Schwedische Krimis haben mit dem Nordic Noir ein neues, sehr beliebtes Genre begründet. In dieser Tradition steht auch der dramatische Thriller Eineinhalb Tage. Die Entführungsgeschichte soll auf einer wahren Begebenheit beruhen. Seit 1. September auf Netflix.
Darum geht es in Eineinhalb Tage
Artan (Alexej Manvelov) verliert das Sorgerecht für seine Tochter Cassandra (Amicia Heijbel) und nimmt daraufhin seine Ex-Frau Louise (Alma Pöysti) als Geisel. Dem Polizist Lukas (Fares Fares) gelingt es durch Verhandlungsgeschick sich dem Entführer und seiner Geisel anzuschließen. Ein wilder Roadtripp durchs sommerliche Schweden beginnt, bei dem ihnen die Polizei immer auf den Fersen bleibt. Die Reise führt zu Louises Eltern, in deren Obhut sich Cassandra befindet. Ein blutiger Showdown droht.
Entführungen, speziell Kindesentführungen, sind immer wieder Gegenstand von Büchern, Filmen und Serien. Kaum ein anderes Sujet durchbricht dabei die Genregrenzen so häufig. Wir haben zusammengestellt, woran das liegt.
Drei Gründe, warum uns Entführungs-Plots berühren
- Angst und Emotionen: Entführungen, speziell Kindesentführungen, berühren eine Urangst. Die Erhaltung der eigenen Art ist schließlich evolutionstheoretisch der Sinn jeden Lebens. Wird unsere Nachkommenschaft bedroht, sind wir hochgradig emotional berührt. Filme, die sich mit diesem Thema befassen, sprechen diese Emotionen an, haben für Zuschauer*innen einen hohen Identifikationsgrad.
- Kulturübergreifend: Diese Urangst ist in allen Menschen vorhanden. Damit berührt das Thema, unabhängig von Kulturkreis, Religion, sozialem Status, sehr viele Menschen. Zudem stellen Kidnapping-Plots häufig moralische und ethische Konflikte dar. Fragen, wie weit man zur Rettung des Kindes gehen darf oder ob ein Elternteil Schuld hat – oder sich schuldig fühlt, weil das Kind nicht genügend geschützt wurde, stellen Zuschauer*innen sich beim Gucken des Films fast zwangsläufig selbst. Oft werden diese Themen dann in den Familien und im Freundeskreis diskutiert.
- Dramaturgie: Kindesentführungen bieten rein dramaturgisch Drehbuchautor*innen und Regisseur*innen eine Vielzahl von Erzählmöglichkeiten, ob actionreiche Befreiungen oder stille, emotionale Elemente von Verzweiflung, Angst und Kummer bei den Familienmitgliedern. Filmemacher*innen haben bei Entführungs-Plots ein breites Spektrum, um spannungsreich zu erzählen.
Top Ten der Kidnapping-Filme auf Netflix
Prisoners (2013): Keller Dover (Hugh Jackman) ist ein Kriegsveteran, dessen sechsjährige Tochter Anna (Erin Gerasimovich) und deren Freundin Joy entführt werden. Detektiv Lokis (Jake Gyllenhaal) Ermittlungen führen zu nichts. Dover begibt sich selbst auf die Suche.
Lost Girls (2020): Als eines Nachts ihre 24-jährige Tochter Shannan Gilbert verschwindet, beginnt für ihre Mutter Mari (Amy Ryan) eine dunkle Odyssee mit unbequemen Wahrheiten über ihre Tochter, sie selbst und die Rolle der Polizei.
Yara (2021): Im auf wahren Begebenheiten basierenden Drama verfällt ein italienisches Dorf Schockstarre. Die 13-jährige Yara Gambirasio (Chiara Bono) wird entführt und schließlich tot aufgefunden. Staatsanwältin Letizia Ruggeris (Isabella Ragonese) einzige Spur ist eine DNA-Probe.
Kidnapping Stella (2019): Stella (Jella Haase), Tochter eines reichen Unternehmers, wird auf offener Straße entführt und verschleppt. Die Entführer Vic (Clemens Schick) und Tom (Max von der Groeben wollen für ihre Freilassung ein Lösegeld erpressen. Doch Stella ist kein ängstliches, geschocktes Opfer. Damit haben Vic und Tom nicht gerechnet, ihre perfekt geplante Entführung läuft aus dem Ruder.
Furie (2019): Seit einiger Zeit verschwinden in Vietnam Kinder. Als die Kidnapper Mai, die Tochter von Hai Phuong (Veronica Ngo) entführen, legen sie sich mit der falschen an. Hai war früher eine Größe in der Unterwelt und hat aus dieser Zeit noch einige Kontakte und Fähigkeiten.
American Murder – Die Bilderbuchfamilie (2020): Eine True-Crime-Doku über das Verschwinden von Shanann Watts und ihren zwei kleinen Töchter Bella und Celeste aus der Kleinstadt Frederick im US-Bundesstaat Colorado. Ehemann Chris Watts gerät in den Fokus der Ermittlungen – auch wenn zunächst nicht klar war, ob seine Ehefrau und die gemeinsamen Kinder geflohen oder Opfer eines Verbrechens geworden sind.
Verschwunden – Der Fall der Lucie Blackman (2023): Eine True-Crime-Doku über den Fall der Britin Lucie Blackman, die bei einem Ausflug in Tokio entführt und später ermordet aufgefunden wird.
Mystic River (2003): Ein Meisterwerk von Clint Eastwood. Die Jungs Jimmy, Sean und Dave wachsen im irischen Viertel von Boston auf. Eines Tages wird Dave von zwei Männern verschleppt und mehrere Tage festhalten. Der Vorfall traumatisiert nicht nur den jungen Dave, auch die Freundschaft der drei Jungen geht daran kaputt. Viele Jahre später leben sie immer noch in Boston, ihr Kontakt ist aber spärlich: Jimmy (Sean Penn) betreibt ein kleines Geschäft und hat Familie, Sean (Kevin Bacon) ist Polizist und Dave (Tim Robbins) hat einen Bürojob. Doch dann wird Jimmys 18-jährige Tochter ermordet. Sean ermittelt in dem Mordfall, der Verdacht fällt auf Dave.
Rush Hour (1998): Untergrundboss Juntao (Tom Wilkinson) entführt in Los Angeles die Tochter des chinesischen Konsul Han. Die Familie des Opfers bittet ihren Freund Detective Inspector Lee (Jackie Chan), einen Hongkonger Polizisten, bei den Ermittlungen zu helfen. Dem FBI passt das gar nicht. Also beauftragt die Behörde den lauten Macho-Detective James Carter (Chris Tucker), um Lee unter Kontrolle zu halten. Zwei unterschiedliche Charaktere prallen aufeinander: Plappermaul gegen Karate-Ass.
Neues aus der Welt (2020): Amerika, 1870: Captain Jefferson Kyle Kidd (Tom Hanks) reist von Stadt zu Stadt: Wie eine Zeitung auf zwei Beinen berichtet er über aktuelle Entwicklungen in der Welt. Eines Tages findet er auf seinen Reisen läuft ihm ein kleines Mädchen zu, das von den Kiowa entführt worden war und sechs bei den Indianern verbracht hat. Johanna (Helena Zengel) spricht kein Englisch. Der Kriegsveteran soll sie zu Verwandten nach San Antonio – Johanna hat wenig Lust auf diese, ihr fremde Welt, in die sie laut Gesetz aber gehört.
Netflixwoche Redaktion