Wie Pokémon ein weltweites Phänomen wurde

Von Die Pokémon-Concierge bis zu Meisterdetektiv Pikachu: Auf Netflix wimmelt es von Filmen und Serien über Pocket Monster. Und nicht nur dort: Seit fast 30 Jahren ist Pokémon Kult.

„Zwölf Pikachus?“ Als Haru die Neuankömmlinge im Pokémon-Resort sieht, traut die Concierge ihren Augen nicht. Ihr Lieblingspokémon ist gleich in vielfacher Ausführung erschienen. Und die gelben mäuseartigen Wesen mit roten großen Bäckchen sind sichtlich vergnügt: Sie planschen im Pool, hüpfen durch die Wiesen. Alle, bis auf eines. Denn das Kleinste will weder laut sprechen noch spielen. Ob Haru helfen kann?

Die Pokémon-Concierge ist die neuste Serie aus dem Pokémon-Franchise und die erste, die The Pokémon Company gemeinsam mit Netflix umsetzte. Im Mittelpunkt der niedlichen Stop-Motion-Produktion steht die junge Haru, die in einem Inselresort für Pokémon arbeitet. Ein Ort, bei dem sie viel über Pokémon lernt – und noch mehr über sich selbst: Wer sie sein will, was ihr Spaß macht, was sie kann.

Die Pokémon-Concierge ist nach Meisterdetektiv Pikachu und der Anime-Serie Pokémon die achte Pokémon-Produktion, die in Deutschland auf Netflix zu sehen ist – und wie auch seine Vorgänger ein Erfolg: Bereits kurz nach Veröffentlichung landete Die Pokémon-Concierge in den Netflix-Seriencharts, erzielte Bestwerte auf der Bewertungsplattform Rotten Tomatoes und im Internet bitten User bereits um mehr – obwohl seit Jahren von Karten über Kuscheltiere und Kinofilmen wirklich alles von Pokémon erhältlich ist. Wie entstand dieser anhaltende Hype?

Pokémon war eine Kinderidee

Alles begann am 27. Februar 1996, als in Japan die ersten Videospiele mit einem Pocket Monster, kurz Pokémon, veröffentlicht wurden. Der Hersteller Nintendo produzierte 200.000 Exemplare. Die Entwickler*innen glaubten, dass nur eine kleine Käuferschicht interessiert wäre. Denn die Idee von Erfinder Satoshi Tajiri stammt aus dessen Kindheit: Insekten sammeln, Insekten kämpfen lassen. Das klang zu banal, als dass es eine große Masse erreichen könnte.

Raupi beherrscht einige Attacken – hier wird es aber angegriffen.
Pokémon können gegeneinander antreten – in Arenen oder im Freien.

Doch die Insekten waren in Pokémon keine einfachen Insekten. Sie verkörperten starke, kluge, oft niedliche Monster. Je nach Herkunft konnten sie sich schubsen, verbrennen, fortpflanzen. Sie brauchten viel Zeit, damit sie wuchsen. Man musste in ihre Welt wirklich eintauchen und lernen. Ganz anders, als es noch beim Tamagotchi der Fall war (Dieses digitale Monster lebte am analogen Schlüsselbund vor sich hin und starb gelegentlich.)

In Japan fragten immer mehr Händler*innen nach den Pokémon-Spielen. Der bereits 1990 auf den Markt gebrachte Gameboy wurde so wieder in und es folgten Sticker, T-Shirts, Figuren sowie 1997 die erste Anime-Serie: In Pokémon wollte der junge Ash Ketchum aus Alabastia der weltbeste Pokémon-Trainer werden. Mit dabei: Pikachu und jede Menge Abenteuer sowie Selbstfindungspotenzial.

Seit Jahren ein Team: Ash und Pikachu erleben viele Abenteuer.

Die Serie sowie das Spiel wurden ein Jahr später in den USA und kurz darauf in Europa veröffentlicht. In TV-Klassikern wie Die Simpsons und South Park blieb es ebenfalls nicht unbemerkt: Pokémon und der Gameboy wurden überall zum Thema. „Der Hype um ‚Pocket Monsters‘ bringt Milliarden für Nintendo“, titelte damals die amerikanische Tageszeitung New York Times.

23 Kinofilme, 26 Staffeln

Bis heute hat sich daran nicht viel geändert: Das Spiel von 1996 ist eine globale Marke geworden. Eine, die VergnügungsparksParadenStipendien hervorbringt – 23 Kinofilme, 26 Staffeln von der ersten Anime-Serie sowie mit Die Pokémon-Concierge nun die erste Pokémon-Stop-Motion-Produktion.

Für die Generation, die um den Millenniumswechsel mit Pokémon groß geworden ist, sind die Pocket Monster längst die Micky Maus der Moderne. Dasselbe gilt für Nutzer*innen, die erst 2016 bei der Smartphone-App Pokémon Go eingestiegen sind – oder die die Serien just auf Netflix entdeckt haben.

Denn es geht längst nicht mehr um das Spiel von damals: Die Figuren sind Kult, ihre Geschichten universell. Alt und doch neu. Ob die Protagonisten nun Ash oder Haru heißen, mit Pokémon kämpfen oder planschen. Die Erzählungen darüber verbinden und wer Pokémon einmal sammelte oder spielte weiß: Ein Treffen unter Spieler*innen ist ein Muss. Wie kann man sonst alle Monster schnappen?

Letztlich ist die soziale Interaktion neben dem Spielprinzip und der Allround-Vermarktung das Erfolgsrezept von Pokémon: Miteinander in eine Welt eintauchen, abschalten, genießen. Oder wie das kleine Pikachu in Die Pokémon-Concierge auf Netflix lernt: mit einem Freund geht alles besser.

Nadja Dilger, Netflixwoche

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