So verschmelzen Fakt und Fiktion in Boy Swallows Universe

Eli wächst in einem Haus voller Liebe auf. Einem Haus voller Liebe – und Heroin. Denn sein Stiefvater Lyle sieht Drogenhandel als den einzigen Ausweg aus der ärmlichen Nachbarschaft. Nur noch ein paar Deals. „Und dann wird alles gut. Das verspreche ich“, sagt er. „Es wird sogar so gut, dass du alles Schlechte vergessen wirst.“ Der zwölfjährige Eli macht sich Sorgen, nicht nur um Lyle, sondern auch um seine Mutter, deren letzter Entzug noch nicht lange hinter ihr liegt.

Boys Swallows Universe erzählt die Geschichte von Eli (Felix Cameron und Zac Burgess) und seinem älteren Bruder Gus (Lee Tiger Halley). Die Brüder müssen bei ihrem alkoholkranken Vater Robert (Simon Baker, The Mentalist) einziehen, als Stiefvater Lyle (Travis Fimmel, bekannt aus Vikingssein Versprechen nicht halten kann und eben nicht alles gut wird.

Mit der Hilfe seines Babysitters, einem Ex-Sträfling, und eines Brieffreunds aus dem Gefängnis, versucht Eli, sein Leben auf die Reihe zu bekommen und seine Mutter Frankie (Phoebe Tonkin, The Vampire Diaries) zu unterstützen. Und damit vielleicht doch noch alles gut wird, will Eli diejenigen aufhalten, die seine Familie ruiniert haben.

Die Miniserie basiert auf der gleichnamigen Buchvorlage des australischen Journalisten Trent Dalton und ist ihm zufolge zu „50 Prozent Fakt und zu 50 Prozent Fiktion.“ Auch wenn sein eigenes Leben nicht ganz so unfassbar wie das von Eli Bell sein mag, geht es im Kern des Romans um die Kindheit Daltons, der auch zu den Produzenten der Serie gehört.

Die Geschichte von einem Kind, „das Weihnachten ins Frauengefängnis einbrechen will“

Autor Trent Dalton ist der jüngste von vier Brüdern. Seine Kindheit verbrachte er zunächst mit seiner Mutter und seinem Stiefvater. Doch das Paar hat mit Heroin gedealt, als Trent sieben Jahre alt war. Darum musste seine Mutter wegen Drogenschmuggels eine Zeit lang ins Gefängnis.

Eli (Felix Cameron) und seine Mutter Frankie (Phoebe Tonkin).

Im Interview mit Mediaweek sprach der Autor darüber, wie diese Zeit Boy Swallows Universe inspiriert hat: „Es ist die Geschichte von einem Kind, das Weihnachten ins Frauengefängnis einbrechen will, um seiner Mutter das Leben zu retten.“ Er habe sie während ihrer Haft ständig vermisst. „Sowas verlässt dich nie“, sagt Dalton in dem Interview.

Wie in der Serie hatte auch Daltons Vater mit Alkoholismus und Agoraphobie zu kämpfen. „Sein Vater war sowohl der angsteinflößendste als auch wunderbarste Mensch, den er kannte“, erklärt Simon Baker, der in der Serie Elis Vater Robert spielt, gegenüber Netflix. Wegen seiner Angststörung habe er seine Söhne nicht oft zu Gefängnisbesuchen fahren können. „Wir haben sie ein paar Mal besucht, aber du willst deine Mutter nicht so sehen“, so Dalton.

Ein verurteilter Mörder als Vaterfigur

Eine weitere Figur aus Boy Swallows Universe stammt aus Trent Daltons echtem Leben: Arthur „Slim” Halliday, der in Australien auch als der „Houdini von Boggo Road“ bekannt war. Gemeint ist Boggo Road Gaol, ein großes Gefängnis in Queensland. Dem Sträfling gelang es in den 1940ern zweimal, aus der Haft auszubrechen, wobei er jedoch nicht lange auf freiem Fuß war. Drei Jahre nach Ende seiner Haftstrafe wurde Halliday wegen des Mordes an einem Taxifahrer verurteilt. Wieder versuchte der Houdini von Boggo Road zu entkommen, allerdings ohne Erfolg.

Zwei Kinder und ein Mörder sitzen auf der Couch: Gus (Lee Halley), Slim Halliday (Bryan Brown) und Eli (Felix Cameron).

In den 1970ern wurde er entlassen und war Anfang der 1980er regelmäßig zu Gast bei Dalton zu Hause, da er mit dessen Stiefvater befreundet war. Der Autor beschreibt Halliday als Vaterfigur, der mit dem fünf Jahre alten Trent auf dem Schoß in seinem alten Geländewagen spazieren gefahren sei: „Er hat mich lenken und hupen lassen. Ich hab ihn geliebt. Er war der witzigste und liebste alte Mann“, so Dalton gegenüber dem Townsville Bulletin.

Auch den geheimen Tunnel, der zu dem verborgenen Zimmer unter dem Haus der Familie führte, gab es übrigens wirklich. Nur das rote Telefon stammt aus Daltons Fantasie.

„Das Gute und das Schlechte“

Im Gespräch mit Netflix erklärt der Autor die Bedeutung hinter dem Titel Boy Swallows Universe: „Du schluckst das Gute und das Schlechte. Und dann spuckst du alles aus und es wird ein Feuerwerk.“ Das habe er 20 Jahre lang getan und nach der Veröffentlichung seines ersten Buches wurde ihm klar: „Das ist der Grund, warum du hier bist.“

Daltons mag seine Kindheit in einer Arbeitergegend außerhalb Brisbanes verbracht haben, die von Kriminalität und Perspektivlosigkeit geprägt war, doch ist die Zeit kein dunkles Kapitel seines Lebens. Sie ist ein Teil von ihm, voll Licht und Schatten. Und diesen Teil hat der Autor mit Eli Bell zum Leben erweckt. „Alles, was dieses Kind tut, habe ich entweder selbst getan, oder wollte es tun.“

Eli-Darsteller Felix Cameron und Autor Trent Dalton bei der Premiere der Serie.

Der Junge macht viel durch. Unter anderem muss Eli den Entzug seiner Mutter miterleben, wird gemobbt, wird Zeuge der Entführung seines Stiefvaters und kommt ins Krankenhaus. Und das ist nur der Anfang der Geschichte.

Doch trotz all der tragischen Vorkommnisse und Traumata geht es in Boy Swallows Universe vor allem um Liebe und Hoffnung; darum, dass Menschen, die Fehler machen, wachsen können und neue Chancen verdienen. „Ich würde nichts daran ändern“, habe seine Mutter eines Tages gesagt, als sie ihrer Enkelin beim Tanzen zusah, schreibt Dalton auf der Webseite seines Verlags Harper Collins. „Ich würde nichts daran ändern. Müsste ich das alles nochmal durchmachen, würde ich das tun.“

Saba MBoundza

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