Interview mit einem Terroristen – Was war die ETA?

Der neue Dokumentarfilm auf Netflix Im Angesicht der ETA – Interview mit einem Terroristen ist harte Kost. Filmemacher Jordi Évole interviewt Josu Urrutikoetxea, genannt „Ternera“. Ternera war über Jahrzehnte einer der führenden Köpfe der baskischen Terrororganisation ETA. Er ist verantwortlich für Bombenattentate und den Tod zahlreicher Menschen, zeigt aber wenig Reue.

Wer oder was war das eigentlich – die ETA?

Die Anfänge der ETA

Der bald 73-jährige „Ternera“ wurde als 17-jähriger im Jahr 1968 Mitglied der ETA. Die Organisation hatte sich rund zehn Jahre zuvor gegründet.

Die Abkürzung ETA steht für „Euskadi ta Askatasuna“, übersetzt: „Baskenland zur Freiheit“. Ihr Ziel: ein von Spanien unabhängiger, sozialistisch geprägter Nationalstaat für das baskische Volk.

Anfangs eine linke Studentenbewegung, bekämpfte die ETA von 1968 bis 1975 das faschistische Regime General Francos. Denn unter Francos Regierung erreichte die Jahrhunderte alte, schwelende Unterdrückung der baskischen Identität einen Höhepunkt.

Das wirtschaftlich reiche und gut industrialisierte Baskenland musste unter Franco immer mehr Unterstützungszahlungen an Spanien leisten. Gleichzeitig wurde die baskische Sprache und Kultur bei Strafe verboten.

Hiergegen wandte sich die ETA. So starb etwa der Stellvertreter und designierte Nachfolger des Diktators, Carrero Blanco, 1973 durch eine Autobombe der ETA.

Von der ETA verübte Anschläge pro Jahr. (Für die Zeit vor 1970 und für 1993 liegen keine Daten vor. Quelle: Global Terrorism Database).

Die Taten der ETA und der Gegenterror des Staates

Die ETA führte ihren Kampf auch nach dem Übergang Spaniens von der Franco-Diktatur zur Demokratie weiter. Dabei verlor die ETA jedoch rasch die Unterstützung der Mehrheit der baskischen Bevölkerung.

Karte der ETA-Aktionen im Baskenland 1961-2010. Quelle: BPD / Lizenz: cc by-nc-nd/3.0/de/

Denn bis zu ihrer Selbstauflösung 2018 verbreitete die ETA Angst und Schrecken vor allem mit Bombenattentaten, hauptsächlich in Spanien. Den Attentaten fielen 852 Menschen, darunter viele Zivilist*innen und Kinder zum Opfer.

Was zeigt der Dokumentarfilm?

Dem spanischen Journalisten und Filmemacher Jordi Évole gelang es, einen der wichtigsten ETA-Anführer der letzten 50 Jahre, Josu Urrutikoetxea, genannt „Ternera“, zu interviewen. Évole schafft damit ein Zeitdokument, das immer wieder unterlegt ist mit historischen Aufnahmen und der zeitgenössischen Berichterstattung über ETA-Attentate aus den vergangenen Jahrzehnten.

Der spanische Journalist sprach für seinen Film Im Angesicht der ETA - Interview mit einem Terroristen mit Tätern und Opfern.

Neben Ternera kommt auch der ehemalige spanische Polizist Francisco Ruiz zu Wort, der in den 1970er Jahren ein ETA-Attentat, an dem Ternera beteiligt war, schwer verletzt überlebt hat. Er sagt, als ihm Terneras Beileid übermittelt wird: „Er bereut seine Taten nicht. Ich kaufe ihm das nicht ab.”

Bedrückend an dem Film ist vor allem, dass es Ternera nicht schafft, die Sinnlosigkeit der ETA-Attentate und damit seines Wirkens anzuerkennen. Er übernimmt zwar die Verantwortung für seine Taten und drückt sein Beileid aus. Aber er entschuldigt sich nicht bei Opfern und Hinterbliebenen, so dass dieses sogenannte „Übernehmen von Verantwortung“ unglaubwürdig und wie eine hohle Phrase wirkt.

Josu Urrutikoetxea saß rund 12 Jahre im Gefängnis, lebt zurzeit in Frankreich und ist auf Bewährung. Über einen Auslieferantrag Spaniens ist noch nicht entschieden.

Netflixwoche Redaktion

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