„Endlich Heldinnen für uns!“ – Mélanie Laurent über Diebinnen

Mélanie Laurent (bekannt aus u.a. Inglourious Basterds), Regisseurin und eine der Hauptdarstellerinnen, erklärt im Interview mit Netflix, was ihr Heist-Film Diebinnen für sie bedeutet und warum der Film auch emanzipatorisch ist.

Was ist Diebinnen für ein Film? Action oder Comedy? Abenteuer oder Feel-Good-Movie?

Mélanie Laurent: Manchmal ist es das schönste Kompliment, wenn ein Film nicht klassifizierbar ist. Diebinnen ist alles – ein Unterhaltungsfilm mit Komik und Action, der von Frauen handelt. In Frankreich hat man bisher selten – oder vielleicht sogar nie – einer weiblichen Regisseurin freie Hand gelassen. Noch dazu mit unserer Idee, etwas aus der Komödie, etwas aus der Action, etwas aus dem Feel-Good-Movie, aus der Unterhaltung, aus dem Abenteuer zu nehmen, um einen einzigartigen Film zu machen.

Woran ist diese weibliche Handschrift besonders erkennbar?

Vielleicht daran, dass meine Figuren als die Stärksten erscheinen, auch wenn sie es nicht wirklich sind. Es ist ein Film über die Komplexität, eine Frau zu sein: Action machen zu können, sehr verliebt zu sein, eine sehr gute Freundin zu sein, sich emanzipieren zu wollen, zusammen zu leben, in einer WG zu wohnen. Aber gleichzeitig in einem Alter zu sein, in dem man noch nichts aufgebaut hat, die Beziehung zur Mutterschaft, zum Körper. Die Idee war, einen weiblichen Unterhaltungsfilm zu machen. Aber es ging nie darum, das männliche Publikum auszuschließen. Eine Anekdote: Es ist der Lieblingsfilm meines Sohnes geworden, obwohl er erst neun Jahre alt ist! Und ich wollte, dass der Humor unsere eigenen Charaktere zum Lachen bringt. Ich wollte nicht diesen zynischen Humor, den man schon oft gesehen hat, zum Beispiel mitten in einer Actionszene den Killerspruch mit dem dazugehörigen Blick. In anderen Heist-Movies sind oft nackte Frauen zu sehen – ich habe uns mal einen nackten Mann gegönnt.

Drei unterschiedliche Frauen auf der Jagd nach einem kostbaren Gemälde – Diebinnen ist Action, Comedy und französische Leichtigkeit.

In dem Film stehen Sie sowohl hinter als auch vor der Kamera, wie war diese Erfahrung für Sie?

Das schönste Kompliment, das mir meine Schauspielerinnen und Schauspieler machen können, besteht darin, dass sie sich bei mir frei fühlen und Dinge vorschlagen können. Bei der Auswahl der Kleidung wollte ich zum Beispiel, dass die Schauspielerinnen Sachen aussuchen, in denen sie sich wohlfühlen und die sie später wieder anziehen können. Wenn eine Schauspielerin sich wohl fühlt, fühlt sie sich auch schön.

„Frauen sind auch sexy, wenn sie Jogginghosen tragen.“

Mélanie Laurent

Diebinnen hat auch viele sinnliche, erotische Momente. Gibt es einen Unterschied zwischen der männlichen und weiblichen Sicht auf Erotik?

Bestimmt. Ich finde, dass Rücken und Nacken einer Frau besonders erotisch sind, und das ist nicht unbedingt eine sehr männliche Überlegung, da Männer im Allgemeinen den Körper einer Frau von vorne filmen.

Ist die Figur Carole, die Sie spielen, Ihnen ähnlich?

Ich würde sagen, dass meine Figur ein Leben führt, das meinem völlig entgegengesetzt ist (lacht). Aber gleichzeitig ähnelt sie mir sehr in dem, was ich über Männer und Frauen denke. Carole ist auf der Suche nach Freiheit. Sie kommt in ein Alter, in dem sie sich die Frage stellen muss, was sie will und was sie sich aufbauen muss. Und dann lebt sie auch noch mit ihrer Freundin zusammen! Das alles ist nicht mein Leben. Aber ich fühlte mich ihr trotzdem sehr nahe. Carol hat viele Themen, mit denen auch ich mich befasse, mit denen fast jede Frau sich befasst: Freiheit, Mutter sein, Freundschaft.

Ziemlich beste Freundinnen: Carole (Mélanie Laurent) und Alex (Adele Exarchopoulos) in Diebinnen.

Sie erwähnten, dass ihre Schauspielerinnen frei waren bei der Wahl ihrer Filmkleidung. Was kam dabei heraus? 

Die Erkenntnis: Frauen sind auch sexy, wenn sie Jogginghosen tragen. Ich fand es toll, dass Adele (Exarchopoulos, spielt die Figur der Alex) nie von ihrem Jogginganzug ablassen wollte. Sie sagte mir sofort: So kleide ich mich, so würde ich gerne sein. Und ich finde, dass man sie selten so schön und sexy gesehen hat wie in diesem Film. Eines wollte ich bei Diebinnen unbedingt vermeiden, etwas was es in fast allen Frauen-Actionfilmen gibt: ultra-sexy Bräute in Stöckelschuhen und geschlitztem Kleid, die immer sehr böse Russen töten. Das ist unrealistisch! Man kann in Stöckelschuhen nicht gut kämpfen (lacht). Ich wollte, dass wir Frauen für uns selbst sexy sind, in Bezug auf unseren eigenen Blick. Nicht für die Männer.

Zum Schießen: Scharfschützin Alex (rechts, Adele Exarchopoulos) bringt Fahrerin Sam (Manon Bresch) das Nötigste bei.

Glauben Sie, dass Diebinnen jungen Frauen bei ihrer Emanzipation helfen kann? Ein sehr schöner Moment für mich war, als ich die jungen Töchter eines unserer Techniker, die uns bei den Dreharbeiten den ganzen Tag zugeschaut hatten, sagten: Endlich haben wir Heldinnen für uns. Keine kalten Heldinnen auf hohen Absätzen, distanziert und nicht sehr menschlich. Ich denke, wir brauchen neue Heldinnen. Wir haben eine feministische Bewegung erlebt, die es uns ermöglicht hat, in Zeichentrick-, Action- und Genrefilmen endlich Frauen in den Hauptrollen zu haben. Aber das bedeutet nicht, dass wir uns leicht mit diesen Mädchen identifizieren können. Ich glaube aber, dass man sich in unserem Film leicht mit dieser Gruppe von Freundinnen identifizieren kann.

Darum geht es in Diebinnen

Carole (Mélanie Laurent) und Alex (Adèle Exarchopoulos) sind Freundinnen und zwei geniale Diebinnen, die eigentlich aus dem Geschäft aussteigen wollen. Sie arbeiten jedoch für die gefürchtete „Patin“ (Isabelle Adjani), die sie zwingt, einen letzten Auftrag anzunehmen – ein Gemälde von unschätzbarem Wert zu stehlen. Die beiden jungen Frauen engagieren eine dritte Partnerin: Sam (Manon Bresch), eine ehemalige Rennfahrerin, die nicht zimperlich ist. Doch als das Team auf Korsika ankommt, um das Gemälde zu stehlen, wird schnell klar, dass die Mission nicht so einfach ist, wie die Patin behauptet hat: Sie müssen zahlreiche Fallen umgehen und extrem gut zusammenarbeiten.

Netflixwoche Redaktion

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