Theo James über The Gentlemen: „Es gibt eine Menge Leute, die sterben“

Der britische Schauspieler Theo James spielt in der neuen Netflix-Serie The Gentlemen die Hauptrolle. Im Interview erzählt er, wie es war, mit Regisseur Guy Ritchie zu arbeiten und was seine Figur ausmacht.

Die Riege der Schauspieler*innen, die Guy Ritchies Projekte schmücken, war schon immer ein Club außergewöhnlicher Könner*innen. Mit Theo James hat diese Gang ein neues Mitglied bekommen: Der 39-jährige Brite (Emmy-Nominierung für The White Lotus) spielt die Hauptrolle in Ritchies Serie The Gentlemen, die in der gleichen Welt angesiedelt ist wie der gleichnamige Film des Regisseurs aus dem Jahr 2019.

James spielt Eddie Horniman, einen Briten aus der Oberschicht, der nach dem Tod seines Vaters dessen Herzogtitel und ein riesiges Anwesen erbt. Dann entdeckt Eddie, wie sein Vater den Erhalt der adligen Liegenschaft finanziert hat: Durch eine riesige unterirdische Marihuana-Farm und die Zusammenarbeit mit einem Drogenkartell. Als Eddie versucht, seine Familie von ihren Verbindungen zur kriminellen Unterwelt zu befreien, gerät einiges außer Kontrolle. Eddie kommt ins Schwanken, welchen Weg er einschlagen soll.

Hier spricht James über den Entwicklungsprozess seiner Figur und die Zusammenarbeit mit Guy Ritchie, dem Meister des britischen Krimigenres.

Hatten Sie die Spielfilmversion von The Gentlemen gesehen, bevor Sie gebeten wurden, an der Serie mitzuwirken?

Ja, ich hatte den Film gesehen. Ich verstand die Welt schon irgendwie, und ich war ein Fan von Guy seit Bube, Dame, König, grAS und Snatch – Schweine und Diamanten. Als ich das Drehbuch las, gefiel mir die Idee eines Mannes, der aus der Armee an seinen Familiensitz zurückkehrt und seine Familie aus diesem Abgrund der Kriminalität herausholen muss. Ich denke, das ist ein wirklich interessanter Handlungsstrang.

Ich mag Guys‘ Arbeit, diesen verschärften Tonfall. Aber es ist ziemlich knifflig, weil es gewalttätig und dramatisch ist, aber auch lustig sein soll. Guy hat viel darüber gesprochen – es ist die Realität mit sieben Prozent Twist.

Wie waren die Gespräche mit Ritchie über die Figur Eddie?

Als wir über Eddie und seine Welt sprachen, wollte Guy unbedingt, dass es eine Art Breaking Bad-Geschichte wird. Es geht um einen guten Mann, der durch die Kriminalität korrumpiert wird. Ich wollte sicherstellen, dass Eddie als Figur genug Biss hat, dass er sich mit der Zeit entwickelt. Man glaubt, dass er, wenn er auf die dunkle Seite wechselt, dort bleiben und zu einer gefährlichen Person werden könnte.

Auch das Thema Klasse – das in der britischen Kultur so verbreitet ist – spielt eine große Rolle. Einige der Themen aus dem Film tauchen in der Serie wieder auf – diese riesigen Generationensitze, Herzogtümer, die seit Hunderten von Jahren weitergegeben werden. Aber sie sind alle pleite und suchen verzweifelt nach einer Form von Einkommen. Wie weit werden sie gehen, um den Familiensitz und ihren Lebensstil zu erhalten? Werden sie alles dafür tun? Der Film spiegelt auch die Zweiteilung der britischen Gesellschaft wider. Es gibt den Hyper-Privilegismus, der über mehrere Generationen weitergegeben wurde. Und dann gibt es einen dynamischeren Sinn für die britische Kultur, die versucht zu kommentieren, dass die vornehme Seite ein wenig behäbig ist und geweckt werden muss.

Wie würden Sie Eddies Reise beschreiben?

Ein Teil von Eddies Geschichte ist, dass er die Familie aus dem Abgrund herausholen muss, in den sein verstorbener Vater sie gebracht hat. Sie sind bei einer der größten kriminellen Organisationen Großbritanniens verschuldet. Und er muss sie da herausholen, indem er sich im Grunde genommen in die Hände des Teufels begibt. Dabei trifft er, wie in allen von Guys Arbeiten, all diese Subkulturen und Untergruppen der britischen Gesellschaft. Ob es nun der albanische Gangster ist, der nach Tonibler (Anm.: Wortspiel, verweist auf Tony Blair) benannt ist. Oder Mercy, ein philippinischer Drogenbaron. Oder dieses Liverpooler Kartell, das hypergewalttätig, aber auch hyperlustig ist. Und dazwischen versucht Eddie, den Herzogssitz in Schach zu halten – mit seiner Mutter, die gerne schießt, dem Wildhüter und all dem Drum und Dran.

Ein Teil von Eddies Geschichte ist, dass er die Familie aus dem Abgrund herausholen muss.

Was ist das Besondere daran, mit Guy am Set zu sein?

Guy ist als Regisseur einzigartig. Er mag es, wenn man am Set kreativ ist, also benutzt man das Drehbuch lediglich als Rahmen. Man lernt seinen Text und dann heißt es: „Scheiß drauf, wir werden nichts davon verwenden, fangen wir von vorne an.“ Wenn man erst einmal in den Fluss gekommen ist, macht es wirklich Spaß. Es kann ziemlich befreiend sein, weil man improvisiert und gemeinsam Ideen entwickelt, um die beste Szene zu kreieren.

Mit Bube, Dame, König, grAS hat Guy gewissermaßen dieses Genre geschaffen. Es bewegt sich auf einem schmalen Grat zwischen Komödie, Drama und Action. Wir haben festgestellt, dass, wenn man zu sehr in eine Richtung tendiert, es zu etwas wird, das man nicht haben will. Wenn man zu sehr in Richtung Drama tendiert, wird es zum Melodrama. Wenn man zu sehr in Richtung Komödie tendiert, wird es zu absurd. Und wenn man zu sehr in Richtung Action geht, wird es einfach ein reiner Actionfilm. Wir haben wirklich hart daran gearbeitet, die richtige Mischung zu finden.

War das eine physisch fordernde Rolle für Sie?

Es ist sowohl eine körperliche Rolle als auch eine komödiantische Rolle. Es gibt auch ein starkes Action-Element, das wirklich Spaß macht. Der Stil von Guy ist ein bisschen anders, als man es normalerweise sieht. Es gibt nicht viele Filme, in denen jemandem der Kopf weggeblasen wird, und man sieht auch nicht die Nachwirkungen davon. Es geht mehr um den Moment und nicht um Blut und Blutvergießen um des Blutvergießens willen. Aber ich meine, Eddie ist ein Soldat, der zurückkommt, um sich von einem Drogenkartell zu befreien, das jetzt sein Anwesen verwaltet – also gibt es eine Menge Leute, die sterben, schätze ich.

Wie war es, in diesen herrschaftlichen Häusern und auf deren Anwesen zu drehen?

Die Dreharbeiten im ganzen Land – vor allem in London und Südengland, wo sich viele dieser großen Landgüter befinden – waren faszinierend. Auch weil ich noch nie einen Herzog getroffen hatte; ich hatte keinen Zugang zu dieser Welt. Es war also interessant, in diese Welt einzutauchen. Denn man hält sie für nicht real oder für ein Überbleibsel einer Jane-Austen-Realität, die schon lange tot ist. Aber in Wirklichkeit existiert sie immer noch.

Wir haben zum Beispiel in Badminton Estate gedreht, einem wunderschönen Anwesen in der Nähe von Bath. Auch wenn es sich überhöht anfühlt, existiert es tatsächlich in Großbritannien, was ich irgendwie faszinierend finde. Hinzu kommt, dass man sich auf diesen Anwesen befindet, die auf Gedeih und Verderb von einer langen Tradition geprägt sind. Ihr Reichtum und ihr Land wurden buchstäblich über Generationen hinweg vererbt – was das für Großbritannien und für die Serie bedeutet, fand ich wirklich faszinierend.

Charlie Gray, Queue

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