Gibt es Lonafen wirklich? Die wahre Geschichte hinter Pain Hustlers

Vorsicht, dieser Artikel enthält Spoiler!

Die Welt der Pain Hustlers ist skandalös — voll von Menschen, die sich in den Grauzonen des Gesetzes bewegen, die lügen und betrügen und nur auf ihren eigenen Vorteil aus sind.

„Ist das überhaupt legal?“ fragt Liza Drake (Emily Blunt) an einer Stelle des Films ihren Kollegen Pete Brenner (Chris Evans). „67 in einem 65er!“, schnauzt er zurück. Mit anderen Worten: Nicht ganz, aber lass es uns trotzdem tun.

Zanna Therapeutics – angeführt von Liza und Pete.

Es ist diese Wild-West-Attitüde, die den Drehbuchautor Wells Tower anfangs zum Projekt hinzog. Auslöser war ein Artikel des Journalisten Evan Hughes in der New York Times mit dem Titel The Pain Hustlers. Tower war schockiert, wie offen die Versäumnisse der Pharmaindustrie dargestellt wurden.

Pain Hustlers zeigt ein System, in dem es Pharmavertreter*innen erstaunlich leicht fällt, das Spiel zu manipulieren. Sie bestechen Ärzt*innen über „Referentenprogramme“ und lassen Medikamente (wie das fiktive Lonafen in der Serie) verschreiben, ohne die Risiken zu kennen.

„Ich fand es erstaunlich, dass diese Leute, die größtenteils keine medizinische Ausbildung haben, so viel Einfluss darauf haben, welche Medikamente verschrieben werden“, sagte Tower Anfang des Jahres gegenüber Netflix. „Ich wusste: Diese Geschichte bietet uns einige wirklich schockierende Einblicke in die Funktionsweise der amerikanischen Medizin.“

Tower machte sich daran, die pharmazeutische Welt zu fiktionalisieren, ohne dabei die wahre Geschichte zu vernachlässigen, die ihn in erster Linie angezogen hatte.

Catherine O'Hara und Emily Blunt in Pain Hustlers.

Als Regisseur David Yates (u.a. Harry Potter) zu dem Projekt stieß, verstanden die beiden sich sofort. Yates fühlte sich zu denselben Teilen der Geschichte hingezogen wie sein Drehbuchautor. „Ich war fasziniert von der Welt der Pharmazie. Vor allem von den kleinen Leuten, den Vertretern und Verkaufsteams, die in einem hart umkämpften Geschäft mit den Schmerzen der Menschen ihren Lebensunterhalt verdienen wollen“, sagt Yates Netflix.

Erzählt Pain Hustlers eine wahre Geschichte?

In Pain Hustlers geht es ein Team von Pharmavertreter*innen des fiktiven Unternehmens Zanna Therapeutics – angeführt von Liza und Pete. „Wir haben Wells die Lizenz gegeben, seine eigene, einzigartige Version von Menschen zu erschaffen“, erzählt Yates. „Und Liza war unsere Erfindung. Eine alleinerziehende Mutter mit einer Tochter, die mit gesundheitlichen Problemen kämpft. Eine Träumerin – unterschätzt, aber unglaublich fähig.“

Diese Dichotomie zwischen Realität und einem aus der Realität herausgearbeiteten Charakterbogen trifft auch auf Hughes' Arbeit als Journalist zu. „Wenn man das tut, was ich tue, muss man immer nach zwei Dingen in einer Idee suchen“, sagte er. „Der Artikel muss ein Thema von breiter kultureller Resonanz behandeln, in diesem Fall die Rolle der Pharmaindustrie in der Opioid-Krise. Aber die andere Dimension, nach der man sucht, ist eine menschliche Geschichte.“

Lonafen bietet Schmerzlinderung für alle – behaupten Liza und Pete.

Was ist Lonafen?

Das Medikament, das Zanna Therapeutics auf den Markt bringt, heißt Lonafen. Es handelt sich um ein Medikament auf Fentanylbasis, das Krebspatienten schnell Schmerzlinderung verschafft. Das von Dr. Jack Neel (Andy Garcia) nach dem Tod seiner Frau entwickelte Medikament wird bald nicht mehr nur für Krebspatienten eingesetzt, sondern für jeden, der danach fragt.

Wer ist Liza Drake?

Das Team fand seine Geschichte in der fiktiven Figur Liza. „Emily und ich fühlten uns beide zu einer Person hingezogen, die unterbewertet und unterschätzt wurde. Sie hatte all diese Gelegenheiten verpasst. Sie war in der Schule nicht besonders gut, dennoch unglaublich kompetent. Sie war einfühlsam und sehr gut auf andere Menschen eingestellt“, sagt Yates.

Dieses Einfühlungsvermögen reicht leider nur bis zu einem gewissen Punkt. Lizas Reise führt sie tief in das dunkle Zentrum der Branche. Sie hat sich in diesen Abgrund hineinmanövriert und macht sich letztlich mitschuldig an Zannas Schikanen gegen süchtige Patient*innen.

„Der Bogen von Lizas Reise ist der klassische Weg vom Tellerwäscher zum Millionär. Aber da sie sich durch ein besonders moralisches Labyrinth schlägt, ist ihr Aufstieg letztlich bittersüß“, sagt Yates. „In dieser Geschichte geht es darum, dass man Menschen verletzen kann, wenn das System nicht richtig kontrolliert wird und man sich nicht an bestimmte Regeln hält.“

Weiße Bluse und schwarze Weste: Liza vor Gericht.

Gab es einen echten Pharma-Rap?

Auch wenn die Handlungsbögen der Figuren fiktionalisiert sind, waren einige Details der Pain Hustlers zu wild, um sie zu erfinden. Die Filmemacher*innen stützten sich auf die Fakten, die in Hughes' Artikel (und später in dem 2022 erschienenen Buch, das seinen Bericht erweitert) dokumentiert sind. Insbesondere ein denkwürdiger Rap, den Pete auf einer Pharmakonferenz vorträgt, basiert auf einem echten Video von Insys Therapeutics.

Schauspieler Chris Evans stürzte sich mit der für ihn typischen Bravour in den Auftritt. „Sein sauberes, männliches, heldenhaftes Auftreten wird komplett auf den Kopf gestellt, wenn man ihn als schmierigen Pharmareferenten besetzt“, sagt Yates. „Chris ist wie ein Athlet. Und das meine ich nicht nur körperlich, sondern auch in Bezug auf sein Engagement für diese Rolle. Er ist als erstes am Set und er ist sehr präsent – immer motiviert, immer will er sein Bestes geben.“

Andy Garcia und Chris Evans in Pain Hustlers.

Wie endet Pain Hustlers?

Natürlich nimmt Petes Geschichte kein glückliches Ende. Pete und Jack werden für ihren Bestechungsbetrug zu einer Gefängnisstrafe verurteilt und Liza sagt gegen sie aus. Es ist ein erlösender Moment für die fiktive Protagonistin des Films. Obwohl das Drama offen lässt, wie viel sie wirklich wiedergutmachen kann.

„Sie hat die Kontrolle verloren und durch ihre Gier und ihren Wunsch nach Wertschätzung Menschen verletzt. Am Ende unserer Geschichte weiß sie, dass sie zur Rechenschaft gezogen werden muss“, sagt Yates. „Dieser Film ist letztendlich eine Art Parabel auf den amerikanischen Traum und was passiert, wenn er schief geht.“

John Dilillo, Tudum

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