„Hey Leute, das ist nicht normal“ – Die Stars aus King of Stonks über Machos, Teddies und Aktien

Größenwahn, Narzissmus und toxische Männlichkeit: Die neue Netflix-Serie King of Stonks spielt in der deutschen Fintech-Welt. Alle Figuren sind nur auf ihren eigenen Vorteil bedacht und wollen so schnell wie möglich superreich werden. Doch für einen Moment in der Serie deutet sich eine klassische Verbotene-Liebe-Geschichte an: Eine Short Sellerin verliebt sich in den COO eines Unternehmens, gegen das sie wettet.

Die Short Sellerin wird von der Songwriterin, Sängerin und Schauspielerin Larissa Sirah Herden gespielt. Der COO vom Schauspieler Thomas Schubert. Am Rande des Filmfests München haben die beiden Netflixwoche ein Interview geben. Ein Gespräch über Hippies, riesengroße Teddybären und darüber, wie schrecklich es ist, sich selbst auf dem Bildschirm zu sehen.

Netflixwoche: Thomas, glaubst du, dass aus Kindern von Hippies zwangsweise Kapitalisten werden?

Thomas Schubert: Nur wenn sie ungeliebt waren. So wie Felix.

Das ist Felixs Antrieb?

Thomas Schubert: Absolut. Aber das kann man nicht so einfach auf andere Hippie-Kinder ummünzen. Wenn Hippie-Kinder sehr geliebt werden, dann führen sie das auch weiter und bleiben Hippies. Das ist jedenfalls meine Theorie. Aber ich kenne ehrlich gesagt auch überhaupt keine Hippie-Kinder.

Larissa, du warst vor King of Stonks auch schon in Bad Banks zu sehen. Beides Serien über die FinTech-Welt. Bist du in deinem Freundeskreis mittlerweile ein Spezialistin für Geldanlagen und Aktien?

Larissa Sirah Herden: Ich wünschte, es wäre so! Aber gerade, weil ich mich so viel mit dem Thema auseinandergesetzt habe, kenne ich die Risiken und würde mich nie trauen, da zu investieren. Da fehlt es mir an Risikobereitschaft.

Bei Sheila denkt man sich oft: Oh, mein Gott! Ist das ein stressiger Beruf! Sie wettet auf fallende Aktienkurse – und verliert dabei auch mal mehrere Millionen Euro.

Larissa Sirah Herden: Sheila ist auf jeden Fall eine Draufgängerin.

Warum ist sie so tough?

Larissa Sirah Herden: Weil sie sich was beweisen will. Sie will was schaffen. Fake it till you make it. Das macht Sheila wahnsinnig mutig, aber auch leichtsinnig.

Auch Sheilas Eltern verurteilen sie dafür, was sie tut. Genauso wie Felixs Eltern.

Thomas Schubert: Beide bekommen keine Anerkennung. Beide wollen sich beweisen.

Larissa Sirah Herden: Nur miteinander können Felix und Sheila normal sein. Sie können sich gegenseitig gesehen fühlen. Anders als im Beruf und in der Familie.

In vielen deutschen Serien gibt es eine klare Trennung zwischen guten und bösen Figuren. In King of Stonks nicht. Manchmal gehen Sheila und Felix den richtigen Weg. Aber sehr oft auch den einfachen.

Thomas Schubert: Sheila und Felix sind eben so, wie sie sind. Sie sind sich selbst ausgesetzt. Und dagegen können sie nichts tun.

Larissa Sirah Herden: Und wollen es auch nicht. Im echten Leben traut man sich oft nicht, sich das zu nehmen, was man will. Aber Sheila und Felix: Die beiden wollen etwas und dann machen sie das auch.

Gleichzeitig haben die beiden Schwierigkeiten, Liebe zu zeigen. Felix schenkt seiner Fahrerin eine Tasche voll mit Geld. Aber eigentlich will er nur eine Umarmung von ihr. Und Sheila bringt ihrer Nichte einen riesengroßen Teddybär mit.

Thomas Schubert: Was mit dem Teddybären eigentlich passiert?

Larissa Sirah Herden: Ich habe den ganzen Drehtag auf diesem Teddybären gelegen. Er war danach mein bester Freund. Eigentlich wollte ich den gerne haben. Aber ich weiß nicht, wo der gelandet ist.

„Solche Frauenfiguren gibt es in deutschen Serien und Filmen selten“, sagt Larissa über ihre Rolle Sheila.

Habt ihr die Serie eigentlich schon geschaut?

Larissa Sirah Herden: Ich schon.

Thomas Schubert: Ich bin noch nicht ganz durch.

Du kannst dich selbst nicht auf der Leinwand sehen, oder?

Thomas Schubert: Ja, furchtbar. Ich hasse es. Ich werde mich nie daran gewöhnt. Man denkt beim Schauen so: Voll das schöne Projekt, aber die Fresse… fuck!

Man macht sich selbst die Serie kaputt?

Larissa Sirah Herden: Ja, und man achtet viel zu sehr auf sich. Und sieht nur die Fehler: Wie hast du das denn gespielt? Warum hast du das denn so gemacht?

Thomas Schubert: Oder man denkt: Glaube ich ihm nicht.

Larissa Sirah Herden: Genau! Du lügst doch. Das sieht doch jeder!

Thomas Schubert (Mitte): „Wir schreiben in den letzten Jahren immer wieder Headlines, wo man sich denkt: Das kann eigentlich nicht wahr sein.“

Könnt ihr euch noch erinnern, was eure ersten Gedanken über die Figuren waren, als ihr die Bücher gelesen habt?

Thomas Schubert: Als ich den ersten Casting-Text bekommen habe, standen die Bücher noch nicht. Aber es war schon klar, in welche Richtung die Serie geht. Und diese Richtung fand ich geil.

Larissa Sirah Herden: Sheila ist eine Figur, die sehr vielschichtig und vielseitig geschrieben ist. Sie hat ihr eigenes Leben. Mit eigenen Zielen und Ambitionen. Sie ist ambivalent und entscheidet sich nicht immer nur für die Liebe. Solche Frauenfiguren gibt es in deutschen Serien und Filmen selten.

Thomas Schubert: Sheila ist nicht einfach nur den Umständen ausgesetzt. Sie erhebt sich, sie durchbricht die Umstände. Das ist schon stark.

Die Show ist lose vom Wirecard-Skandal inspiriert. Seid ihr jetzt Expert*innen für das Thema?

Thomas Schubert: Vielleicht ein bisschen. Ich gucke mir schon sehr gerne Dokus über den Wirecard-Skandal an und denke mir dann: Oha, krass. Aber wir erzählen den Stoff ja nicht einfach nach. Sondern machen mehr daraus.

Die Serie hat auch noch andere Inspirationsquellen. Wie die Ibiza-Affäre um Heinz-Christian Strache. Eine Geschichte, die total unecht klingt. Als hätte sie sich ein Drehbuchautor ausgedacht.

Thomas Schubert: Das ist Österreich. Wir schreiben in den letzten Jahren immer wieder Headlines, wo man sich denkt: Das kann eigentlich nicht wahr sein.

Larissa Sirah Herden: Es ist generell absurd, was Männer für Headlines schreiben. Wahnsinn, wie sich die Welt gerade demaskiert.

Thomas Schubert: Man hat oft gar kein Gefühl mehr dafür, wie absurd die Zeiten wirklich sind, wenn man mittendrin steckt. Deswegen ist es sehr gut, dass wir das alles in King of Stonks einmal überspitzen, um zu zeigen: Hey Leute, das ist nicht normal.

Lennardt Loss, Netflixwoche

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