David Yates über Pain Hustlers: Selbst in den traumatischsten Situationen findet Humor einen Weg

Seit dem 27. Oktober läuft Pain Hustlers auf Netflix. Regisseur David Yates erzählt im Interview von seiner Arbeit mit dem Starensemble, die Verbindung von Drama und Komödie und die Entstehung des Films.

David Yates hat das Publikum jahrelang mit Filmen in einem alternativen Universum begeistert: Harry Potter und der Orden des Phönix sowie die nachfolgenden Harry Potter-Fortsetzungen – nicht zu vergessen: die Phantastische Tierwesen-Trilogie. Aber nach 16 Jahren, in denen sich der Regisseur mit Magie und Monstern beschäftigt hat, wollte er unbedingt in die Realität zurückkehren.

„Ich war schon eine Weile auf der Suche nach einer zeitgenössischen Geschichte, die sich sowohl unmittelbar als auch fesselnd anfühlt und mich zu meinen Wurzeln zurückführt“, sagt der britische Filmemacher. Yates hatte seine Anfänge mit politischen Dramen wie State of Play, Sex TrafficThe Girl in the Café. Als er auf Pain Hustlers stieß, wusste er, dass er seinen nächsten Spielfilm gefunden hatte.

Das Starensemble am Set von Pain Hustlers.

Pain Hustlers basiert auf dem Buch Pain Hustlers: Crime and Punishment at an Opioid Startup von Journalist Evan Hughes und erforscht die Pharmaindustrie – eine Welt, in der Gelegenheit und Gier manchmal Hand in Hand gehen können. Im Film geht es um die alleinerziehende Mutter Liza Drake (Emily Blunt, die auch den Film produziert). Sie verliert ihren Job und sucht nach einem Weg, um ihre Familie und ihr krankes Kind zu versorgen. Liza nimmt einen Job bei einem dubiosen Unternehmen mit dem Namen Zanna Therapeutics an, wo sie an der Seite von Pete Brenner (Chris Evans), einem forschen Handelsvertreter, arbeitet. Sie überzeugt die Ärzt*innen und Patient*innen, sich auf ihr neues Wundermittel Lonafen zu verlassen und steigt dadurch in der Firma weiter auf. Die Grenze zwischen Hilfe und unwiderruflichem Schaden beginnt zu verschwimmen.

Yates war sofort von dem Material sowie der skrupellosen Seite der Branche begeistert. „Ich war fasziniert von der Pharmawelt. Vor allem von den einfachen Leuten, den Vertretern und Verkaufsteams, die in einem hart umkämpften Geschäft mit den Schmerzen der Menschen ihren Lebensunterhalt verdienen wollen“, sagt Yates. „Unser eigenes Gesundheitssystem in Großbritannien ist nicht so stark vom Gewinnstreben geprägt wie das amerikanische. Dieser Aspekt der Geschichte hat mich ebenfalls fasziniert.“

David Yates war sofort von dem Material begeistert.

Gemeinsam mit den Schauspieler*innen Blunt und Evans, dem Drehbuchautor Wells Tower und dem restlichen Filmteam versuchte Yates, eine ebenso fesselnde wie dringende Geschichte zu erzählen, die ein eindeutig amerikanisches Problem aufdeckt. „Wir hatten alle das Bedürfnis, diese Geschichte auf die Leinwand zu bringen“, sagt Yates. „Wir wollten einen Film zu realisieren, der unterhaltsam ist, aber auch einige ernste und nachdenklich stimmende Dinge über die Opioid-Krise zu sagen hat.“

Hier geht Yates durch die Arbeit mit seinem Starensemble, die Verbindung von Drama mit Comedy und die Entstehung von Pain Hustlers.

Die Suche nach dem einzigartigen Ton des Films

Es gab einige andere Geschichten zu diesem Thema, also haben wir uns schon sehr früh bei der Entwicklung des Drehbuchs gefragt: „Wie wollen wir uns von den anderen abheben? Was werden wir sagen oder erforschen, das sich besonders und einzigartig anfühlt im Vergleich zu all den Dingen, die vor uns gemacht wurden?“ Wir kamen zu diesem eher subversiven Ton. Wir haben vor allem versucht, ihn in der Drehbuchphase zu steuern. In der ersten Hälfte ist der Film verspielt und eine einzige große Party. In der zweiten Hälfte wird er dann etwas düsterer und nachdenklicher. Und der Film folgt ziemlich genau diesem Fahrplan.

Emily Blunt (Liza Drake) hat den Film mitproduziert.

Über Emily Blunt und ihre Rolle als ausführenden Produzentin

Emily war von Anfang an ein echter Cheerleader für den Film. Sie war leidenschaftlich an der Verwirklichung von Liza Drake als Figur interessiert. Außerdem war sie direkt bei uns, als wir auf dem schwierigen Weg zur endgültigen Finanzierung des Films alles zusammenstellen. Emily war wahrscheinlich die am besten vorbereitete Schauspielerin, mit der ich je gearbeitet habe. Sie kommt jeden Tag mit einem Plan ans Set. Sie weiß genau, was sie in der Persönlichkeit des zu spielenden Menschens erforschen will.

Die Zusammenarbeit mit Chris Evans

Die Besetzung von Chris Evans war ein Vergnügen. Sein sauberes und heldenhaftes Auftreten wird völlig auf den Kopf gestellt, wenn man ihn als schmierigen Pharmareferenten besetzt. Ich liebe es, wenn ein Schauspieler etwas Überraschendes tut. Chris ist wie ein Athlet. Und ich meine nicht nur körperlich, sondern auch, was sein Engagement für die Rolle angeht. Er ist als erstes am Set und er ist sehr präsent – immer voller Tatendrang und will stets sein Bestes geben.

Pete Brenner (gespielt von Chris Evans) ist ein forscher Handelsvertreter bei Zanna Therapeutics.

Die Inspiration für Blunts Rolle

Emily und ich fühlten uns beide zu einer Person hingezogen, die unterbewertet und unterschätzt wurde. Sie hatte all diese Chancen verpasst, sie war in der Schule nicht besonders gut, dennoch unglaublich fähig. Liza ist sehr ehrgeizig, und was sie wirklich sucht, ist Bestätigung und Akzeptanz. Der Film ist letztlich eine Art Parabel auf den amerikanischen Traum und was passiert, wenn er schief geht.

Die Untersuchung des amerikanischen Traums

Lizas Weg ist der klassische Weg vom Tellerwäscher zum Millionär. Da sie aber sich durch ein besonders schwieriges moralisches Labyrinth schlängelt, ist ihr Aufstieg letztlich bittersüß. Geld bringt weder Sicherheit noch Geborgenheit oder Seelenfrieden. Am Ende ihrer Geschichte erreicht sie aufgrund ihrer Handlungen genau das Gegenteil. Könnte jeder von uns verführt sein, diesen Weg zu gehen? Liza hat die Kontrolle verloren und durch ihre Gier und ihren Wunsch nach Wertschätzung hat sie Menschen verletzt. Am Ende unserer Geschichte weiß sie in ihrem Inneren, dass sie zur Rechenschaft gezogen werden muss. Für mich ist das ein einfacher, aber erfrischend wichtiger Teil der Geschichte.

Am Ende müssen Liza und Pete zur Rechenschaft gezogen werden.

Wie man Dunkelheit mit Humor durchdringt

Selbst in den traumatischsten Situationen findet Humor irgendwie einen Weg hindurch. Er ist dieses bemerkenswerte Ventil für Menschen in schwierigen Situationen – und auch für das Publikum. Wenn man von den Leuten verlangt, dass sie sich zwei oder mehr Stunden lang den Film ansehen, ist es für mich unerlässlich, dass man in der Lage ist, sie zu unterhalten. In diesem Fall unterhalten wir sie, aber ich hoffe, wir bewegen sie auch.

Jenny Changnon & Sarah Rodman, Queue

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