Queer Eye for the Straight Guy: Wie die Fab Five Geschichte schrieben

Schwule Männer haben Stil, Geschmack und Gefühle. Bei ihren heterosexuellen Geschlechtsgenossen sind diese Eigenschaften Mangelware.

Schwule leben besser; Heteros brauchen Hilfe. Das war vor zwanzig Jahren These und Pitch von Queer Eye for the Straight Guy, der Reality-TV-Show, in der fünf schwule Männer das Leben von einem hilfsbedürftigen Hetero umkrempeln.

Während mit Queer Eye Germany auch Deutschland mittlerweile ein eigenes Spin-Off hat, geht der amerikanische Netflix Reboot Queer Eye schon in die siebte Staffel. Zur Premiere schauen wir einmal zurück: So hat die Reality-TV-Makeover-Show angefangen.

Queer Eye for the Straight Guy

Fünf schwule Männer sitzen zusammengequetscht in einer Limousine, unterbrechen sich unentwegt und gestikulieren so wild, dass man Angst um ihre Augen bekommt. Im Hintergrund plärrt ein 2000er Techno-Pop-Mix.

Die Fabulous Five sind auf dem Weg zu John, dem Paketboten, dessen Haare fast so chaotisch sind wie seine Wohnung. Als sie dort ankommen, sind die schwulen Stil-Experten entsetzt: „Bekommst du schlecht Kredit? Oder hast du nur schlechten Geschmack?“

In den nächsten 40 Minuten wird Johns Kleiderschrank zerpflückt und neu zusammengestellt, die trostlosen Regalgestelle werden durch stilvolle Modelle ersetzt, der Hetero kriegt einen vernünftigen Haarschnitt. Kochkurs und Kunstunterricht folgen.

Und das alles, damit seine Freundin den Heiratsantrag am Ende der Episode glücklich mit „Ja!“ beantworten kann, während die Fab Five sich gegenseitig dafür gratulieren, wieder ein heterosexuelles Leben gerettet zu haben.

So hat Queer Eye angefangen

Selbstbewusst, durchgestylt und ein bisschen unverschämt. So stürzten die Fab Five in heterosexuelle Wohnzimmer und veränderten das Reality-Makeover-Format für immer.

Angefangen hat die Geschichte 2001, auf einer Party in Boston, erzählen die TV-Produzenten Michael Williams und David Collins in einem Interview mit HuffPost. Sie waren damals auf der Suche nach einem neuen Format, nachdem ihre letzten Produktionen abgesagt wurden.

Auf dieser Party in einer Dachgeschosswohnung begrüßt ein etwas zerzauster Mann seine Freundin. Sie schaut ihn entgeistert an und sagt: „Was hast du dir dabei gedacht, als du die Wohnung verlassen hast? Sieh dir diese Socken an!“

Sie zeigt auf drei schicke Typen in der Ecke. „Warum kannst du dich nicht so anziehen wie sie?“, fragt sie. Er antwortet ganz unschuldig: „Na ja, die sind schwul – die wissen, wie man sich anzieht.“ Die drei Schwulen überhören die entsetzte Freundin, beschwichtigen sie und fangen an zu erklären, welche kleinen Dinge er anders machen müsste.

Die TV-Produzenten beobachten die Szene für einige Minuten, bis einer sich zum anderen umdreht und sagt: „Das ist sie. Da ist unsere Show. Queer Eye for the Straight Guy.“

Die originalen Fab Five: Thom Filicia, Ted Allen, Carson Kressley, Kyan Douglas und Jai Rodriguez

sten Fab Five

Die Fab Five sind sind die fünf schwulen Gründerväter des Reality-TV Makeover Formats. Sie sind die hilfreichen Elfen, die dir nachts die Kleider austauschen. Das ist der originale Cast von Queer Eye for the Straight Guy:

  • Ted Allen, der „Food and Wine Connoisseur“, Experte in der Küche für die Zubereitung und Präsentation von Essen und den besten (gesponserten) Wein.
  • Kyan Douglas, der „Grooming Guru“, mit Tipps für Haarschnitt, Hygiene und Make-up – denn, ja, Make-up ist auch für Männer.
  • Thom Filicia, der „Design Doctor“, der deine Wohnung schick einrichtet und Ordnung ins Leben bringt.
  • Carson Kressley, der „Fashion Savant“, Experte für Klamotten, Mode, Stil und die frechsten Sprüche über deinen Mangel an Geschmack.
  • Und Jai Rodriguez, die „Culture Vulture“, Personalberater für Popkultur, Beziehungen und Gefühle.

Der Erfolg von Queer Eye

Das Konzept der Serie war ein Wagnis. Das Format baut auf Stereotypen, die riskieren, sowohl queere als auch heterosexuelle Zuschauer*innen zu vergraulen. Doch als die Show im Juli 2003 Premiere feiert, übertrifft sie alle Erwartungen: Sie bekommt die höchsten Einschaltquoten in der damals 23-jährigen Geschichte des amerikanischen TV-Senders BRAVO.

Der unerwartete Erfolg rettet den damals strauchelnden Fernsehsender und sichert der Serie nicht nur die nächste Staffel, sondern verspricht Spin-Offs und macht die Fab Five über Nacht zu Stars. Top-Marken buhlen um einen Platz in ihrem „Make-better“-Programm.

Das Makeover Format steht ganz am Anfang von einem Trend: Reality-TV, die neue Obsession der Popkultur. Das „echte Leben“ von anderen Menschen fasziniert Zuschauer*innen durch eine Mischung aus Mitgefühl und Fremdschämen. Und die TV-Sender freuen sich über eine neue Einnahmequelle: Produktplatzierungen. Denn natürlich sind die Crest-Whitestrips zum Zahnbleaching gesponsert, ebenso wie die Deko-Objekte von Pier 1 und das Almay Makeup von Revlon.

Queer Eye for the Straight Guy läuft für fünf starke Staffeln, bis die Ratings runtergehen und BRAVO die Serie absetzt. Aber die ersten Schritte sind getan. Makeover-Serien finden sich mittlerweile auf vielen Sendern. Und Reality-TV baut weiter aus.

Was Queer Eye geschafft hat

Als Mainstream Sender gerade erst anfingen, queere Geschichten zu erzählen, platzten die Fab Five in die Popkultur und fanden ein großes, glückliches Publikum. Ein Format von queeren Männern für queere Männer, das von allen geliebt werden darf – so kommt Repräsentation und Empowerment in den Mainstream.

Die Stereotypen, die von der Serie dargestellt werden, weichen mit jeder Folge mehr auf. Ja, die schwulen Männer machen sich gerne über ein Fashion-Faux-Pas lustig. Aber sie machen das aus Liebe. Und sie helfen dir dabei, es besser zu machen.

Fab Five „Fashion Savant“ Carson Kressley erklärt im Interview mit Variety: „Wir haben nicht erwartet, dass es ein großer Erfolg wird. Für uns war klar, dass es darum ging, Khakis mit Bügelfalte loszuwerden und Spaß daran zu haben. Aber es ging auch darum, Menschen zu bestärken und zu sagen: Du kannst die Kontrolle übernehmen. Du kannst toll aussehen, du kannst dich toll fühlen, du kannst den Job bekommen, das Mädchen – was auch immer du erreichen willst, wir können dir dabei helfen.“

Die neuen Makeover-Expert*innen: Karamo Brown, Antoni Porowski, Bobby Berk, Tan France und Jonathan Van Ness

Queer Eye: Eine neue Generation

Fünfzehn Jahre nach der ersten Staffel erscheint auf Netflix das Queer Eye Reboot. Die Serie setzt mittlerweile genau auf dieses Gefühl der Bestärkung. Queer Eye ist heute weit weg vom Fremdschämen; es geht um Mitgefühl und Herz. Der Techno-Pop-Mix ist ersetzt durch Feel-Good-Musik und Indie-Pop.

Das Titellied singt Betty Who. Das Budget ist größer, die Menschen offener und der Cast diverser. Die neuen Fab Five sind herzlich, lustig, nahbar: Antoni Porowski, Tan France, Karamo Brown, Bobby Berk und Jonathan Van Ness.

Queer Eye ist nicht mehr nur für den hilfsbedürftigen Straight Guy, sondern für alle, die ein bisschen queere Liebe und Lebensfreude brauchen. Jede Episode berührt Leben.

Und der Erfolg ist auch hier eindeutig: Die neue Serie hat schon neun Emmys gewonnen – vier Jahre in Folge den Preis als „Beste strukturierte Reality-TV-Show“.

Das Format wird bald 20 Jahre alt. In der Zeit hat sich viel verändert: Die Inklusion queerer Menschen ist weiter denn je. Fab Five Designer Tan France redet in den neuen Staffeln auf Netflix ganz nebenbei von seiner Hochzeit und seinem adoptierten Baby – das war 2003 noch nicht vorstellbar.

Darum geht’s in Queer Eye, Staffel 7

Die Fab Five nehmen sich eine neue Ecke vor: Sie landen im tiefen Bible Belt, in New Orleans, Louisiana. Dort begeistert das queere Team wie immer mit Modetipps, Rundum-Verwandlungen und Enthüllungen, die zu Tränen rühren. Ob im Klassenzimmer oder im Frat House – die queere Liebe der Fab Five hat keine Grenzen.

Queer Eye, Staffel 7 erscheint am 12. Mai 2023 auf Netflix.

Netflixwoche Redaktion

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