Zum Staffelstart von The Witcher: Die wichtigsten Games-Adaptionen auf Netflix

Verfilmungen von Videospielen waren lange Zeit gefürchtet, vor allem von Gaming-Fans. Meistens nämlich waren dort Leute am Werk, die zwar den Erfolg der Spiele sahen, nicht aber ihren Zauber begriffen. Seit einigen Jahren aber zeigt eine neue Generation von Filmemacher*innen, dass es auch gut geht. The Witcher, das dieser Tage in die zweite Runde geht, ist dafür ein gutes Beispiel. Zum Staffelstart blicken wir auf einige der bemerkenswertesten Games-Adaptionen, die derzeit auf Netflix zu sehen sind.

Spiele sind mehr als die Geschichte, die sie erzählen. Was ist die Secret Sauce, die Spielende hunderte von Stunden in einer virtuellen Welt verbringen lässt? Und wie lässt sich dieses Besondere in ein anderes Medium übertragen? An diesen Fragen sind zahllose Verfilmungen gescheitert. Ein berüchtigter Games-Verhunzer ist beispielsweise der Regisseur Uwe Boll. Der erstand ab Ende der neunziger Jahre die Filmrechte großer Games – um mit großer Verlässlichkeit großen Mist abzuliefern. Seine Adaptionen von Spielen wie House Of The Dead, BloodRayne und Alone in The Dark wurden von Publikum und Kritik geschmäht. Und Boll ist damit nicht alleine: Der Grabbeltisch mit Game-Film-Flops ist reich gefüllt.

In den letzten Jahren war jedoch eine Trendwende zu beobachten. Immer mehr Filmemacher*innen zocken selbst leidenschaftlich und bringen so ein viel besseres Verständnis für die Eigenheiten der jeweiligen Erzählformen mit. Umgekehrt haben inzwischen auch die Spielefirmen ein Gespür dafür, wie sehr eine misslungene Adaption ihrer Marke schaden kann, und nehmen folglich nicht jeden erstbesten Dollar oder Yen mit. Der berühmte Games-Macher Hideo Kojima zum Beispiel lehnte eine Zusammenarbeit mit Uwe Boll kategorisch ab. Auch Blizzard Entertainment verweigerte Boll die Filmrechte an World Of Warcraft, mit dem Hinweis auf den Schaden, den das Franchise durch einen schlechten Film nehmen würde.

Was ebenfalls nicht zu unterschätzen ist: Das Machtverhältnis zwischen Game und Film/Serie hat sich in den letzten Jahren mächtig verschoben. Videospiele werden nicht mehr belächelt, sondern setzen schon durch ihre kommerzielle Wucht Maßstäbe. Nur zur Orientierung: Fortnite setzt im Monat bis zu 420 Millionen Dollar um, im Jahr 2020 waren es insgesamt schwindelerregende 2,5 Milliarden Dollar. Gegen solche Zahlen kommen selbst die erfolgreichsten Blockbuster kaum an. Die Games-Industrie wird ernst genommen, und das spürt man auch an der Qualität der Verfilmungen. Gutes crossmediales Erzählen, vielfältige Interaktionsmöglichkeiten und ein tiefes Verständnis für die Besonderheiten guter Spiele sind inzwischen keine Seltenheiten mehr.

The Witcher (2019)

Der gute Geralt von Riva bedarf eigentlich keiner Vorstellung. Seit der ersten Staffel der Netflix-Serie und dem zugehörigen Social-Media-Hype ist der wortkarge Monsterjäger auch denjenigen ein Begriff, die zuvor nie vom Videospiel oder der Romanreihe von Andrzej Sapkowski gehört hatten. Dabei ist das Spiel ein echter Knüller, vor allem The Witcher 3 – Wild Hunt überzeugt durch einen sehr erwachsenen Umgang mit Heldenklischees und diversen romantischen Nebenmissionen des Protagonisten. Der wird in der Serienadaption  von Henry Cavill gespielt. Als bekennender Gamer war Cavill die perfekte Wahl für die Rolle. Die Legende besagt, dass er einst beinahe seinen Casting-Termin als Superman verpasst hätte, weil er so in World Of Warcraft versunken war. Bei The Witcher dagegen ist Cavills Hang zum Nerdtum ein großes Plus. Er kennt nicht nur die Spiele bis in die letzte Nebenmission, sondern hat auch sämtliche Bücher verschlungen. Wusste das Team beim Dreh mal nicht weiter, sprang Cavill mit enzyklopädischem Witcher-Wissen bei. Das zeigt sich in allen Bereichen von The Witcher: Ein trockener Humor bricht immer wieder das Pathos des Fantasy-Settings, und Cavills unbestrittener Sex-Appeal bedient auch andere Erwartungen der Post-Game Of Thrones-Ära. Ein Musterbeispiel für eine gelungene Games-Umsetzung.

Super Mario Bros. (1993)

Zurück zu den Ursprüngen und einem echten Evergreen: Mario, der Klempner mit der roten Schiebermütze, ist wahrscheinlich die berühmteste Spielefigur aller Zeiten. Seit seinem ersten Auftritt in den Arcade-Automaten von Donkey Kong im Jahr 1981 ist Mario aus der Games-Welt nicht mehr wegzudenken. Bis heute ist er zum Beispiel auf allen Nintendo-Konsolen zu spielen. Neben dem klassischen Jump’n’Run-Format gibt es inzwischen auch Rennspiele, Party Games, Puzzler, Rollenspiele, Taktik-Shooter und diverse Sportspiele mit Mario, seinem Bruder Luigi, Prinzessin Peach und Co. Eine perfekt geölte Marketing-Maschine. Nur kurzzeitig entglitt Nintendo die Kontrolle über ihren Vorzeigehelden. Die Filmadaption Super Mario Bros. wurde bei ihrem Erscheinen von der Kritik geschmäht und selbst von eingeschworenen Fans verhöhnt. Mario-Schöpfer Shigeru Miyamoto sprach dem Film jegliche Kreativität ab. Er geriet zum finanziellen Desaster. Doch wie so oft in solchen Fällen schlug die vehemente Ablehnung über die Jahre in kultische Verehrung um. Hauptdarsteller Bob Hoskins zählt Super Mario Bros. zwar noch immer zu den schlimmsten Fehlentscheidungen seiner Karriere. Eine beträchtliche Anhängerschaft aber feiert den Film inzwischen als Trash-Ereignis und Pionierleistung auf dem Gebiet der Spieleadaptionen.

Pokémon: Meisterdetektiv Pikachu (2019)

In Japan gehen Videospiele, Comics, Film, TV und Merchandise schon lange harmonisch Hand in Hand. Der erste Berührungspunkt mit den crossmedial verwobenen Paralleluniversen der japanischer Popkultur war für die meisten von uns wahrscheinlich Pokémon. Die Erfolgsgeschichte begann Mitte der neunziger Jahre mit zwei Gameboy-Spielen. Die wurden zu Superhits, Pokémon ist mit 380 Millionen verkauften Exemplaren eine der erfolgreichsten Spielereihen überhaupt. Bereits 1997 folgte eine Zeichentrickserie, die noch mehr Kinder (und, seien wir ehrlich, sehr viele Erwachsene) in Berührung mit diesem Kosmos brachte. Inzwischen gibt es 1.180 Episoden der Serie sowie 25 Filme aus dem Pokémon-Universum. Die 2019er-Adaption Pokémon: Meisterdetektiv Pikachu ist der jüngste Schritt im Ausbau des Imperiums. (Tipp: Im englischen Original leiht Ryan Reynolds dem quietschgelben Publikumsliebling Pikachu seine Stimme.) Es ist zweiterfolgreichste Videospielverfilmung überhaupt – Platz eins gehört aber noch immer …

Warcraft: The Beginning (2016)

World of Warcraft war ein Meilenstein im Genre der sogenannten „Massive Multiplayer Online Role-Playing Games“, gemeinhin abgekürzt als „MMORPG“. Ab 2004 zog das Spiel ein Millionenpublikum an, das bereitwillig monatliche Gebühren entrichtete, um am großen Rollenspielspaß teilzuhaben. Dieses Geschäftsmodell ist inzwischen Standard. Damals war es eine Revolution. Auch das Spiel selbst setzte Maßstäbe. Noch knapp zwei Jahrzehnte später steht WoW synonym für durchzockte Nächte und rotunterlaufene Augen, aber auch für innige Freundschaften, die in der Fantasy-Welt des Spiels geschlossen wurden und nicht selten ihren Weg in die echte Welt fanden. Das Studio Blizzard Entertainment ist inzwischen zwar aus vielerlei Gründen unter Beschuss, war zwischenzeitlich aber eine der wertvollsten Gaming-Marken überhaupt. Entsprechend groß war die Aufregung, als ein Film zum Spiel angekündigt wurde. Die Kritiken waren zwar eher durchwachsen und viele WoW-Anhänger ließen ihrer Enttäuschung in Foren freien Lauf, ein Erfolg aber wurde Warcraft: The Beginning trotzdem. Bis heute war keine Videospielverfilmung erfolgreicher. Die Vielzahl von zugehörigen Brettspielen, Romanen, Comics und Spin-off-Games wie Hearthstone sprechen ebenfalls eine deutliche Sprache. 

Netflixwoche Redaktion

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