Aufstieg und Fall von Juul: Das ist die Geschichte hinter dem Vaping-Start-up

Die 2010er-Jahre: Rauchen war längst nicht mehr cool – aber alle Dinge, die mit Technik zu tun hatten, sehr wohl. Zwei junge Männer verknüpften das eine mit dem anderen und schufen eine Marke, die binnen kürzester Zeit Dutzende Milliarden Dollar wert sein sollte: Juul. Doch der Dominator des Marktes für E-Zigaretten verschwand fast so schnell, wie er enstanden war.

Unter der Regie von R. J. Cutler und basierend auf dem Buch von Time-Reporter Jamie Ducharme, „Big Vape: The Incendiary Rise of Juul“, dokumentiert nun eine vierteilige Netflix-Dokumentation die Geschichte des Unternehmens. Big Vape: Der Aufstieg und Fall von Juul zeigt, was alles schief ging bei dem E-Zigaretten-Hersteller, der zeitweise mit bis zu 38 Milliarden Dollar bewertet wurde. Nach einer Reihe von Prozessen, Vergleichen und Verboten wurde das so genannte „iPhone der E-Zigaretten“ schnell zur Lachnummer der Raucherwelt.

Doch von Anfang an: Vielleicht hatten die Macher nicht im Sinn, das Rauchen unter jungen Menschen wieder salonfähig zu machen. Das hatte zumindest Cutler dem amerikanischen Musikmagazin Rolling Stone über Juul gesagt. Aber: „Das Nebenprodukt ihrer Arbeit war, dass die Epidemie des Rauchens unter Jugendlichen neu entfacht wurde.”

Die Doku-Serie beginnt mit dessen Machern Adam Bowen und James Monsees – die sich nicht an dem Projekt beteiligen wollten – und zeigt, wie sie sich auf den Weg ins Silicon Valley machen, um ein Start-up zu gründen. Nachdem sie sich ursprünglich wegen ihres gemeinsamen Interesses an den Auswirkungen von Zigaretten zusammengetan hatten, entwickelten sie 2010 Ploom, eine E-Zigarette, die mit Butangas betrieben wird.

Nachdem sie dann das Unternehmen verkauft hatten, erhöhten sie den Nikotingehalt und kreierten ein neues Produkt, das Nikotinsalze zerstäubte und ein sanfteres und zugleich stärkeres (jede Kapsel enthielt anfangs so viel Nikotin wie eine ganze Schachtel Zigaretten), fruchtigeres (mit Geschmacksrichtungen wie Mango und Erdbeere) und moderneres Raucherlebnis bot. Die nachfüllbaren Kapseln ähneln USB-Sticks und die Geräte können in einem USB-Dock aufgeladen werden. Im Mai 2015 war Juul geboren.

2018 wurde der Wert von Juul auf 38 Milliarden Dollar geschätzt

Das Produkt schlug ein wie eine Bombe: Im Jahr 2018 war Juul bereits das sechstwertvollste Start-up in den USA und damit direkt hinter Uber. Der Wert von Juul lag bei etwa 15 Milliarden Dollar und machte 70 Prozent des gesamten E-Zigarettenmarktes aus. Als Ende desselben Jahres die Altria Group, Nachfolger der Philip Morris Companies Inc. einen 35-prozentigen Anteil an Juul für 12,8 Milliarden Dollar erwarb, schätzte sie dessen Wert auf 38 Milliarden Dollar.

Ein wichtiger Grund für die Beliebtheit von Juul bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen war die Art und Weise, wie das Unternehmen soziale Medien nutzte, um sein Produkt an jüngere Kunden zu vermarkten. Das Unternehmen entwarf Online-Hashtags, schaltete Werbespots mit Models, die Juul rauchten, und kaufte Werbung in auf Kinder und Jugendliche ausgerichteten Bereichen wie Nickelodeon, Cartoon Network und der Zeitschrift Seventeen. „Es war sexy. Es war jugendorientiert. Es sah cool aus“, sagt Cutler. „Es war, ob man es mag oder nicht, wie geschaffen für die sozialen Medien.“

Es gab aber natürlich auch die Schattenseite des Marketings: Laut der Generalstaatsanwaltschaft von Massachusetts wurden Prominente und Influencer für Werbezwecke rekrutiert, indem sie zahllose E-Zigaretten kostenlos erhielten. Das ging von Miley Cyrus bis hin zu Kirsten Stewart. Außerdem soll die Firma ihre Produkte online an Minderjährige verkauft haben, ohne eine ordentliche Altersüberprüfung durchzuführen.

US-Regierung und viele Klagen beenden den Aufstieg

In der Doku-Serie Big Vape kommen ehemalige Juul-Mitarbeiter*innen und jugendliche Konsument*innen zu Wort, von denen einige immer noch süchtig sind. Die Doku untersucht auch, wie das Produkt eine öffentliche Gesundheitskrise unter jungen Erwachsenen ausgelöst hat und folgt Anti-E-Zigaretten-Aktivist*innen. Außerdem berichtet Big Vape über Krankenhausaufenthalte im Zusammenhang mit E-Zigaretten und zeigt Mitbegründer Monsees, der im Namen von Juul vor dem Kongress aussagen musste.

Die US-Regierung hatte Juul schon sehr bald im Visier: Die FDA (Food and Drug Administration) veranlasste 2018 die Einstellung der aromatisierten Pods und das Center for Environmental Health schloss einen Vergleich mit dem Unternehmen. Juul wurde in Ländern wie Israel und Indien wegen der hohen Nikotinkonzentration verboten und zahlte im Dezember 2022 1,2 Milliarden Dollar, um rund 10.000 Klagen beizulegen. Der Wert des Unternehmens ist bis Ende letzten Jahres auf etwa 250 Millionen Dollar gesunken. Von der Bildfläche verschwunden ist Juul deshalb aber nicht: Das Unternehmen macht noch immer 37 Prozent des US-E-Zigarettenmarktes aus.

Netflixwoche Redaktion

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