Das waren die echten Peaky Blinders

Die Peaky Blinders tragen Schiebermützen über dem Undercut-Haarschnitt. Krawatte unter der Tweed-Weste. Sie sind Gangster mit Modegeschmack, rabiaten Methoden und einem Hang zum Rauschgift. Sie verfolgen hochgesteckte Ziele aus niederen Beweggründen. Aber sie haben auch ein Gefühl für Gerechtigkeit und ein komplexes, von Traumata gebeuteltes Seelenleben.

So lernte die Welt die Gangster-Familie Shelby in der Serie Peaky Blinders kennen, deren finale Staffel heute, am 10. Juni startet. Lässig, erfolgreich, ihren Gegnern letztlich immer einen Schritt voraus.

Doch die Serien-Gang hat eine historische Vorlage. Die Peaky Blinders gab es wirklich. Wer sich die echten Blinder einmal genauer ansieht, entdeckt, dass manchmal Fiktion und Fakten gar nicht so weit auseinanderliegen.

Wie alles begann

Um 1850 war Birmingham nach London bereits die zweitgrößte Stadt Englands. Ein Moloch der industriellen Revolution mit dem Beinamen „City of a Thousand Trades”. Bekannt für seine giftige Luft und ungesunde Lebensbedingungen. Ein Ort, der wenigen Reichtum bringt und die Masse in Armut stürzt.

Die wirtschaftliche Notlage und fehlende Perspektiven drängten viele Kinder und vor allem junge Männer in die Kriminalität. Was mit Taschendiebstählen begann, eskalierte bald zu einer Welle gewaltsamer Überfälle und gipfelte in Messerstechereien und Strangulierungen. Rund um das Jahr 1980 begannen einige der Kriminellen, sich zu einer lose organisierten Gruppe zusammenzuschließen. Die wenig glamouröse Geburtsstunde der echten Peaky Blinders war gekommen.

Der Ort des Geschehens ist in Serie und Realität also der gleiche. Allerdings verbreiteten die echten Peaky Blinders bereits rund 30 Jahre vor den Shelbys Angst und Schrecken in Birmingham. Zu Beginn der Serie ist die Gang gerade aus dem Ersten Weltkrieg nach Hause zurückgekehrt. Und eine Familie waren die echten Gangster nicht, sondern eher eine aus der Not geborene Gemeinschaft aus armen Kindern und Jugendlichen.

Woher kommt der Name Peaky Blinders?

Eine Frage, die bis heute nicht eindeutig beantwortet werden kann. Es gibt aber vielversprechende Theorien:

1. Rasierklingen in den Mützen: Wie bei den Serien-Gangstern wird auch den echten Peaky Blinders nachgesagt, in ihre Schirmmützen seien Rasierklingen eingenäht, mit denen sie ihre Gegner überraschend attackieren. Im Englischen heißt der vordere Teil der typischen Schirmmütze „Peak“ Das aus den Attacken resultierende Blut nimmt dem Opfer die Sicht, „blinded“ (zu deutsch: erblindet) sie also. Diese Theorie ist allerdings eher unwahrscheinlich. Denn Einweg-Rasierklingen wurden erst 1903 zur Massenware. Pünktlich für die Serien-Geschehnisse, zu spät für die echten Peaky Blinders.

2. Unerkannt bleiben: Die zweite Theorie ist weit weniger spektakulär. Nach ihr haben sich die Peaky Blinders schlicht den „Peak“ ihrer Mützen tief ins Gesicht gezogen, um nicht erkannt zu werden. Klingt plausibel, wenn auch ein bisschen langweilig.

3. Modische Mobster: Fans der Serie sind wahrscheinlich direkt überzeugt von Theorie Nummer drei. Sie besagt, dass „Blinder“ Ende des 19. Jahrhunderts Slang für eine Person war, die besonders schmuck aussieht. Mit den modischen (wenn auch fiktiven) Shelbys vor Augen durchaus glaubwürdig!

Die Verbrechen der wahren Gang

Die echten Peaky Blinders verdienten ihr Geld wie in der Serie durchaus mit illegaler Buchmacherei. Das kriminelle Genie, das Thomas Shelby seinem Vebrecherklan verleiht, ging den echten Blinders aber ab. Während die Serien-Gang vor allem gegen reiche Fieslinge und noch üblere Schurken vorgeht, als sie selbst es sind, beuteten die echten Blinders vorwiegend die Schwachen der Gesellschaft aus.

Entführungen, Raubüberfällen, Straßenkämpfe, Schutzgelderpressungen und Landraub waren das wenig noble Brot- und Butter-Geschäft der Gang. Bestechungen hielten die Polizei fern. So gelang es den Blinders, fast 20 Jahre einen gewaltigen Einfluss in der Region um Birmingham auszuüben.

Würde sie der Realität eins zu eins folgen, hätte das Ende der ersten Staffel der Serie eine weit weniger optimistische Zukunft für die Blinders bedeutet: Tatsächlich unternahm die Gang Anfang des 20. Jahrhunderts einen Vorstoß auf die Rennstrecke. Doch die Gang des durchaus realen William „Billy“ Kimbers, die Birmingham Boys, reagierten mit Brutalität und drängten die Blinders aus dem Zentrum der Stadt und schließlich in die Bedeutungslosigkeit. Der Untergang der Birmingham Boys kam übrigens später in Form der auch aus der Serie bekannten Sabini Gang.

Kleider machen Gangster

Das wichtigste Merkmal der Peaky Blinders war nicht ihr verbrecherisches Talent. Es war ihr Modestil. Wie in der Serie waren die Peaky Blinders auch in der Realität todschick. Die berühmten Schirmmützen sind nur die Krönung: Westen, maßgeschneiderte Jacken und sogar Seidenschals für die Betuchten unter den Gangstern wurden zum Erkennungsmerkmal der Mitglieder. Mit dem Nebeneffekt, dass sie mit dem extravaganten Stil Eindruck bei Kindern und Jugendlichen schinden konnten, die man einmal für die Organisation gewinnen wollte. Was zum vielleicht schockierendsten Detail der echten Blinders führt: Viele Mitglieder der Gang waren Kinder. Manche erst zehn Jahre alt.

Netflixwoche Redaktion

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