Rustin: Der vergessene Held, der Martin Luther King Jr. den Weg ebnete

Der neue Netflix-Film Rustin beleuchtet einen fast vergessenen Protagonisten der Schwarzen Bürgerrechtsbewegung. „Wie ist es möglich, dass wir seinen Namen nicht kennen?“, fragt Hauptdarsteller Colman Domingo im Interview über den Mann, der den berühmtesten Demonstrationsmarsch der Geschichte plante.

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Der Aktivist war der Vordenker des historischen Marsches auf Washington für Arbeit und Freiheit im Jahr 1963 – jener Demonstration, bei der Dr. King seine berühmte „Ich habe einen Traum“-Rede hielt. Dennoch ist Rustins Bedeutung in den Annalen der Geschichte untergegangen (oder zumindest verborgen).

„Jedes Mal, wenn ich mich umdrehe und jemandem erzähle, dass ich Bayard Rustin spiele, fragen die Leute: ‚Wer?‘“, sagt Schauspieler Colman Domingo (u. a. Euphoria). „Es ist schockierend, denn dieser Mann war so wichtig für den Kampf um die Rechte aller – für die Not der Frauen, die Not der Schwulen und Lesben, die Not der Schwarzen Menschen. Wie ist es möglich, dass wir seinen Namen nicht kennen?“

Das biografische Drama Rustin wird sicherlich dazu beitragen, das Vermächtnis des Aktivisten zu erzählen. Rustin lässt die Hochphase der Bürgerrechtsbewegung im Vorfeld des Marsches Revue passieren. Er schildert detailliert die Kämpfe, die der Pionier zu überwinden hatte, vor allem als schwuler Schwarzer, um den Lauf der Geschichte zu verändern. Schonungslos spiegelt der Film auch die komplizierte Beziehung zwischen Rustin und King (Aml Ameen, The Porter) und anderen führenden Persönlichkeiten der damaligen Zeit.

Rustin kommt zu einem kulturell und politisch besonders brisanten Zeitpunkt auf Netflix. Die Sichtbarkeit und Akzeptanz von LGBTQIA+ ist auf einem historischen Niveau –  und doch schränken die staatlichen Gesetzgeber in den USA ein, was in den Schulen gelehrt und diskutiert werden darf, wenn es um Geschlecht und Sexualität und die Wahrheit der Schwarzen Geschichte geht.

Das Thema beschäftigt nicht nur die USA: Auch in Deutschland hat die Toleranz für queere Menschen in den vergangenen Jahren abgenommen, wie Umfragen zeigen. Und in einer Statistik in einer im Oktober 2023 veröffentlichten Studie zu Rassismus gegen Schwarze – in gut einem Dutzend EU-Staaten – hat Deutschland am schlechtesten abgeschnitten.

„Ich glaube, wir sind reif für die Geschichte von Bayard Rustin, denn wir LGBTQIA+-Menschen wurden so lange an den Rand gedrängt. Unsere Geschichten kommen ans Licht, weil wir alle aus der Dunkelheit herausgetreten sind und gefordert haben, dass man uns so sieht, wie wir sind“, sagt Domingo. „Es war schon lange an der Zeit, diesen Film zu machen, um Bayard Rustin aus dem Schatten der amerikanischen Geschichte zu holen und seinen tiefgreifenden Einfluss auf unsere Kultur, unsere Politik und unseren Aktivismus zu beleuchten.“

„Er war in jeder Hinsicht ein Original“

Die Rolle und die Verantwortung sind „eine außerordentliche Ehre“, fügt Domingo hinzu. Er erzählt, dass viele Leute im Laufe der Jahre gesagt haben, dass er perfekt wäre, um Rustin zu verkörpern. Domingos Ziel war es, die Figur „so komplex, menschlich und interessant wie der Mann selbst“ darzustellen.

Schließlich organisierte Rustin nicht nur den Marsch auf Washington, der zur Verabschiedung des Bürgerrechtsgesetzes von 1964 beigetragen hat. Er war auch ein Wegbereiter der Freedom Rides, stärkte die Arbeiterbewegung und führte King in Gandhis Grundsätze der Gewaltlosigkeit ein, für die der Prediger bekannt wurde.

„Er war in jeder Hinsicht ein Original. Ein Mann, der sich selbst keine Grenzen setzte und auch über den Tellerrand hinausblickte“, sagt Domingo weiter. „Wenn dieser Film herauskommt, möchte ich niemals mehr hören: ‚Wer war Bayard Rustin?‘“

Das ist der Cast von Rustin

Nach einem Drehbuch von Julian Breece (When They See Us) und Oscar-Preisträger Dustin Lance Black (Milk) arbeitet Domingo für Rustin erneut mit dem Regisseur von Ma Rainey's Black Bottom, George C. Wolfe, zusammen. „Es macht wirklich viel Spaß, mit jemandem zu arbeiten, der furchtlos ist und den Witz, die Souveränität, das Charisma und die Ausstrahlung hat, die auch die Hauptfigur hatte“, sagt Wolfe über Domingo.

Der Film bietet außerdem ein spektakuläres Ensemble, darunter:

  • Chris Rock als Roy Wilkins, der Anführer der Menschenrechtsorganisation NAACP
  • Glynn Turman als A. Philip Randolph, Mitorganisator des Washington-Marsches a
  • CCH. Pounder als Organisatorin und Erzieherin Anna Arnold Hedgeman,
  • Audra McDonald als Ella Baker, Organisatorin und Mitbegründerin der Southern Christian Leadership Conference
  • Jeffrey Wright als Pastor und Politiker Adam Clayton Powell Jr. und
  • Da'Vine Joy Randolph als Gospelsängerin Mahalia Jackson.
Die Rustin-Crew: Gus Halper als Tom, CCH Pounder als Dr. Anna Hedgeman, Colman Domingo als Bayard Rustin, Melissa Rakiro als Yvette, Ayana Workman als Eleanor, Lilli Kay als Rochelle, Jordan-Amanda Hall als Charlene in Rustin.

Oscar-Preisträger Bruce Cohen, Tonia Davis und Wolfe produzierten den Film, der auch von Higher Ground, der Produktionsfirma des ehemaligen Präsidenten Barack und der First Lady Michelle Obama, ausgeführt wird. (2013 verlieh der ehemalige US-Präsident Rustin posthum die Presidential Medal of Freedom).

Bei Rustin trifft der Directors Guild of America- und Tony-Preisträger Wolfe auf viele seiner Kollegen, die hinter den Kulissen an Ma Rainey's Black Bottom mitgearbeitet haben, darunter der Oscar-nominierte Produktionsdesigner Mark Ricker, der Oscar-nominierte Cutter Andrew Mondshein (The Sixth Sense) und der mit dem Grammy Award ausgezeichnete Musiker und Komponist Branford Marsalis. Die Tony-nominierte Kostümbildnerin Toni-Leslie James entwarf eine historisch korrekte Garderobe für den Film. Mit ihrer Arbeit ehren sie das Vermächtnis und die Menschlichkeit eines wahren Pioniers.

Von Tre’vell Anderson, Queue

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