Der Sumo-Guide zur neuen japanischen Serie Sanctuary

40 Tonnen gestampfter Lehm mit einer dünnen Sandschicht fangen an zu beben. Es staubt. Dann klatscht es – aber keinen Beifall. Zwei große, dicke Männer, erstaunlich behende und nur mit einer Art Lendenschurz oder besser: Windelhose bekleidet, prallen in der Mitte des Rings aufeinander. Patsch, patsch, patsch – schlagen, schieben, drücken sie mit ihren Händen, mit ihren ganzen gewaltigen Körpern gegen den Kontrahenten. Der Kampf dauert keine zehn Sekunden. Einer der Titanen verliert das Gleichgewicht und wird aus dem Ring geschoben, was seine Niederlage bedeutet.

So einfach geht Sumo. Und doch ist es für die Japaner*innen so viel mehr.

Eine in der japanischen Mythologie verankerte Legende besagt, dass die Nation dem Sumo ihre Existenz verdankt. Zwei Götter gerieten in Streit und regelten den Konflikt mit einem Ringkampf. Der Sieger wurde der erste Regent Japans.

Die Wurzeln von Sumo reichen gut 2.000 Jahre in die Vergangenheit, viele strikte Regeln haben sich bis heute kaum verändert.

Darum geht's in Sanctuary:

In dieser Welt spielt Sanctuary eine neue japanische Dramaserie, die seit dem 4. Mai auf Netflix zu sehen ist. Der jugendliche Rebell und Straftäter Kiyoshi Oze (Wataru Ichinose) hat mit der ganzen altmodischen Sumo-Tradition nichts am Hut. Aber er hat Talent. Und er will Geld verdienen. Dabei zeigt er keinen Respekt vor Nichts und Niemand. Wird er seinen Weg machen?

Das sind die wichtigsten Begriffe im Sumo-Ringen:

Um sich besser in der fremden Welt des Sumo-Ringens zurecht zu finden, haben wir einen Sumo-Guide zusammengestellt, der die wichtigsten Bezeichnungen, Regeln und Rituale erklärt.

Dohyo: Der Kampfpodest mit dem Ring, der einen Durchmesser von 4,60 Meter hat. Die vier Ecken symbolisieren das Weltall, der kreisrunde Ring die Erde. Die farbigen Kordeln an jeder Ecke des Dohyo-Daches stehen für die vier Himmelsrichtungen. Der Ring ist am Boden mit einem aus Reisstroh geflochtenen Seil begrenzt.

Heya: Bedeutet Stall. In einem Heya trainieren, wohnen und essen die Sumotori gemeinsam. Das Familienoberhaupt in einem Heya ist der Oyakata, meist ein ehemaliger Kämpfer, der vom Verband die Erlaubnis bekommen hat, einen Heya zu eröffnen. Es herrschen strenge Hierarchien: Jüngere Kämpfer werden den erfahrenen zugeteilt und müssen neben Reinigungsarbeiten auch das Essen zubereiten.

Gyoji: Schiedsrichter. Sie werden hoch angesehen und respektiert. Ihre Entscheidungen sind unantastbar. Gyoji tragen einen kleinen Dolch am Gürtel, mit dem sie bei einer Fehlentscheidung Seppuku (rituellen Suizid) begehen sollen. Ganz so traditionell geht es aber nicht mehr zu – von Gyojis wird lediglich erwartet, nach schwachen Leistungen ein Rücktrittsgesuch beim Verband einzureichen.

Yobidashi: Die „Ausrufer“. Sie rufen die Kämpfer in den Ring und überwachen den Bau des Kampfpodestes, pflegen ihn während der Turniere und reinigen den Ring.

Basho: So heißen die sechs jährlich in Japan stattfindenden Profiturniere. Jedes Basho dauert 15 Tage.

Chanko-Nabe: Das traditionelle Sumo-Essen ist sehr vitamin- und nährstoffreich. Der Eintopf wird hauptsächlich aus Fisch, Fleisch und Tofu zubereitet. Dazu werden Unmengen an Reis gereicht. Ein Ringer nimmt durch Chanko-Nabe etwa 8000 Kilokalorien am Tag zu sich.

Tokoyama: Die Friseure sind beim Sumo so wichtig wie die Sumo-Ringer selbst. Die hoch qualifizierten Spezialisten werden in ihrer mehr als acht Jahre dauernden Ausbildung geschult, die kunstvollen Haarknoten in Form eines Gingko-Blattes zu flechten.

Yokozuna: Der Großmeister-Rang beim Sumoringen. In den letzten 300 Jahren erreichten nur 73 Kämpfer diese Klasse.  Ein Yokozuna ist in Japan eine Art Halbgott. Symbolisiert durch die Tsuna, ein dickes Seil, das er bei Zeremonien um die Leibesmitte trägt und das im Shintoismus eine heilige Zone signalisiert.

Außerdem bekommt jeder Yokozuna eine Katana – ein Schwert, das ihn offiziell als Samurai auszeichnet.

Regeln: Ein Kampf besteht aus einer einzigen Runde. Er beginnt mit dem Tachi-ai, dem gleichzeitigen Aufspringen der Kontrahenten, nachdem deren beide Fäuste den Boden berührt haben. Die Hände der Ringer müssen beim Kampf immer offen sein, dürfen nie zu einer Faust geballt werden. Gewinner ist, wer seinen Gegner aus dem Ring zwingt oder ihn dazu bringt, den Ringboden mit einem anderen Körperteil als den Sohlen seiner Füße zu berühren. Wer eine illegale Technik (Kinjite) anwendet, verliert automatisch. Ebenso verliert man, wenn sich der Bauchgürtel (Mawashi) vom Körper löst.

Rituale: Am Anfang steht die Ringzeremonie Dohyo-iri. Die Kämpfer marschieren in den Ring und werden den Zuschauern vorgestellt. Sie klatschen einmal in die Hände – für die Götter – breiten ihre Arme aus und präsentieren ihre Handflächen. Damit wird dem Gegner gezeigt, dass keine Waffen im Spiel sind – eine Tradition, die noch aus der Zeit der Samurai stammt.

Mit Beginn des eigentlichen Kampfs treten die Duellanten nach Aufruf in den Ring und verbringen mehrere Minuten damit, ein Bein zu heben und auf den Lehmboden zu stampfen – das vertreibt Dämonen. Dann werfen sie ein paar Handvoll Salz in den Ring, um die Kampfstätte zu reinigen.

Netflixwoche Redaktion

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