Six Nations Full Contact: Rugby – Die Pille für den Mann

In acht Folgen zeigt die neue Netflix-Sport-Doku Six Nations Full Contact die ganze Dramatik des prestigeträchtigsten Rugby-Turniers der Welt: Auch wer keine Ahnung von Rugby hat, wird von dieser Doku hingerissen sein. Aber hoffentlich erst im gegnerischen Malfeld.

„Wie hart muss man sein, um Rugby zu spielen“, wird der irische Nationalspieler Andrew Porter gleich zu Beginn der Doku-Serie Six Nations Full Contact gefragt. Als Antwort zeigt Porter grinsend auf seine Ohren. Die Kamera zoomt heran: Eingerissen und verknorpelt, klassische Blumenkohl-Ohren, die durch Blutergüsse entstehen, die wiederum eine Folge sind von dauernden Schlägen, Kopfstößen und dem Aneinanderreiben der Schädel. Alles Dinge, die beim Rugby nicht ausbleiben.

Ja, Rugby ist eine harte Sportart, aber keineswegs eine brutale. Angriffe werden zwar durch Körpereinsatz, sogenannte Tackles, versucht zu stoppen. Aber Tackles über den Schultern oder am Kopf sowie Beinstellen sind verboten. Fouls werden hart bestraft. Eine Gelbe Karte führt zu einer zehnminütigen Unterzahl. Der Umgang mit den Schiedsrichtern ist deutlich respektvoller als beispielsweise beim Fußball. Einzig die Mannschaftskapitäne dürfen mit den Referees reden, angesprochen werden sie immer mit „Sir“. Nicht umsonst heißt es in England: Football is a gentleman’s game played by Hooligans and Rugby is a Hooligan’s game played by gentlemen - Fußball ist eine von Raufbolden gespielte Gentleman-Sportart und Rugby ist eine von Gentlemen gespielte Raufbold-Sportart.

Auch wenn man der Doku Six Nations Full Contact ohne Rugby-Kenntnisse gut folgen kann, haben wir hier die wichtigsten Regeln zusammengefasst.

Andrew Porter, irischer Nationalspieler beim Krafttraining.

Das sind die wichtigsten Rugby-Regeln:

Beim Rugby wird anstelle eines runden Balles ein eiförmiger geworfen und gekickt, der auch „Pille“ genannt wird. Zwei Mannschaften zu je 15 Spielern stehen auf dem Spielfeld. Bis auf Zahnschutz tragen die Spieler keine Protektoren.

Beim Werfen darf der Ball nur nach hinten gespielt werden. Bei einem Verstoß gegen diese Regel, also bei einem Vorwärtswurf, gibt es ein angeordnetes Gedränge. Dabei stehen die Spieler Kopf an Kopf und versuchen die Gegner wegzuschieben und sich so die Pille zu sichern.

Nur wenn ein Spieler den Ball hat, darf er getackelt, also geklammert und zu Boden gebracht werden.

Fünf Punkte werden erzielt durch einen sogenannten „Versuch“ (Try). Dazu muss es einem Team gelingen, den Ball in der Endzone (das Malfeld) des gegnerischen Teams abzulegen.

Der Ball kann ins Malfeld getragen oder gekickt werden. Entscheidend ist, dass ein Angreifer den Ball in Händen hält, wenn er diesen auf den Boden im Malfeld legt.

Zwei Punkte gibt es, wenn nach erfolgreichem Versuch die „Erhöhung“ gelingt. Hier muss der Ball zwischen die Torstangen und über die Querlatte geschossen werden.

Drei Punkte können durch einen „Straftritt“ erzielt werden: ahndet der Schiedsrichter ein Foul, pfeift er einen Straftritt. Die Mannschaft in Ballbesitz kann wählen, ob sie daraus einen Angriff startet oder einen Straftritt versucht. Dieser funktioniert wie die Erhöhung, bringt aber drei Zähler.

Ebenfalls drei Punkte können durch einen „Sprungtritt“ erzielt werden. Schießt ein Spieler aus dem Spiel heraus den Ball ins Tor (also in diesem Fall unter die Querstange), bekommt sein Team drei Punkte gutgeschrieben.

Worum geht es beim Six Nations Turnier?

Six Nations ist ein jährliches Rugby-Turnier, an dem die Nationalmannschaften aus England, Frankreich, Irland, Italien, Schottland und Wales teilnehmen. Der Gewinner des Turniers gilt als inoffizieller Europameister. Die Ursprünge des Turniers gehen bis in das Jahr 1883 zurück, als erstmals England, Irland, Schottland und Wales gegeneinander spielten. Das Turnier wurde 1910 mit der Aufnahme Frankreichs erweitert. In seiner heutigen Form als Six Nations besteht es seit 2000, nach der Aufnahme Italiens. Der Turniersieger wird in fünf Runden nach dem Modus „Jeder gegen Jeden“ ermittelt. Seit 2000 gewann England 7-mal, Frankreich und Wales holten je 6 Titel, Irland 5; Schottland und Italien gingen in diesem Zeitraum leer aus.

Irlands Team feiert beim Six Nations eine gelungene Aktion.

Rugby in Deutschland – bislang nur eine Nischen-Sportart

Während in anderen Ländern Rugby zu den Top-Sportarten gehört, wird es in Deutschland kaum wahrgenommen. Nur rund 16.000 Mitglieder hat der Deutsche Rugby-Verband. Beim Deutschen Fußball Bund sind gut 7,3 Millionen Mitglieder registriert.

Allein im Großraum Paris spielen mehr als doppelt so viele Menschen Rugby. Und während Großereignisse wie die Rugby-WM weltweit von 3 Milliarden Zuschauern am Fernseher verfolgt werden, gibt es Übertragungen in Deutschland meist nur auf kleinen Spartensendern. In der Zeit bedauert Alexander Widiker dies, denn: „Rugby ist ein Sport für jeden Körper“, sagt Deutschlands Rekordnationalspieler. Und tatsächlich: Wer sich die Physiognomie der Spieler anguckt, sieht Große, Kleine, Dicke und Dünne. Keiner ist beim Rugby per se schlechter als der andere, nur weil er kleiner oder schmächtiger ist.

Vielleicht löst die Netflix-Doku ja einen Rugby-Boom in Deutschland aus.

Six Nations Full Contact ist für alle Netflix-Abonnenten ab Mittwoch, den 24. Januar, abrufbar.

Netflixwoche Redaktion

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