Was macht Filme und Serien zu Klassikern? Warum tanzen manche Produktionen nur einen Sommer und verschwinden dann wieder aus dem kollektiven Gedächtnis der Zuschauer*innen und andere lieben die Fans auch nach Jahrzehnten noch? Und warum glauben wir, dass Luther, die Serie und der neue Spielfilm Luther: The Fallen Sun über den in Ungnade gefallenen Detective, nicht nur das Zeug zu einem Klassiker hat, sondern jetzt schon einer ist?
Was genau einen Klassiker ausmacht, ist nicht klar definiert. Natürlich sind die Geschmäcker verschieden. Aber ein bisschen eingrenzen lässt sich die Klassifizierung. Wir haben sechs Merkmale identifiziert, die auf Filme und Serien zutreffen, die man als Klassiker bezeichnet. Und machen dann den Check – was trifft hiervon auf Luther zu?
Kriterium 1: Zeitlosigkeit
Wenn Filme auch nach Jahren noch „funktionieren“, ihre Charaktere, ihre Story, ihr Look & Feel über einen längeren Zeitraum frisch bleiben, manchmal sogar mehrere Generationen in ihren Bann ziehen, verdienen sie sich das Prädikat „Klassiker“. Das trifft zweifelsfrei zu auf Meisterwerke wie Casablanca (1942), Der Pate Teil 1 und Teil 2 (1972, 1974), Pulp Fiction (1994) oder City of God (2002). Bei Serien-Klassikern kommt man nicht vorbei an Friends (1994-2004), den Sopranos (1999-2007), Breaking Bad (2008-2013) oder Stranger Things (2016 bis heute).
Luther-Klassik-Check: Die erste Staffel wurde 2010 ausgestrahlt. 20 Folgen in fünf Staffeln liefen bis 2019. Nun ist der finale Film Luther: The Fallen Sun auf Netflix zu sehen. Über 13 Jahre also ziehen die Geschichten um Detective Chief Inspector John Luther (Idris Elba) die Zuschauer*innen in ihren Bann.
Klassiker-Merkmal Zeitlosigkeit: Check!
Kriterium 2: Die Hauptdarsteller*innen
Ein wichtiges Klassiker-Kriterium sind die Hauptfigur und ihr Darsteller. Erst wenn der Schauspieler so in seiner Rolle aufgeht, dass die Zuschauer kaum mehr unterscheiden können zwischen Rolle und Mimen, hat dies Klassiker-Qualität. Sean Connery wurde jahrelang auch privat als James Bond angesprochen. William Shatner verschmolz so mit Captain Kirk, dass ihn Amazon-Chef Jeff Bezos mit in den Weltraum nahm. Da war Kirk, äh, Shatner schon 90 Jahre alt.
Luther-Klassik-Check: Idris Elba gehört zu den wirklich Großen seiner Zunft. Er macht sich seine Rollen zu eigen, schon ab Folge 1 kann man sich einfach keinen anderen John Luther mehr vorstellen. Verdienter Lohn und Anerkennung: die Verleihung des Golden Globe Award.
Klassiker-Merkmal Hauptdarsteller: Check!
Kriterium 3: Qualität halten
Wer kennt das nicht: Wir lieben die erste Staffel einer Serie, können die Fortsetzung kaum abwarten und – sind dann enttäuscht. Der Fluch des Erfolges führt bei manchen Produktionen dazu, dass zu schnell „nachgeschossen“ wird und die Qualität nicht über mehrere Staffeln gehalten werden kann. Serien-Klassikern wie The Wire (2002-2008) oder Peaky Blinders (2013-2022) passiert das nicht. Bei diesen Produktionen steigerte sich für manchen Geschmack die Qualität und Spannung sogar mit jeder neuen Staffel.
Luther-Klassik-Check: Die Produzent*innen von Luther ließen ihren Autor*innen glücklicherweise genug Zeit. Nur 20 Folgen in fünf Jahren ist in der heutigen Zeit geradezu wagemutig. Die Entdeckung der Langsamkeit zahlte sich aber aus. Die Fanbase akzeptierte, dass hier Klasse vor Kasse die Devise war – die Geschichten gewannen eher an Tiefe und die Serie wurde mit jeder Staffel erfolgreicher.
Klassiker-Merkmal Qualität halten: Check!
Kriterium 4: Andere inspirieren
Viele Klassiker sind Vorbilder für andere Regisseur*innen, Nachfolge-Serien und Filme. So war für Steven Spielberg und Martin Scorsese der John-Ford-Western Der Schwarze Falke (The Searchers) stilprägend. In vielen ihrer eigenen Filme finden sich Einstellungen und Kamerafahrten, die von John Fords Klassiker inspiriert sind.
Luther-Klassik-Check: Die Luther-Reihe wurde international gleich mehrfach adaptiert. So gibt es eine koreanische Version Less than Evil; eine indische Interpretation: Rudra: The Edge Of Darkness und auch eine russische Produktion: Klim. Der französische TV-Sender TF1 verlagerte sein gleichnamiges Luther-Remake nach Paris.
Klassiker-Merkmal Inspiration: Check!
Kriterium 5: Die Nebenfiguren
Nicht nur an den oder die Held*in denken. Große Filme und Serien haben große Nebenfiguren und die gehören ebenso großartig besetzt. Was wäre Breaking Bad ohne Saul Goodman (Bob Odenkirk), der dann ja gerechterweise gleich eine eigene Spin-Off-Serie erhielt. Better Call Saul gehört mittlerweile auch zu den Klassikern.
Luther-Klassik-Check: Die geniale und gleichzeitig furchtbare Alice Morgan (Ruth Wilson) ist John Luthers Nemesis, Konterpart und Love-Interest über alle fünf Staffeln der Serie hinweg. Ohne sie wäre Luthers Charakterentwicklung gar nicht vorstellbar. Und im finalen Film Luther: The Fallen Sun ist es der Psychopath David Robey (Andy Serkis), der uns in schauriger Erinnerung bleibt.
Klassiker-Merkmal Nebenfiguren: Check!
Kriterium 6: Die Accessoires
Würde Casablanca funktionieren, wenn Rick Blaine (Humphrey Bogart) statt im Trenchcoat im Hawaii-Hemd von Ilsa (Ingrid Bergman) auf dem Flugfeld Abschied nehmen würde? Oder – nochmal Trenchcoat – Columbo (Peter Falk) Muscle-Shirt tragen würde? Von den stylischen Peaky Blinders um Tommy Shelby (Cillian Murphy) mal ganz abgesehen – ihr Look hat die Männermode nachhaltig beeinflusst.
Luther-Klassik-Check: Was für Bogart der Trenchcoat ist, ist für John Luther sein unverwüstbarer, grauer Tweedmantel. Idris Elba sagt, für Luther ist sein Mantel „sein Superman-Outfit. Was haben Detektive nur immer mit ihren Mänteln? Sie sind ihre Uniform, ihr Büro. Dort bewahren sie all ihre Notizen, ihre Waffen, ihre Beweise auf.“
Als der Mantel in Staffel 3, Folge 4 in der Themse davon schwamm, wie eine Leiche im Fluss, war es, als sei Luther selbst gestorben. Thank God, dass die britischen Schneider Idris Elba in der nächsten Folge wieder standesgemäß ausgestattet haben! 20 Jacken wurden allein schon für den neuen Film Luther: The Fallen Sun handgefertigt.
Klassiker-Merkmal Accessoires: Check!
Netflixwoche Redaktion
