„Das ist schon eine krasse Nummer“ – Blood & Gold-Regisseur Peter Thorwarth im Gespräch

Peter Thorwarth erzählt im Netflix-Interview, warum es über 15 Jahre gedauert hat, bis er Blood & Gold drehen konnte. Wie er auf die Idee kam, Schlagermusik über die Actionszenen zu legen. Und was Quentin Tarantino über den Trailer gesagt hat.

Frühjahr 1945: Heinrich rennt so schnell, wie er noch nie in seinem Leben gerannt ist. Hinter ihm schlagen Kugeln in den Waldboden. Tak-Tak-Tak! Sie stammen aus Gewehrläufen der SS, die Heinrich verfolgt, weil er etwas getan hat, worauf die Todesstrafe steht: Er ist desertiert.

Mit dieser Szene beginnt Blood & Gold. Der neue Actionfilm von Peter Thorwarth (Bang Boom BangWas nicht passt, wird passend gemacht und Blood Red Sky) startet am 26. Mai 2023 auf Netflix. Und erzählt die Geschichte von Heinrich und einer jungen Bäuerin, die sich einen blutigen Kampf mit einer SS-Truppe liefern, die in einem abgelegenen Dorf nach einem Goldschatz sucht.

Zum Start von Blood & Gold haben wir ein Interview mit Regisseur Peter Thorwarth geführt. Ein Gespräch über Marlene Dietrich, Quentin Tarantino und die Frage, warum es über 15 Jahre gedauert hat, bis Thorwarth Blood & Gold drehen konnte.

Peter Thorwarth (Mitte) am Set von Blood & Gold.

Netflixwoche: In Blood & Gold läuft bei den Actionszenen oft deutsche Schlagermusik. Hätten Sie gedacht, dass das so gut zusammenpasst?

Peter Thorwarth: Nein, ich habe am Anfang sogar locker flockig behauptet: Wir brauchen kein Budget für Songs. Doch dann hat mich unser Editor Knut Hake ganz aufgeregt angerufen, als ich gerade im Auto saß und von Prag nach München unterwegs war. Er hat nur gefragt: „Bist du online? Du musst dir unbedingt ansehen, was ich gerade ausprobiert habe!“

Und was haben Sie gemacht?

Ich habe den Blinker gesetzt, bin auf einen Rastplatz gefahren und habe mir auf meinem Laptop eine Kampfszene aus dem Film angeschaut, die Hake mit einem Schlager von Marlene Dietrich unterlegt hatte. Da wusste ich sofort: Das ist genial und taugt als Konzept für den ganzen Film.

Wie würden Sie das Genre Ihres Films bezeichnen? Ein Märchen aus Nazi-Deutschland mit Gore-Elementen?

Für mich ist Blood & Gold ganz klar ein Western, der in den letzten Tagen des Zweiten Weltkriegs spielt.  Uns war von Anfang an klar, dass wir keinen ernsthaften Kriegsfilm machen wollen. Die Struktur und die Art, wie wir die Geschichte erzählen, das alles erinnert an die Italowestern von Sergio Leone mit ihren Anti-Helden.

Und an Mad Max?

Genau, ein bisschen Mad Max und Endzeitstimmung ist auch drin. Blood & Gold ist auch eine Hommage an die Filme, mit denen Stefan Barth und ich aufgewachsen sind.

Stefan Barth hat das Drehbuch zu Blood & Gold geschrieben.

Ja, die Idee stammt von ihm. Er hat mir schon 2006 ein komplett fertiges Script zu dem Film gegeben und ich habe damals sofort gesagt: „Da habe ich Bock drauf!“ Das Script hat sich natürlich über die Jahre verändert. Aber die Kernidee ist gleich geblieben.

2006? Das ist 17 Jahre her.

Ja, eigentlich wollten wir den Film damals schon drehen. Aber wir haben das Projekt nicht finanziert bekommen, obwohl wir eine fette Besetzung am Start hatten. Es war einfach nicht die Zeit für einen Film wie Blood & Gold.

Was würden Sie Kritiker*innen antworten, die sagen: Den Zweiten Weltkrieg kann man nicht als Actionfilm inszenieren.

Doch, kann man, wir haben es ja gemacht. Nein, im Ernst: Gerade wir als Deutsche haben eine besondere Verantwortung dafür, wie wir mit unserer Geschichte umgehen. Aber für mich kann ein Film auch dabei helfen, bestimmte Dinge zu verarbeiten. Und Blood & Gold ist eben meine Art.

Heinrich-Darsteller Robert Maaser und Peter Thorwarth am Set von Blood & Gold.

Sie haben für Blood & Gold auch mit einem Historiker vom Institut für Zeitgeschichte zusammengearbeitet. Fühlt man sich da nicht ein bisschen so wie Geschichtsunterricht, 9. Klasse?

Nein, das war total entspannt. Er hat Stefan Barth und mich zu sich nach Hause eingeladen und wir sind das Drehbuch Seite für Seite durchgegangen. Zuerst dachten wir: Der haut uns das um die Ohren.

Doch das hat er nicht getan?

Er hat gesagt: „Passt mal auf. Was ihr hier gemacht habt, ist schon eine krasse Nummer. Aber die Geschichte hätte oder hat sich so ähnlich vermutlich zig mal ereignet.“

Trotzdem waren es 17 Jahre von der ersten Idee bis zum Film. Wie hält man so lange durch? Verliert man da nicht irgendwann den Glauben an das Projekt?

Ich werde oft gefragt, warum ich nach Bang Boom Bang nur so wenig Filme gemacht habe. Mir ist über die Jahre wahnsinnig viel angeboten wurden und ich habe extrem viel abgelehnt. Es ist einfach so: Ich kann nur Filme machen, für die ich brenne. Sonst bin ich nicht gut.

Sie haben einmal gesagt, dass Quentin Tarantinos Inglourious Basterds ein Wellenbrecher für Blood & Gold war.

Kein Wellenbrecher, sondern ein Wegbereiter. Ein Wellenbrecher hätte bedeutet, dass wir Blood & Gold sofort hätten machen müssen, um in dem Fahrwasser mit zu schwimmen. Aber klar: Ich bin in den 1990er-Jahren zur Filmhochschule gegangen. Quentin Tarantino hat mich beeinflusst wie kaum ein anderer Regisseur. Der Spaß, den er in seine Filme steckt, überträgt sich voll auf mich. Und ich weiß auch, dass er den Trailer zu Blood & Gold gesehen hat und ihn ziemlich cool fand.

Lennardt Loss, Netflixwoche

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