Eddie Murphy über Dolomite: Ein Verlierer, der sich weigert zu verlieren

Der Weltstar spricht über das Leben, Comedy und einen seiner ambitioniertesten Filme: Dolomite is My Name.

Als Eddie Murphy im Alter von 19 Jahren in der berühmt-berüchtigten 1980er-Staffel von Saturday Night Live auf der Bildfläche erschien, avancierte er schnell zu einem der beliebtesten Darsteller der Show.

Seine Filmkarriere verlief ebenso explosionsartig mit Erfolgen wie Nur 48 StundenDie Glücksritter, die Beverly Hills Cop-Reihe (in der im Sommer 2024 nach langer Pause ein neuer Film erscheint), Der Prinz aus ZamundaDr. DolittleBowfingers große Nummer oder Dreamgirls, das ihm eine Oscar-Nominierung einbrachte. Zuletzt begeisterte Eddie Murphy in der Netflix-Komödie You People.

Seit über 40 Jahren unterhält er das Publikum und betritt dabei immer wieder Neuland für Komiker und afroamerikanische Schauspieler, indem er sich über alle Vorurteile und Erwartungen der Kultur und der Branche hinwegsetzt.

2019 spielt Murphy in der von Netflix produzierten Tragikomödie Dolemite is my Name den 2008 verstorbenen Comedian und Rapper Rudy Ray Moore, Künstlername Dolemite. Eine Rolle, die Eddie Murphy auf den Leib geschrieben ist und zu seinen besten Arbeiten zählt. Im Interview mit Krista Smith (Queue) erzählt Eddie Murphy, was Rudy Ray Moore für ihn bedeutet und warum ihm dieser Film ganz besonders wichtig ist.

Für Eddie Murphy ist Dolomite is my Name einer seiner wichtigsten Filme.

Krista Smith: Warum wollten Sie, dass jeder Rudy Ray Moore und sein kultiges Dolemite-Alter Ego kennenlernt?

Eddie Murphy: Vor vielen Jahren besuchte ich Rudy in einem Lokal in Studio City (Anm.: Stadtteil von Los Angeles). Ich sagte ihm: „Ich glaube, dein Leben würde einen tollen Film abgeben.“ Er meinte: „Mann, wir sollten zusammen auf Tournee gehen.“ Und ich sagte: „Oh nein, nein! (lacht) Ich habe seit Jahren kein Stand-up mehr gemacht. Ich habe keine Nummer.“ Und Rudy sagte: „Du brauchst keine Nummer, Mann, wir gehen einfach da raus und machen unser Ding.“

 Trat er zu dieser Zeit immer noch auf?

Ja, er trat immer noch auf. Aber nur für ein einzelnes Treffen wegen des Films wollte er eine Million Dollar haben. Deshalb ist es damals nie zustande gekommen. Aber die Zeit verging, und ich dachte mir, wenn wir die Autoren von Ed Wood, Scott Alexander und Larry Karaszewski, kriegen könnten – denn ich liebe diesen Film – wenn wir sie kriegen könnten, wäre es perfekt. Denn Rudy war genauso ein Guerilla-Filmemacher wie Ed Wood. Auch Rudy hat seine Filme selbst finanziert.

 Er war ein echter Unternehmer.

Auf jeden Fall. Er hat seine Filme gecastet und einen Verleiher gefunden und so weiter, er hat das alles selbst gemacht. Damals in den 70er Jahren, als die große Black-Exploitation-Welle losging, war Rudy der Underground. Viele Leute rümpften die Nase über Rudys Sachen. Also musste er es auf die harte Tour machen. Dolomite is my Name ist eine inspirierende Geschichte über die wichtigste Zutat, die es braucht, um kreativ zu sein – an sich selbst zu glauben. Und es ist Rudys Geschichte. Er ist nicht so talentiert wie Richard Pryor, er ist nicht der brillanteste Mensch. Er glaubt einfach an sich selbst. Er ist der Verlierer, der nicht verlieren wollte. Er weigerte sich zu verlieren.

Eddie Murphy und Rudy Ray Moore.

Wie bekannt waren Rudy und seine oft gereimten Verse damals?

Zu dieser Zeit sind Leute in der afroamerikanischen Gemeinschaft mit Dolemite-Gedichten aufgewachsen. Schwarze haben es immer geliebt, zu reimen. Der erste Mensch, den ich reimen hörte, war Ali – ich glaube, mit ihm fing das alles an. Muhammad Ali war der erste, den ich reimen hörte. Und Dolemite hat das auch gemacht, aber er hat gesungen – das ist genauso dreist wie Ali, der sagt: „Ich bin der Größte aller Zeiten“ und „Ich bin dies“ und „Ich bin das“. Hip-Hopper sagen auch all diese Sachen. Ich denke, die Wurzel des Ganzen ist Ali.

 Hatten Sie Rudys Comedy-Platten im Haus?

Ja, ich hatte alle Comedy-Platten – Redd Foxx und Lenny Bruce und Richard Pryor und Bill Cosby. Und, Sie wissen schon, Lord Buckley, Derek und Clive. Ich habe mit 15 Jahren angefangen, Stand-up zu machen. Ich hatte also ein Interesse an all dem, ich hörte mir alle an. Ich kannte und hörte Rudy Ray Moore.

Der junge Eddie Murphy wuchs mit den Platten und Filmen von Rudy Ray Moore auf.

Woher kam Ihre Furchtlosigkeit, mit 15 Stand-up zu machen?

Ich sah es nicht als furchtlos an, ich wollte einfach nur da oben stehen und lustig sein. Als ich Richard Pryor hörte, dachte ich: Okay, so bin ich – denn ich war immer der lustige Junge und immer irgendwie cool. Ich war also der coole Typ hinten, der irgendeinen Scheiß gesagt hat, weißt du (lacht). Perfektes Timing, und ich kann jeden nachmachen. Aber von Anfang an war ich der lustige Junge. Und das war '75, '76. Als ich also anfing, auf die Bühne zu gehen, sah ich das nicht als etwas Mutiges an, ich wollte einfach nur auf die Bühne gehen und so lustig sein wie Richard Pryor.

Jugend und Energie treiben voran.

Ja, deshalb gibt es auch keine Angst. Wissen Sie, wenn man jung ist, nimmt man alles als selbstverständlich hin. Einer der Gründe, warum ich bei Saturday Night Live mitgemacht habe, war, dass der ursprüngliche Cast gegangen war und sie einen Haufen neuer Leute einstellten. Und die Kritiker haben es gehasst. Aber sie sagten, der einzige Lichtblick in der Serie sei dieser Junge, Eddie Murphy. Und der Grund dafür war, dass ich mich nicht damit beschäftigt habe, wie düster es war. Ich war einfach so glücklich, im Fernsehen zu sein, und ich war einfach glücklich, lustig zu sein. Und das kam rüber.

Was macht Sie jetzt glücklich und treibt Sie an?

Dieser Film, Dolemite is my Name. Ich habe in den letzten Jahren auf der Couch gesessen und nichts gemacht, weil ich dachte, ich will erst etwas machen, wenn es mir Spaß macht, es zu tun. Und dieser Film war etwas, das ich schon vor Jahren zusammenstellen wollte. Als es dann so weit war, und das Drehbuch von Scott und Larry vorlag und wir es gemeinsam weiter entwickelten – da war ich so voller Energie und aufgeregt. Das kann man im Film sehen.

Die Kostüme von Oscar-Preisträgerin Ruth Carter (Black Panther) sind unglaublich. Was hat Ihnen daran gefallen, ins L.A. der 70er Jahre zurückzukehren?

Ich habe mich nie zurückversetzt gefühlt. Ich weiß, dass ich mich an einem Filmset befinde. Ich kann Ihnen sagen, dass das Unangenehmste an den 70er Jahren die Outfits sind, wie unbequem diese Kleidung ist. Das sind die Sachen, die wir getragen haben, als ich ein Teenager war. Ich kann mich nicht daran erinnern, dass ich sie so unbequem fand. Wenn man jetzt, in seinen 50ern, Plateauschuhe trägt, denkt man: Scheiße, das ist ein Schuh für junge Leute. Du ziehst einen Plateauschuh an und hörst deinen Fuß sagen: Scheiß auf diesen Schuh! (lacht)

Das ist das erste Mal, dass Sie eine reale Person im Film spielen, richtig?

Ja, und ich musste nichts nachschlagen, weil ich ein echter Fan war. Ich habe alle seine Platten, alle seine Filme – und ich habe sie mir jahrelang angesehen. Ich musste seine Stimme nicht studieren. Ich hatte schon eine Vorstellung von ihm. Es passte einfach alles zusammen.

Ich denke, dass Ihr Alter auch eine gewisse Verletzlichkeit mit sich bringt, was die Performance so gut macht.

Sie meinen, ein altes Arschloch zu sein – das bringt die Verletzlichkeit mit sich? (lacht) Das tut es auf jeden Fall.

Warum glauben Sie, dass die Filme von Rudy einen solchen Nerv treffen?

In erster Linie funktionieren sie, weil sie lustig sind, aber auch wegen ihrer Rohheit – wenn man ein Mikrofon im Bild sieht, wenn man sieht, dass er einen Schlag verpasst hat. Das sind die Dinge, die den Reiz der Filme ausmachen – die Rohheit.

Seine Filme wurden wie Kifferfilme.

Wieso das?

Am Anfang konnten die Leute nicht glauben, was sie da sahen. Und als dann die Hip-Hopper anfingen, sie zu sehen, wurden sie zu Kifferfilmen. Für mich ist das wie ein Fellini-Film oder ein Alejandro Jodorowsky-Film oder Putney Swope von Robert Downey Sr.

Was erhoffen Sie sich, dass die Zuschauer von einem Film wie diesem mitnehmen?

Ich denke, es ist eine wirklich inspirierende Geschichte darüber, an sich selbst zu glauben und seine Träume zu verwirklichen. Das wirklich Coole daran ist, dass eine Person, die ihren Traum verfolgt, normalerweise unglaubliches Talent hat. Aber nicht Rudy... Rudys Filme sind furchtbar. Seine Auftritte waren furchtbar. Aber sein Geist und die Tatsache, dass er so sehr daran glaubt – das macht es nicht schrecklich. Man muss kein Genie sein. Man muss nicht unglaublich sein. Man muss nur daran glauben, egal was es ist. Das ist eine großartige, universelle Geschichte.

Eddie Murphy auf der Couch in seinem Haus in Beverly Hills.

Was hat Sie dazu inspiriert, mehrere Figuren in einem Film zu spielen, wie bei Der verrückte Professor?

Als ich 9 oder 10 Jahre alt war, bat ich meine Mutter, mir zu Weihnachten eine Bauchrednerpuppe zu schenken. Und das Allererste, was ich je versucht habe, war Bauchredner zu sein. Schon von Anfang an habe ich versucht, mehr als eine Person zu sein. Das hat mich schon immer angezogen, die verschiedenen Charaktere und das Make-up. Ich mochte Planet der Affen und Der Glöckner von Notre Dame. Der Grund, warum ich so viel davon gemacht habe, ist, dass es einen befreit. Diese Rudy-Ray-Moore-Sache war zum Beispiel so: Okay, jetzt spielst du einen Komiker. Du hast also deine Bewegungen, die du machst, du kannst nicht deine Eddie-Murphy-Bewegungen machen, du kannst nicht das lustige Lachen machen. Du musst lustig sein wie Rudy Ray Moore. Und das war die Herausforderung für mich als Schauspieler.

Sie widmen Dolemite Ihrem 2017 verstorbenen Bruder, und ich weiß, dass Ihnen die Familie immer sehr wichtig war. Was möchten Sie den Leuten über Charlie Murphy erzählen?

Er war der erste, der mir von Rudy Ray Moore erzählt hat. Charlie war ein Komiker. Und wissen Sie, ich liebe meinen Bruder. Ich vermisse ihn. Deshalb habe ich es ihm gewidmet und seinen Namen darauf geschrieben – auf einen Film, von dem ich weiß, dass er die Leute zum Lachen bringen wird. Charlie hat so viele Leute zum Lachen gebracht, als er hier war.

Das Interview fand im Sommer 2019 statt.

Krista Smith, Queue

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