schien es zumindest.

Sechsunddreißig Jahre später, im Alter von 64 Jahren, versuchte Nyad es noch einmal – und wurde der erste Mensch, der diese Reise ohne den Schutz eines Haikäfigs unternahm. Der neue Film der Oscar-prämierten Dokumentarfilmer*innen Elizabeth Chai Vasarhelyi und Jimmy Chin, NYAD, befasst sich mit dieser unglaublichen Leistung.

Annette Bening spielt in dem Spielfilm die Hauptrolle der Diana Nyad und verdient sich damit ihre fünfte Oscar-Nominierung. Der Film beginnt kurz vor Nyads 60. Geburtstag: Sie hat Sonnenflecken, blassblondes Haar und stechend blaue Augen. Sie ist Journalistin und Motivationsrednerin. Und sie denkt immer noch häufig an ihr Scheitern an der 110-Meilen-Schwimmstrecke von der Küste Havannas bis zu Key West. Doch dann beschließt sie – fast heimlich – wieder in einen Pool zu steigen.

Bening, die unter anderem in Grifters, Bugsy, American Beauty und The Kids Are All Right mitgespielt hat, las das Drehbuch von Julia Cox und war sofort Feuer und Flamme für den Film. Sie begann, sich in Nyad hineinzuversetzen, indem sie ihre Memoiren Find a Way las, auf denen der Film basiert. Im Laufe der Geschichte versucht Nyad noch vier weitere Male, die gefährliche Strecke zwischen Kuba und Florida zu schwimmen, und schafft es erst nach Begegnungen mit Haien, tödlichen Quallen und starken Strömungen.

Bening erweckte diese Geschichte auf dem Bildschirm zum Leben, indem sie Tag für Tag in einem riesigen Wassertank in der Dominikanischen Republik für die Kamera schwamm.

Wie Annette Bening für NYAD neu schwimmen lernte

Bening wuchs in San Diego auf und fühlte sich im Wasser immer wohl. Aber Rundenschwimmen – und noch dazu Marathon-Rundenschwimmen – ist auf einem ganz anderen Level als Hobby-Schwimmen.

Sie begann, mit der olympischen Schwimmerin Rada Owens zusammenzuarbeiten, um sich körperlich auf die Figur vorzubereiten. „Ich bin für sie geschwommen, und sie sagte sofort: Oh ja. Du schaffst das“, erzählt Bening. Sie arbeiteten an der richtigen Schlag- und Tritttechnik. Zu Benings Überraschung ging es beim Freistil nicht so sehr darum, wie wild zu strampeln, sondern vielmehr um die Kraft des Oberkörpers.

Annette Bening und Diana Nyad zusammen im Wasser beim Dreh von NYAD.

„Sie hat ein Jahr lang darauf hingearbeitet, und das sieht man“, sagt die echte Nyad über Benings Engagement für die Rolle. „Sie wurde eine Schwimmerin. Sie ist einen Zentimeter größer als ich und etwas schlanker, aber ihre Schultern sind im Laufe des Trainings um einige Zentimeter gewachsen, würde ich sagen.“ Bei den Dreharbeiten schwamm Nyad sogar Seite an Seite mit Bening, um der Schauspielerin zu helfen, ihre exakten Züge nachzuahmen.

Dieser Prozess veränderte Benings Beziehung zum Sport. Während der Dreharbeiten zu NYAD verliebte sich die Schauspielerin in das Schwimmen, weil es, wie sie sagt, „das zentrale Nervensystem und das Gehirn beeinflusst.“ Es erfordert fast, dass man einen meditativen Zustand erreicht. Durch Benings fesselnde Darstellung und die kunstvolle Cinematographie des Oscar-Preisträgers Claudio Miranda stellt NYAD den sensorischen Entzug, den Schwimmer*innen im Wasser erleben, genau dar.

„Deine Schwimmbrille ist beschlagen“, erklärt Nyad. „Du hast enge Kappen über den Ohren. Du siehst nicht viel. Du hörst nichts, also musst du dich irgendwie im Moment halten.“ Nyad sagt, dass sie in der Lage war, ihre Konzentration zu halten, indem sie bis 1.000 zählte – vorwärts und rückwärts – in vielen verschiedenen Sprachen. Sie sang auch in ihrem Kopf: eine mentale Wiedergabeliste mit 85 Liedern von Neil Young, Janis Joplin und den Beatles.

Das Zählen und Singen findet seinen Weg in die faszinierenden Unterwasserszenen des Films. Aber Bening gibt zu, dass sie diese Konzentration im Schwimmbad selbst noch nicht erreicht hat. Stattdessen beruhigt das Schwimmen ihren Geist. „Der Verstand hört auf zu plappern und zu kritisieren und zu urteilen oder an die Vergangenheit oder die Zukunft zu denken, zu planen oder zu bereuen“, sagt die Schauspielerin. „Man spürt das Wasser und die Luft um sich herum. Man wird auf entspannte Weise sehr konzentriert, obwohl man natürlich gleichzeitig viel Energie aufwendet. Das ist ein wunderbares Gefühl.“

Die Geschichte zweier Frauen

NYAD unterscheidet sich von Benings früheren Filmen dadurch, dass sie die meiste Zeit in einem Wassertank verbrachte. „Ich empfand das als sehr befreiend, verglichen mit dem Stehen auf dem Boden und dem Gehen und Reden und dem Sitzen und Handeln“, sagt sie. „Es war erfrischend, zu schwimmen und dann in die Momente zu gehen, die sich daraus ergeben.“ Obwohl sie Körperdoubles in Bereitschaft hatte, schwamm Bening manchmal mehreren Stunden am Tag. „Wenn Annette den ersten Zug im Pool vor der Kamera schwamm, konnte man die Aufregung der Crew spüren“, erinnert sich Regisseurin Vasarhelyi.

Annette Bening und Jodie Foster spielen die besten Freundinnen Diana Nyad und Bonnie Stoll.

Die starke Bindung zwischen Nyad und ihrer besten Freundin Bonnie Stoll, die die Schwimmerin im Alter von 30 Jahren kennenlernte, als ihre Karriere gerade zu Ende ging, ist das Herzstück von NYAD. In der Realität und im Film überredet Nyad ihre Freundin Bonnie, sie für die Kuba-Florida-Schwimmstrecke zu trainieren. Gemeinsam unternehmen sie vier waghalsige Expeditionen, von denen die letzte am Strand von Key West ihren Höhepunkt findet. Ohne Bonnie wäre diese Leistung nicht möglich gewesen.

„Sie hat keine Angst, zu viel zu reden oder die Seiten von Diana zu zeigen, die schwerer zu verdauen sind.“

Jodie Forster über Annette Bening für NYAD

Regisseur*innen Vasarhelyi und Chin fanden ihre Bonnie in der zweifachen Oscar-Preisträgerin Jodie Foster (Taxi DriverDas Schweigen der Lämmer). Bening bezeichnet sie als die „ideale Partnerin“ für diese Reise. Foster war ebenfalls begeistert, mit Bening zu arbeiten. „Sie hat eine Art, sich auf eine Sache zu konzentrieren, die Diana sehr nahe kommt“, sagt Foster. „Sie hat keine Angst, zu viel zu reden oder die Seiten von Diana zu zeigen, die schwerer zu verdauen sind.“ Benings körperliche Verwandlung und ihre Mimik in jeder Nahaufnahme zeigen das Porträt einer Athletin, die kein Nein als Antwort akzeptiert.

Im Film sagt Nyad jedes Mal, wenn sie von Kuba aus zu schwimmen beginnt, „Vorwärts“. Es ist ihr Motto: Niemals aufgeben und offen für neue Herausforderungen sein. Mit ihren 65 Jahren und 34 Jahren als Schauspielerin versteht auch Bening diesen Drang nach Aufbruch. „Vielleicht bringt Dianas Geschichte die Leute dazu, sich zu denken: Ich habe mein Leben so gelebt, aber ich kann auch etwas anderes machen, wenn ich will“, sagt sie.

Nach all den Runden, die sie für die Kamera gedreht hat, ist Bening noch nicht fertig mit dem Sport. Genau wie die Weltklasse-Athletin, die sie porträtiert, plant sie, weiter zu schwimmen. Denn, so sagte Nyad schon: „Man nennt ihn einen blauen Planeten. Es gibt eine Menge Wasser zum Schwimmen.“

Nadine Zylberberg & Sarah Rodman, Queue

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