König der Klone: Wie ein Forscher die ganze Wissenschaftswelt betrog

Und dann wollte er auch noch Mammuts klonen. Das dafür notwendige DNA-Material der ausgestorbenen Tiere sollte ihm die russische Mafia beschaffen. Was nach dem Drehbuch eines trashigen Thrillers klingt, ist tatsächlich so geschehen – und nur einer von vielen absurden Momenten in der Karriere des südkoreanischen Tiermediziners Hwang Woo-suk. Die neuen Doku König der Klone erzählt seine Geschichte: von seinem Aufstieg zum Star der globalen Forschung bis zu seinem tiefen Fall.

Bahnbrechend schienen die Forschungsergebnisse, die Hwang vor bald 20 Jahren in renommierten Wissenschaftsmagazinen publizierte. Erfolgreiches Klonen schien nicht mehr Science Fiction zu sein. Sondern durch Hwangs Erfolge in der Stammzellforschung schon bald zur Bekämpfung vieler Erkrankungen beim Menschen einsetzbar.

Hwang behauptete in seiner Studie, es sei ihm und seinem Team gelungen, mit Hilfe eines Zellkerntransfers einen geklonten menschlichen Embryo zu konstruieren und aus ihm Stammzellen abzuleiten. Eine Sensation, die es bis auf das Titelblatt der renommierten Zeitschrift Science schaffte.

Ein Jahr später, 2005, publizierte Hwang weitere Forschungsergebnisse: Es ging um einen geklonten Hund namens Snuppy und elf angeblich maßgeschneiderte embryonale Stammzellinien mit dem Erbgut kranker Menschen.

Der Professor aus Südkoreas Hauptstadt Seoul stieg binnen kürzester Zeit zum internationalen Wissenschafts-Star auf. In seiner Heimat wurde sein Gesicht auf Briefmarken gedruckt. Hwang stand zu jeder Tageszeit unter Polizeischutz, da die Regierung fürchtete, er könnte vom Feind Nordkorea entführt werden. Schließlich wurde der vermeintliche Klon-Experte zum ersten von insgesamt zehn „obersten Wissenschaftlern“ des Landes erklärt, die Südkorea einen internationalen Spitzenplatz auf dem Gebiet sichern sollten.

So flog der Betrug auf

Doch bald gab es erste Fälschungsvorwürfe gegen Hwang – einer seiner ehemaligen Mitarbeiter hatte Journalist*innen Hinweise gegeben. Nach einem kritischen TV-Bericht und folgenden Nachforschungen einer Untersuchungskommission der Universität von Seoul blieb von Hwangs schillernden Forschungsergebnissen schließlich fast nichts übrig.

Die erste Studie zu aus einem geklonten Embryo abgeleiteten Stammzellen? Eine Totalfälschung. Die vermeintlichen elf maßgeschneiderten embryonalen Stammzelllinien mit dem Erbgut kranker Menschen? Basierten eigentlich auf dem Erbgut zweier normal befruchteter Eizellen und hatten mit der Patienten-DNA absolut nichts gemein. Ein Teil der staatlichen Fördergelder, die der „König des Klonens“ kassiert hatte? War auf Hwangs Privatkonten gelandet.

Die Strafen fielen mild aus – dank Hilfe aus der Politik

Für den Wissenschaftler, der sich erst als Opfer eines Komplotts darstellte und schließlich vor Gericht doch das Gros der Vorwürfe einräumte, hätte all das nun umfangreiche Konsequenzen haben müssen. Doch sein durch Lügen und Täuschung erworbener Ruf schützte Hwang vor allzu empfindlichen Strafen.

Namhafte südkoreanische Politiker setzen sich für ihn ein – damit Hwang seine Forschung bald fortsetzen könne. Nach langem Prozess sowie einer Revision nach dem erstinstanzlichen Urteil wurde Hwang schlussendlich zu einer 18-monatigen Bewährungsstrafe verurteilt. Mit einer weiteren Klage gegen seine Entlassung durch die Universität von Seoul scheiterte Hwang allerdings.

Seine Studien setzte der Ex-Professor dennoch fort. Teils musste er dafür nach Thailand ausweichen, weil ihm in Südkorea die nötigen Lizenzen für bestimmte Experimente entzogen worden waren. Und so war in den folgenden Jahren in unbestätigten Berichten von geklonten Hunden und Kojoten aus Hwangs Laboren die Rede, auch mit dem Klonen von Rinder- und Schweineembryonen soll sich der mittlerweile 70 Jahre alte Tiermediziner befasst haben. Warum sich Hwang mittlerweile hauptsächlich mit Kamelen beschäftigt und dafür nach Abu Dhabi umgezogen ist, erklärt die neue Dokumentation eindrücklich.

Übrigens: Der Kreis mit den Mammuts hat sich vor Jahren geschlossen – als Hwang einen zweiten Anlauf nahm, die Tiere wieder zum Leben zu erwecken. Diesmal wollte er offenbar auf die Hilfe der Mafia verzichten und unterzeichnete 2012 ein Abkommen mit Vertretern der Nordöstlichen Föderalen Universität in der russischen Teilrepublik Jakutien. Von dort sollten ihm bald Gewebeproben eines Exemplars der ausgestorbenen Art geschickt werden. Dass bald wieder Mammuts durch Russlands Tundra stapfen, halten Fachleute dennoch für wenig wahrscheinlich.

Netflixwoche Redaktion

Drücke ESC, um die Suche zu schließen.