Was wird aus dem Drachen? Das Ende von Damsel erklärt

Vorsicht, dieser Artikel enthält wichtige Details zur Handlung.

Damsel verschwendet keine Zeit damit, euch wissen zu lassen, was euch erwartet. „Es gibt viele Geschichten, in denen der Ritter die Jungfrau in Nöten rettet“, sagt Elodie (gespielt von Millie Bobby Brown) zu Beginn von Juan Carlos Fresnadillos neuem Fantasyfilm. „Diese gehört nicht dazu.“

Tatsächlich beginnt Damsel dort, wo die meisten Märchen enden – mit einem charmanten Prinzen (Nick Robinson), der Elodie den Atem raubt. Doch fast unmittelbar danach wirft er sie in den Abgrund einer Höhle, in das Zuhause eines blutrünstigen Drachen.

Damsel „unterläuft das, was man erwartet“, sagt Brown. „Man denkt, dass der Prinz sich umdreht und sie rettet und ... nein. Wartet bloß nicht auf den Prinzen.“

Wenn Elodie überleben will, muss sie stattdessen die verdrehte Geschichte des Königreichs Aurea zusammensetzen. Auf ihrem Weg wird sie eine innere Stärke finden, von der sie nicht wusste, dass sie sie besitzt – und ein paar Freund*innen, die sie nicht erwartet hätte. Hier sind alle Infos zum Ende von Damsel.

Warum versucht die königliche Familie, Elodie an den Drachen zu verfüttern?

Als Elodies Vater Lord Bayford (Ray Winstone) ihrer arrangierten Heirat zustimmt, scheint es eine himmlische Verbindung zu sein: Die Menschen in ihrem ressourcenarmen Königreich brauchen Vorräte, um den Winter zu überstehen – und das Königreich Aurea eine Prinzessin. Doch Elodie ahnt nicht, dass sie nur eine Schachfigur in einem uralten Spiel ist. Eine Opfergabe als Ausgleich für die vor langer Zeit erfolgte Tötung der drei Kinder eines Drachen.

Als Elodie sich ihren Weg durch die Tiefen der Höhle bahnt, stellt sie bald fest, dass sie nicht die erste Prinzessin ist, die dort gelandet ist. Schon bei ihrem ersten Besuch in Aurea hatte sie eine Frau auf einem benachbarten Schlossbalkon entdeckt – in der Höhle sieht sie sie wieder, als brutal zugerichtete Leiche.

Alles, was die königliche Familie den jungen Prinzessinnen antut, ist aus ihrer Sicht notwendig. „Es ist schön und unheimlich zugleich, wie diese königliche Familie der Geschichte des Königreichs verpflichtet ist, wie sie tut, was sie tut, weil sie einer Tradition dienen“, sagt Regisseur Fresnadillo.

Ist Robin Wright die Bösewichtin in Damsel?

An vorderster Front dieser Bemühungen steht Königin Isabelle (Robin Wright), die Matriarchin der königlichen Familie von Aurea. Jede Generation von Aurea muss mindestens drei Prinzessinnen opfern, um dem feurigen Zorn des Drachens zu entgehen.

Die Besetzung der Königin Isabelle ist dabei kein Zufall. Zu Wrights ikonischen Rollen gehört die der Prinzessin Buttercup in dem Filmmärchen Die Braut des Prinzen (1987). Wright in diese Geschichte „zu bringen und sie in einen bösen Charakter zu verwandeln – das ist eine regelrechte Ansage, dass wir die Idee von Märchen in großem Stil aufrütteln“, erzählt Fresnadillo weiter. „Ihre Figur ist wie ein Henker. Wenn man darüber nachdenkt, ist der eigentliche Drache in diesem Film Königin Isabelle. Sie ist mehr ein Drache als der Drache selbst.“

Wright ihrerseits spielte die Rolle nicht als Bösewicht, sondern als Heldin ihrer eigenen privaten Geschichte. „Es wäre so traurig, wenn Prinzessin Buttercup zu dieser bösen Königin heranwachsen würde“, räumt die Schauspielerin ein. „Diese besondere Königin las sich für mich sehr machiavellistisch. Sie intrigiert ohne Ende, um die lange Tradition der Opfer fortzusetzen und gleichzeitig ihr eigenes Vermächtnis zu fördern. Sie glaubt fest daran, dass sie das Richtige tut.“

Wie entkommt Elodie aus der Höhle?

Elodies erstes Ziel in der Höhle ist: überleben. Sie findet geheimnisvolle leuchtende Würmer, die ihre Wunden zu heilen scheinen, während sie die Geschichte von Orea aus Kratzern an den Wänden zusammensetzt. Damit ist sie dem Drachen immer einen Schritt voraus. Einmal ist sie sogar kurz davor, zu entkommen, als sie eine Wand mit Kristallen hinauf klettert.

Während des gesamten Films ist Elodies Kleid eine Art Waffe. Sie zerreißt ihr Kleid und nutzt den Stoff, um ihre Füße einzuwickeln, bastelt sich ein Messer aus den Stäben ihres Korsetts. Für die Damsel-Produktion wurden 70 verschiedene Kostüme angefertigt, um die verschiedenen Zustände von Elodies Kleid widerzuspiegeln. Aber selbst mit der unerwarteten Hilfe ihres Kleides endet Elodies Aufstieg erfolglos: Am Rande der Felswand wird sie vom Drachen schon erwartet.

Die Rettung naht schließlich in Gestalt eines schuldbewussten Vaters. Lord Bayford steigt an einem Seil in die Höhle hinab, um seine Tochter vor dem Schicksal zu retten, das er ihr eingebrockt hat. Elodie scheint gerettet – bis der Drache den Vater  mit Leichtigkeit besiegt. Mit seinen letzten Atemzügen bittet Bayford seine Tochter um Verzeihung. Das Seil bringe sie außerdem zu ihrer jüngeren Schwester und ihrer Stiefmutter zurück.

„Ich glaube, er versucht alles, um sich zu rehabilitieren – auch wenn es längst zu spät ist“, sagt Schauspieler Winstone über seine Rolle. „Ich glaube, er hat eine Entscheidung getroffen, die ihn in gewisser Weise zerstört hat.“

Keine böse Stiefmutter in Damsel

Diese Erlösung wird teilweise durch seine Frau Lady Bayford (Angela Bassett) ermöglicht. Für Regisseur Fresnadillo war die Rolle von Lady Bayford entscheidend für die Wendung in dem Märchen. „Man erfährt, dass die Stiefmutter in Wirklichkeit die einzige war, die versucht hat, den Wahnsinn dieser Ehe zu stoppen. Sie spürte, dass dieser Ort irgendwie seltsam ist und dass hier etwas nicht stimmt. “

Wie viele Figuren in Damsel ist Lady Bayford nicht die typische Stiefmutter, wie sie sonst in Märchen dargestellt wird. „Wenn man Lady Bayford kennenlernt, denkt man sofort, dass sie böse ist“, sagt Bassett. „Sie ist zwar eine Außenseiterin in dieser Familie, aber wenn es hart auf hart kommt, merkt man, dass sie nicht böse ist. Sie ist eine Frau, die aus ihren Verhältnissen herausgewachsen ist.“

Ist der Drache wirklich böse?

Elodies Flucht aus der Höhle ist nur von kurzer Dauer. Schon bald rennt sie zurück, um sich dem Drachen zu stellen und ihre Schwester Floria (Brooke Carter) zu retten – die von der königlichen Familie als Ersatz ausgewählt wurde. Doch anstatt dem Drachen ein Schwert ins Auge zu stechen, trifft Elodie die Entscheidung, den Kreislauf der Rache zu durchbrechen. Elodie erklärt dem Drachen, dass er die ganze Zeit getäuscht wurde: Die Prinzessinnen, die ihm geopfert wurden, haben gar kein königliches Blut.

Das ist die letzte Wendung des Films: Der Drache, der Elodie die ganze Zeit terrorisiert hat, ist gar nicht der Bösewicht. „Der Drache hat einen Grund, eine so böse Kreatur zu werden“, sagt Fresnadillo. Er drehte die Geschichte so, dass Zuschauer*innen eine Art Sympathie für den Drachen empfinden.

Schauspielerin Shohreh Aghdashloo, die im Original die Stimme des Drachens spricht, nahm mit Stolz die Bürde auf sich, die am meisten missverstandene Figur des Films zu spielen. „Mit der Rolle des Drachens bot sich mir die einmalige Gelegenheit, eine Figur zu porträtieren, die zwar mythisch und oft gefürchtet ist, aber auch ein tiefes Gefühl von Empathie und Weisheit verkörpert“, sagt sie.

Nachdem Elodie ihr letztes Hindernis überwunden hat, kehrt sie zum Schloss Aurea zurück und unterbricht die Hochzeitszeremonie von Prinz Henry. Als der Drache auf den Zinnen ankommt, ignoriert er die Bitten der königlichen Familie. Sie werden von ihm verbrannt – die Krone von Königin Isabelle schmilzt auf grausame Weise in ihr Gesicht.

Elodie reist mit ihrer Schwester und ihrer Stiefmutter (die sie in einem ergreifenden Moment einfach Mutter nennt) nach Hause. Der Drache gleitet dabei an ihrem Schiff entlang – ein unwahrscheinlicher Verbündeter in Damsels Zeit des Erwachsenwerdens.