„Ich war anfangs sehr skeptisch“ – Ruffys Synchronsprecher Daniel Schlauch im Interview zu ONE PIECE

„Mein Name ist Monkey D. Ruffy und ich werde der König der Piraten!“ Wenn sich dieser Ausruf für deutsche ONE PIECE-Fans in der neuen Netflix-Serie besonders vertraut anhört, dann liegt das an einem Mann: Daniel Schlauch. Er ist nicht nur in der neuen Live-Action-Serie der deutsche Synchronsprecher für Ruffy, sondern spricht die Rolle bereits seit über 1.000 Folgen in der Anime-Serie.

Im Interview mit Netflixwoche erzählt er, was sein erster Eindruck von der Realverfilmung war, was er bei diesem Projekt anders gemacht hat als im Anime, und welche Szene ihn besonders bewegt hat.

Netflixwoche: Ich habe gehört, dass du deine Mitarbeit an der Live-Action-Serie von ONE PIECE fast abgesagt hättest. Warum denn das?

Anfang diesen Jahres bekam ich einen Anruf von der Produktionsleitung der betreuenden Synchronfirma. Man fragte mich, ob ich Interesse hätte, die Regie bei einem neuen Projekt zu übernehmen. Damit im Vorfeld keine Informationen an die Öffentlichkeit dringen, werden gerne Decknamen für Projekte genutzt. So war das auch in diesem Fall. Dann wurde mir erzählt, worum es in etwa gehen soll. Für mich hörte sich das zuerst nach einem Zeichentrick-Projekt für Kinder an. Ich sagte also, dass ich mich über das Angebot sehr freuen würde, mein Terminkalender aber schon voll sei und es wahrscheinlich nicht klappen würde.

Wie hat die Produktionsfirma darauf reagiert?

Die sagten, dass das total schade sei, weil sie sich gedacht hätten, ich sei perfekt für das Projekt geeignet. Da wurde ich ein bisschen stutzig. Also hab ich nachgehakt, was eigentlich hinter dem Decknamen steckt. Dann stellte sich heraus: Es geht um die ONE PIECE Live-Action-Serie. Da bin ich aus allen Wolken gefallen. Danach habe ich sofort damit begonnen, Zeit im Kalender frei zu räumen. Denn das war für mich so wichtig und eine unglaubliche Ehre.

Welche Rolle hattest du in der Regie?

Zum einen entscheidet die Regie gemeinsam mit der Aufnahmeleitung maßgeblich darüber, welche Sprecherinnen und Sprecher besetzt werden. Ich stand im direkten Kontakt zu Netflix und den Verantwortlichen und konnte mit ihnen über die Besetzung der Originalstimmen aus der Anime-Serie sprechen. Es war mir wichtig, darüber zumindest zu reden, weil ich dachte, dass die Stimmen vielen Fans wichtig sein würden.

Und zum anderen?

Die Regie achtet auf das Schauspiel. Das richtige Level an Emotion: Ist das Zähnefletschen des Schauspielers in der Stimme zu hören? Ist da noch eine Träne zu sehen, die irgendwie hörbar sein sollte? Die Stimme muss eine solche Einheit mit dem

Warst du von Anfang an von der Realverfilmung überzeugt?

Wie so viele andere auch hatte ich anfangs Bedenken. Einmal, weil in der Vergangenheit viele Anime-Adaptionen nicht wirklich gelungen sind. Und zum anderen wegen des Universums, dass Eiichirō Oda kreiert hat. ONE PIECE ist ja keiner der Mangas, die einen geerdeten Handlungsstrang erzählen. ONE PIECE ist eine gigantische Fantasy-Welt, mit Fischmenschen und Gummiarmen und wilden Kämpfen. Ich war sehr skeptisch, ob man das umsetzen kann. Aber dass Oda selbst die ganze Zeit involviert war, hat mir Mut gemacht.

Wie war es dann für dich, diese Figuren, die dich schon so lange begleiten, plötzlich als Menschen vor dir zu sehen?

Als ich das erste Mal in das Material reingeschaut habe war ich sehr angetan! Aber mich beschäftigte vor allem die Frage: Können wir die Originalstimmen aus dem Anime benutzen? Deshalb habe ich erstmal die Charaktere unter die Lupe genommen und von der Story gar nicht so viel mitbekommen. Bei mir drehte sich alles um die Fragen: Kriegen wir den Uwe Thomsen auf den Zorro, die Stephanie Kellner auf Nami, den Hubertus von Lerchenfeld auf Sanji…

Wie schnell stand fest, dass es klappen würde?

Nicht sofort! Es wurde klar, dass wir ein Casting machen müssen. Wir brauchten den Vergleich mit neuen Sprecherinnen und Sprechern. Das haben wir gemacht und das Ergebnis etlichen Leuten vorgespielt, viele Meinungen eingeholt. Die überwiegende Mehrheit und auch Netflix waren überzeugt von den alten Stimmen. Dann war ich langsam entspannt und konnte mir die Serie zum ersten Mal richtig anschauen.

Und?

Ich find’s richtig cool. Mir hat auch der Cast wirklich gut gefallen! Und das Geplänkel, das Hin-und-her zwischen Nami und Zorro. Mittendrin der naive Ruffy – das war schon in der ersten Folge wirklich lustig.

Hast du den realen Ruffy anders gesprochen als den Anime-Ruffy?

Ja, definitiv! Gerade im Anime ONE PIECE sprechen wir viele Figuren ziemlich überdreht. Ich spreche Ruffy im Anime quietschiger, mit größeren Spannungen in der Stimme. Echte Schauspieler muss man anders sprechen. Sonst wird es klamaukig.

Was ist gleich geblieben?

Die Charaktereigenschaften der jeweiligen Stimmen mussten erhalten bleiben, genau dieser Wiedererkennungswert war uns ja wichtig. Ich kann Ruffy nicht sprechen, wie ich Zac Efron sprechen würde. Wir mussten ein Mittelding finden. Egal ob Anime oder Schauspieler: Wichtig ist am Ende, die richtige Tonlage zu finden und konsistent zu halten.

Gab es eine Szene, die dir besonders gut gefallen hat, aus Sprechersicht?

Die Szene, die mir direkt in den Kopf kommt, ist die Szene mit Nami, die ihren Schatz ausgräbt – in der Überzeugung, das Leid ihres Dorfes beenden zu können. Und die Wut, Enttäuschung, Trauer, die dann folgt. Alles, was Stephie da reingelegt hat. Da werde ich auch jetzt beim Sprechen ganz emotional! Das war so authentisch und toll gespielt. Die Szene hat mich richtig bewegt.

ZUR PERSON

Daniel Schlauch ist ein deutscher Synchronsprecher, Dialogbuchautor, Dialogregisseur und Jurist. Er ist die deutsche Feststimme des Hollywoodschauspielers Zac Efron sowie der Figur Monkey D. Ruffy aus der Animeserie und der Netflix Live-Action-Verfilmung von ONE PIECE.

Netflixwoche Redaktion

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