Zehn Lektionen zum Coming Out aus Heartstopper

Nick setzt sich zu seiner Mutter an den Küchentisch. Nervös stottert er: „Mom … Charlie ist mein fester Freund. Ich stehe immer noch auf Mädchen, aber, ähm … ich stehe auch auf Jungs. Ich wollte nur, dass du das weißt.“

Die Coming-of-Age Serie Heartstopper zeigt nicht nur eine unbeschwerte queere Jugendliebe, sondern auch ein behutsames Finden und Teilen der eigenen Identität. Die Liebesgeschichte von Charlie (gespielt von Joe Locke) und Nick (Kit Connor) hat schon vielen Jugendlichen beim Coming Out geholfen – denn Heartstopper ist voll von hoffnungsvollen Weisheiten.

Diese zehn Lektionen bringt uns Heartstopper über das  Coming Out bei:

Achtung – ab hier gibt es Spoiler für Heartstopper, Staffel 1 und 2!

1.  Ein Coming Out braucht Zeit – und Geduld

Jedes Coming Out ist unterschiedlich – und jeder Mensch braucht seine Zeit. Es ist nicht leicht, sich mit einer Identität abzufinden, die nicht der Norm entspricht. Als sich Nick in Charlie verliebt, braucht er Zeit, sich diese Gefühle zu erlauben und sie zuzugeben. Erst nach einiger Zeit und einem kleinen Anlauf kann er mit seiner Mutter darüber sprechen.

2.  Die beste Antwort ist Danke

Das Coming Out von Nick bei seiner Mutter (gespielt von Olivia Colman) ist das schönste Finale, was man sich für Heartstopper Staffel 1 vorstellen kann. Denn: Sie weiß genau, was die richtige Antwort ist:

„Danke, dass du’s mir gesagt hast, Schatz“, sagt sie mit Tränen in den Augenwinkeln.

Ein Coming Out ist ein Zeichen von Vertrauen und Hoffnung, für die man einem Gegenüber immer dankbar sein sollte.

3.  Manchmal ist die beste Antwort aber auch einfach eine Umarmung

Wenn sich keine Worte finden, kann die richtige Antwort auch ganz stumm sein: Als Nick seiner Freundin Imogen (Rhea Norwood) in der ersten Folge von Staffel 2 erzählt, dass er bisexuell und mit Charlie zusammen ist, fällt sie ihm um den Hals. „Sorry, ich weiß einfach nicht, wie ich reagieren soll“, flüstert sie. „So ist … so ist gut“, antwortet Nick.

Nicks Mutter (Olivia Colman) ist gerührt und dankbar, nachdem er sein Coming Out bei ihr hatte.

4.  Kein Coming Out sollte erzwungen werden

Ein erzwungenes Outing tut weh, doch leider passiert das immer noch häufig. So stellt Nicks Bruder David (Jack Barton) ihm beim Abendessen mit der Familie bloß und zwingt ihn dazu, sich zu outen. Er rechnet nicht mit Nicks Antwort: „Ich weiß nicht, warum du dich so verhältst, als wärst du zehn Jahre alt. Aber dein Mobbing berührt mich einfach nicht. Weil es mir total egal ist. Mir gefällt, wer ich bin.“

Diese Worte sind für Kit Connor, den Schauspieler von Nick, auch persönlich sehr wichtig. Denn er selbst hatte kein leichtes Coming Out in der Öffentlichkeit. Er sah sich durch die Spekulationen der Fans über seine Sexualität gezwungen, sich auf seinem Twitter-Account zu outen. Im Interview mit dem Modemagazin British Vogue erklärte er: „Ich hatte einfach das Gefühl, dass ich noch nicht bereit war, darüber zu sprechen. Ich war nicht wütend. Ich war nur etwas enttäuscht von diesem Verhalten.“

5.  Zusammen ist man weniger alleine

Nick kann so sicher und selbstbewusst antworten, weil er liebevolle Menschen in seinem Leben hat, die ihn unterstützen. Mit Charlie an seiner Seite lässt er sich nicht einschüchtern – und seine Mutter weiß ihn auch zu unterstützen.

Nick kann sich mit dieser Unterstützung glücklich schätzen, denn nicht alle finden diese Liebe und Akzeptanz. Für alle, die sich beim Coming Out einsam fühlen und keine Unterstützung von Familie oder Freund*innen erhalten, gibt es Hilfsangebote. Mehr dazu am Ende des Artikels. Wichtig ist: Niemand muss allein sein!

6.  Vorbilder sind hilfreich – für alle Seiten

Nick findet für sein Coming Out Vorbilder, mit Charlie und seinen Freund*innen. Heartstopper schafft hier den Ringschluss, denn heute ist die Serie selbst ein Vorbild für ein Coming Out. Fans der Serie können sich wiedererkennen und ihre Identität finden. Und sie können auch lernen, wie schön ein Coming Out sein kann. So hat ein Fan zum Beispiel schon den Text von Nick benutzt, um sich bei seinen Eltern zu outen.

Die Autorin der Comicbuch-Vorlage, Alice Oseman, sagte in einem Interview mit Variety: „Wenn Heartstopper einer jungen queeren Person bei ihrem Coming Out hilft oder wenn es einem Elternteil hilft, sein Kind ein bisschen besser zu verstehen – dann ist es das Schönste und Herzerwärmendste, was man hören kann und es gibt einem das Gefühl, dass sich alles gelohnt hat.“

Der Cast von Heartstopper mit Alice Oseman, der Autorin der Comicbuch-Vorlage der Serie.

7.  Nicht alle werden ein Coming Out verstehen

Nicht jede*r versteht ein Coming Out – und manchmal ist es für die Menschen, die uns am nächsten stehen sollten, am schwersten. Nick hat etwa Angst vor der Reaktion von seinem Vater (Thibault De Montalembert). „Ich verstehe diese Dinge nicht wirklich“, sagt dieser nach dem Abendessen. Dann geht er.

8.  Kein Coming Out ist gleich

Jedes Coming Out ist unterschiedlich – und keines muss für immer richtig sein. Charlies und Nicks Schulfreund Isaac glaubt erst schwul zu sein und durchlebt damit gewissermaßen ein Outing. Bis er bemerkt, dass das für ihn gar nicht stimmt. Denn er ist asexuell, also er erlebt keine sexuelle Anziehung zu anderen Personen.

Jedes Coming Out unterscheidet sich durch die Person, die Identität und die Menschen, denen es erzählt wird. Es ist okay, wenn nicht alles richtig läuft – und es ist okay, wenn man es nicht einmal versucht.

9.  Ein Coming Out ist ein Prozess, der lange dauert

Man hat niemals nur ein Coming Out. Es gibt nicht nur das eine Gespräch und danach ist alles erledigt. Nick outet sich zuerst bei Charlie, dann bei Freund*innen, dann bei seiner Mutter. Später kommen dann die Gespräche mit seinem Vater und seinem Bruder dazu. Anschließend in der Schule und zum Schluss auf Social Media. Aber das Thema wird immer wieder aufkommen. Ein Coming Out wird zwar einfacher, aber es ist eigentlich nie vorbei.

10.  Ein Coming Out kann schwer fallen, ist aber immer befreiend

Mit einem Geheimnis zu leben ist nicht schön und ganz gewiss auch nicht leicht. Die Angst vor Ablehnung macht das Coming Out schwer. Aber es lohnt sich. „Letzten Endes bereue ich es nicht. In vielerlei Hinsicht war es wirklich bestärkend“, erklärt Schauspieler Kit Connor im Interview mit British Vogue.

Heartstopper Cast, Staffel 2

Hier findest du Unterstützung beim Coming Out:

Wenn du oder eine Person, die dir nahe steht, Angst vor dem Coming Out hat und Hilfe sucht, gibt es einige Hilfsangebote für LGBTQIA+:

  • Beratungsstellen in der Nähe lassen sich auf der Website des VLSP finden.
  • Außerdem gibt es ein telefonisches Beratungsangebot von GLADT e.V. auf Deutsch, Englisch, Arabisch, Türkisch, Farsi, Französisch, Hebräisch, Urdu und Punjabi unter der Telefonnummer 0152-11859839 oder der E-Mailadresse info@gladt.de.
  • Für Jugendliche und junge Erwachsene unter 27 Jahren gibt es das Angebot von comingout.de. Das dortige Team ist auf Deutsch und Englisch unter der Telefonnummer 030-67122671 oder der E-Mail help@comingout.de zu erreichen.

Netflixwoche Redaktion

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