Das ist Iris Berben
Nicht nur, weil sie eine der erfolgreichsten deutschen Schauspielerinnen der vergangenen Jahrzehnte ist, ist Iris Berben die passende Wahl für eine der zentralen Rollen in der neuen Netflix-Dystopie Paradise. Die heute 72-Jährige hat sich auch schon vor Jahren mit dem Thema des Films auseinandergesetzt: Ihr Buch Älter werde ich später erschien 2005. Und auch, wenn Berben seit Erscheinen des Werks äußerlich nicht mehr gealtert zu sein scheint, ist ihr natürlich bewusst, dass ein paar Jährchen vergangen sind. „In meinem Alter glaubt man nicht mehr, dass die Zeit unendlich ist“, hat sie der Augsburger Allgemeinen gesagt.
Diese Erkenntnis hindert Iris Berben aber nicht daran, das zu tun, was sie seit fast 60 Jahren tut: einen Film nach dem anderen machen. Dass sie gefragt ist, wie eh und je, sieht sie als Privileg: „Ich bin in der exklusiven und glücklichen Situation, dass ich mir aussuchen kann, was ich drehe.“
Angefangen hat diese exklusiv-glückliche Karriere sehr experimentell, mit dem Kinofilm Noch und Nöcher 1965. Dessen Besonderheit: Berben war die einzige Darstellerin. Es folgten so viele Kino- und TV-Projekte, dass es den Rahmen sprengen würde, sie alle aufzuzählen. Dabei arbeitete Berben mit so ziemlich allen Größen der deutschsprachigen Industrie zusammen, von Ingrid Steeger bis Hannelore Elsner, von Diether Krebs bis Ulrich Mühe.
Ihr persönlich größter Erfolg aber kam im vergangenen Jahr mit einer internationalen Produktion. Die irre Tragikomödie Triangle of Sadness über das Leben der Reichen und Schönen gewann bei den Filmfestspielen in Cannes die Goldene Palme und wurde bei der Verleihung des Europäischen Filmpreises als bester Film ausgezeichnet. Sie spielt eine Industriellengattin, die nach einem Schlaganfall im Rollstuhl sitzt und nur einen einzigen Halbsatz im ganzen Film spricht: „In den Wolken.“ Den sagt sie dafür sehr häufig. Über ihre Rolle hat Berben gesagt: „Natürlich war es eine Herausforderung, mit dem einen Satz Befindlichkeiten, Ängste und Gefühle zu erklären und einer Figur, die ja alles wahrnimmt und nur mit diesen Worten darauf reagieren kann, Seriosität zu geben.“
Mindestens ebenso wie ihr beruflicher Erfolg definiert Iris Berben aber ihr privates Engagement. „Ich bin nicht 24 Stunden am Tag Schauspielerin“, hat sie der Hannoverschen Allgemeinen einst gesagt. Außerhalb ihres Berufes kämpft sie gegen Antisemitismus und Fremdenfeindlichkeit. Als das Thema Migration 2016 hochkochte, sagte Berben: „Diese massive Brutalität, dieses offene Zurschaustellen von rechter Gesinnung, dieses Sich-nicht-mehr-zu-Schämen, machen mir große Sorgen. Viele Menschen scheinen in der Flüchtlingsfrage ein Ventil gefunden zu haben.“ Im vergangenen Jahr wurde Berben für ihren jahrzehntelangen Aktivismus mit der Martin-Buber-Plakette geehrt – die Auszeichnung hatten zuvor neben anderen auch Helmut Schmidt und Hans-Dietrich Genscher erhalten. 20 Jahre zuvor war ihr vom Zentralrat der Juden der Leo-Baeck-Preis verliehen worden.
Darum geht’s in Paradise
Alter soll in der Zukunft keine Rolle mehr spielen, das Leben theoretisch ewig dauern: Die Pläne des Biotech-Startups AEON und seiner Chefin (Iris Berben) klingen nach Science Fiction, entsprechen im Near-Future-Thriller Paradise aber der Realität. Das soziale Problem: Wenn jemand länger leben darf, muss ein anderer Mensch auf Lebenszeit verzichten. Dieses System trifft AEON-Mitarbeiter Max (Kostja Ullmann) und seine Freundin Elena (Marlene Tanczik) knallhart. Um ihre Schulden begleichen zu können, muss Elena 40 Jahre abgeben. Der gemeinsamen Zukunft beraubt, macht Max es sich zur Aufgabe, Elenas Lebenszeit zurückzuholen.
Das ist das wichtigste Iris-Berben-Zitat aus Paradise
„Wir werden so lange weiterforschen, bis nicht mehr das Alter und der Tod über uns bestimmen, sondern umgekehrt.“
Für die meisten Menschen klingt es zumindest fragwürdig, Naturgesetze auszuhebeln. Für das Biotech-Startup AEON ist es Sinn und Zweck seiner Forschung.
Hier ist Iris Berben auf Netflix zu sehen:
- High Society: In der Verwechslungskomödie um eine Tochter aus gutem Hause und eine aus dem Brennpunkt spielt Berben die aufgetakelte High-Society-Mutter.
- Traumfrauen: Ein Frauenquartett (Berben, Hannah Herzsprung, Karoline Herfurth, Palina Rojinski) kämpft mit Liebeskummer und wechselnden Partnern.
- Jugend ohne Gott: In einer Welt, in der Menschen, je nach ihrem Wert, in Sektoren leben müssen, ist Berben als Schuldirektorin eine Stütze des Systems. Weitere Dystopien auf Netflix findet ihr hier.
- Tiger Team – Der Berg der 1000 Drachen: Als Chefin einer Kosmetik-Firma will Berben ein Elixier finden, das ewiges Leben ermöglicht. Doch sie hat in dem Abenteuerfilm nicht mit der findigen Kinderbande Tiger-Team gerechnet.
Das wissen nur echte Fans
Als Heranwachsende hat Iris Berben nichts ausgelassen, sie flog von diversen Internaten und beendete ihre Bildungslaufbahn schließlich ohne Abitur. Weniger bekannt ist der Grund für einen ihrer Schulverweise: Im Alter von 12 Jahren floh Berben aus ihrem damaligen Internat Richtung Hamburg, weil sie unbedingt im hiesigen Star-Club die Beatles sehen wollte.
Netflixwoche Redaktion