Wie funktioniert German Matchmaking? Zwei Paarvermittler*innen verraten es

Wenn Sima Taparia die große Liebe für ihre Kundschaft sucht, wälzt sie sich durch einen dicken Aktenordner. Sie checkt Alter, Ausbildung, Herkunft. Paarvermittlung ist nichts anderes als eine Jobvermittlung, denkt man bei den drei Staffeln von Indian Matchmaking auf Netflix. Doch funktioniert so wirklich die Liebesssuche via Beauftragung?

Anita G. Schwarzenberg und ihr Sohn Philipp Schwarzenberg wissen es. Seit fast 40 Jahren betreiben sie in Deutschland und Österreich die Elite-Partneragentur Sympathica. Mit Elite Contacts kümmern sie sich seit 2020 zudem um die Vermittlung von homosexuellen Männern. Im Gespräch mit Netflixwoche erzählen sie, wie sie das perfekte Gegenstück finden, welche Rolle der soziale Status spielt und was sie für das erste Date raten.

‍Netflixwoche: Apps, Anzeigen oder in einer Bar: Wie finden Sie jemand für Ihre Klient*innen?

Anita G. Schwarzenberg: Da wir seit fast 40 Jahren in diesem Bereich tätig sind und man uns vertraut, haben wir einen großen Fundus. Wir sind spezialisiert auf die Vermittlung von Führungskräften, bekommen ganz viele Empfehlungen und müssen meist gar nicht werben. Wenn doch, greifen wir auf die Inserate auf unserer Webseite zurück oder auf Anzeigen in Printmedien, wie dem Standard in Österreich, der Süddeutschen Zeitung in Deutschland oder der Neuen Zürcher Zeitung in der Schweiz.

In der Regel kommt ein Kandidat oder eine Kandidatin auf uns zu, bittet um ein Informationsgespräch und dann schauen wir, ob und was passen könnte. Dasselbe gilt für Interessenten: Im ersten Telefonat schauen wir schon, ob die wichtigen Parameter passen. So schließen wir erste böse Überraschungen aus. Der Rest folgt dann im Face-to-face-Gespräch.

Welche bösen Überraschungen zum Beispiel?

Anita G. Schwarzenberg: Wenn jemand sagt: „Ich bin 1,65 Meter groß und wiege 52 Kilo“ – und dann sind es hinterher doch 85 Kilo. Wenn wir den Verdacht haben, dass uns jemand etwas vorgaukelt, dann überprüfen wir das und verlangen entsprechende Nachweise. Zu denen können etwa auch Studienabschlüsse gehören. Das ist aber nicht die Regel, sondern eher Ausnahmen. Wir möchten halt sichergehen, dass wir jeden Suchenden entsprechend bedienen können.

Was passiert nach dem Informationsgespräch?

Anita G. Schwarzenberg: Es gibt ein persönliches Treffen mit uns, um ein Exposé zu verfassen. Das ist noch anonym, beinhaltet ein Foto, Alter, Größe, Familienstand, Beruf, Interessen. In dem Exposé beschreiben wir ihren Background, ihre Werte, was sie sich wünschen. Kontaktdaten sind nicht enthalten. Sobald wir jemanden gefunden haben, legen wir beiden Seiten zunächst das jeweilige anonymen Exposé vor.

In der Netflix-Show Indian Matchmaking trifft Sima Taparia ihre Kunden persönlich.

Warum nutzen Menschen eine Partnervermittlung und gehen nicht selbst auf die Suche?

Philipp Schwarzenberg: Das hat einen ganz einfachen Grund: Effizienz. Stellen Sie sich mal vor, Sie gehen aus, in eine Bar, wo sich ein gewisses Klientel aufhält und suchen da aktiv nach einer Frau, nach einem Mann für eine langfristige Beziehung. Was Sie dafür tun müssen, ist mit mehreren 100 verschiedenen Menschen zu sprechen – bis Sie überhaupt mit einem dieser Menschen einen relativ guten und vielleicht auch intimen, romantischen Kontakt haben. Dasselbe gilt bei Dating-Apps: Man muss extrem viel Zeit investieren und das ist das große Problem. Die Leute, mit denen wir arbeiten, haben diese wertvolle Ressource nicht. Die wollen nicht 300 Nachrichten im Monat oder gar in der Woche an 300 verschiedene Leute schreiben. Sie wollen über einen planbaren Zeitraum zum Ziel kommen und das Ganze professionell begleitet bekommen. Das können wir bieten.

Nun wissen Sie, was die Menschen laut Exposé wollen. Aber woher wissen Sie, dass sich die beiden dann auch sympathisch sind?

Philipp Schwarzenberg: Da wir jede Persönlichkeit face to face kennenlernen, können wir durchaus einschätzen, ob es passen könnte. Wie lacht dieser Mensch? Was für humoristische Bemerkungen macht er oder sie? Auf was wird reagiert? Das bemerken wir ganz unbewusst in einem Gespräch. Wenn dabei das Gefühl entsteht: Die beiden könnten sich verstehen, dann ist das ein guter Indikator. Wir können im Prinzip alles miteinander abstimmen. Ob die Menschen sich auch wirklich sympathisch sind, das müssen sie letztlich aber immer selbst herausfinden.

Sind die Vorstellungen der Klient*innen für eine erfolgreiche Partnerschaft überhaupt so wichtig? 

Anita G. Schwarzenberg: Das kommt immer auf den Fall an. Wichtig ist, dass man sich auf Augenhöhe begegnet – und da spielt je nach Vorstellung schon der Job oder die Herkunft eine Rolle.

Philipp Schwarzenberg: Eine Nagelstudiobesitzerin kann etwa einem Mann auf der Forbes-Liste nicht auf Augenhöhe begegnen. Auch wenn sie sich wie er vermutlich erfolgreich selbstständig gemacht hat. Denn dieser Mann hält sich in ganz anderen Kreisen auf, mit ganz anderen Leuten.

Anita G. Schwarzenberg: Und wenn wir ihm das perfekte Pendant bringen, müssen er und sie sich schon um langfristige erfolgreiche Partnerschaft bemühen. Man muss jede Beziehung wie eine Blume pflegen.

Eine Beziehung muss gepflegt werden: In Indian Matchmaking reiten Rushali Rai und Pradhyuman Maloo.

Was wenn die beiden nicht den jeweiligen Vorstellungen entsprechen und dennoch passen könnten?

Anita G. Schwarzenberg: Das kommt drauf an. Wenn es zum Beispiel das Alter ist, das um zwei Jahre differiert, dann würden wir anfragen und darauf aufmerksam machen. Wenn die Person dann nicht möchte, bekommt sie das Exposé eben nicht. Wir handeln nicht eigenmächtig, eine gewisse Demut gehört immer dazu.

Und vermutlich Empathie?

Anita G. Schwarzenberg: Ja, man braucht ganz viel Feingefühl, Empathie, Aufgeschlossenheit und Freude am Leben und den Menschen. Das ist wichtig, weil man die Paare zueinander führt. Eine Ausbildung gibt es für den Job nicht. Psychologische Fortbildungen lohnen sich hier aber immer.

Auf Netflix erscheinen immer mehr Serien, die sich mit der Partnersuche beschäftigen. Wird denn der Job der Partnervermittlung tatsächlich gefragter? 

Anita G. Schwarzenberg: Wir haben in den letzten Jahren schon gemerkt, dass Partnerschaft wieder einen höheren Stellenwert bekommt. Das hat mit der Pandemie zugenommen.

Wie ist es bei Ihren Klienten, die eine gleichgeschlechtliche Beziehung suchen? 

Philipp Schwarzenberg: Bei den homosexuellen Männern denken einige an ein familiäres Leben mit Adoption oder Leihmutterschaft. Der Wunsch nach einer langfristigen monogamen Partnerschaft haben bei uns alle.

Die Familie ist bei der Reality-Show Indian Matchmaking ebenfalls ein wichtiges Thema. Sie ist beim Kennenlernen präsent und soll sich mit der angeheirateten Familie verstehen. Wie sehr spielt diese Zusammenführung bei Ihren Kunden eine Rolle?

Anita G. Schwarzenberg: Das ist in unserer westlichen Kultur ein sehr untergeordnetes Thema. Ob man sich am Ende mit der Familie wirklich zu 100 Prozent versteht, ob das alles passt oder nicht – das ist für die Paarbeziehung, die wir vermitteln, an sich nicht so wichtig. Das ist eher ein netter Bonus. Und die Eltern sind höchstens mal dabei, wenn jemand Junges vermittelt wird und die Vermittlung dann von den Eltern quasi gesponsert wird. Aber das wurde dann im Vorfeld besprochen.

Das Thema Familie spielt eine Rolle, doch in Deutschland eher das Gründen als das Zusammenführen.

Bei Indian Matchmaking ist dem Klientel alles wichtig: Aussehen, Karriere, Humor … Sind Ihre Klient*innen genauso anspruchsvoll? 

Philipp Schwarzenberg: Sie wissen genau, was sie wollen. Das ist realistisch. Wir können zwar niemand backen, Aschenputtel-Geschichten gibt es bei uns auch nicht, aber es hat jeder seine Vorstellungen, die wir in den wichtigen Punkten erfüllen.

Wie lange dauert es, bis Sie das erste Match für eine vermittelnde Person gefunden haben?

Philipp Schwarzenberg: Eine Woche. 

Wie bitte?

Philipp Schwarzenberg: Ja (lachen). Wir sind extrem gut organisiert und bieten eine sehr strukturierte Leistung. Nach der ersten Anfrage, meist via E-Mail, vereinbaren wir in der Regel binnen einer Woche ein Informationsgespräch. Und wenn man sich dann direkt entscheidet, weiterzumachen, organisieren wir binnen 14 Tagen ein persönliches Gespräch für das Exposé. Und ab dem Zeitpunkt, wo die Formalitäten geklärt sind, dauert es genau eine Woche für die Auswertung und die Unterbreitung des ersten Vorschlags. Und wenn das passt, trifft man sich realistisch kurzfristig – spätestens nach sieben bis 14 Tagen mit dem potenziellen Partner oder der Partnerin.

Sie haben wie bei Indian Matchmaking also einen dicken Aktenordner!

Philipp Schwarzenberg: Im Kern ist es dasselbe, auch wenn wir den Aktenordner digitalisiert haben (lachen). Wir schauen uns an, was da ist, sortieren, filtern nach Alter, Region. Und dann schauen wir uns die näheren Angaben von denen an, die gerade nicht mit anderen in Kontakt stehen. Das ist noch wichtig zu erwähnen: Es gibt keine parallelen Dates. Im Grunde genommen ist es so: Wenn Sie mit jemandem in Kontakt stehen und sich mehr wünschen, haben Sie sogleich keine Lust mehr, wenn sich diese Person noch am selben Abend mit jemand anderem trifft.

Wie sieht es eigentlich mit Sternzeichen aus? Vertrauen sie darauf, wie Matchmakerin Sima Taparia?

Anita G. Schwarzenberg: Wenn das jemandem wichtig ist, dann achten wir darauf. Ich habe mich auf Wunsch einiger Klienten und Klientinnen vor Jahren damit beschäftigt, allerdings nicht tiefgehend. Wir sichten keine Horoskope aus den Zeitungen. Davon halte ich nichts. In solchen Fällen ist Hermann Meyer, der das Institut für Psychologische Astrologie in München leitet, eher eine unsere Ansprechperson. Er ist für mich der Fachmann schlechthin und hat schon diverse unserer Klienten und Klientinnen beraten, wenn es in einem Lebensbereich hakte.

Für das erste Date muss das Outfit stimmen – auch bei Aparna Shewakramani in Indian Matchmaking.

Horoskope sind also raus. Was geben Sie Ihren Kund*innen ansonsten mit?

Anita G. Schwarzenberg: Einerseits sind es die Erfahrungswerte von Abertausenden von Vermittlungen. Andererseits wären da noch wissenschaftliche Studien und Werke. Beispielsweise Die 5 Sprachen der Liebe von Gary Chapman. Darin beschreibt der US-Autor die Kommunikation in der Partnerschaft, besonders in der Zeit des Kennenlernens. Hier unterstützen wir natürlich auch bei der Outfitwahl für das erste Date.

Wie lauten die Modetipps?

Anita G. Schwarzenberg: Die Herren sollten eher auf geschmackvoll Casual oder Business setzen – gepflegter Haarschnitt, vernünftig getrimmt. Die Damen sollten ein entsprechend feminines Outfit wählen. Yin und Yang, die Energie von Männlichkeit und Weiblichkeit, sollte sich direkt in beiden Personen widerspiegeln. Und auch wenn mir an dieser Stelle sicher einige Frauen widersprechen würden: Meine Damen, bitte zieht niemals einen Hosenanzug zum ersten Date an! Denn dann geht in der Regel der Mann davon aus, dass sie der bessere Mann in der Beziehung sein will. Deswegen lieber Rock oder Kleid. Ein bezauberndes Lächeln, schön zurechtgemacht und dann passt das schon.

Gehören solche Ratschläge zu dem Liebeskonto, von dem Sie auf Ihrer Homepage sprechen? Was hat es damit auf sich?

Philipp Schwarzenberg: Ah, das Liebeskonto! Das ist eine Metapher für den Glückshormonenhaushalt in unserem Körper. Es ist wie ein Girokonto, in das man Punkte einzahlen kann. Das heißt, jede positive Emotion, jeder Moment der Resonanz und jede Info kommt da rein. Micro Momente, die Sekunden anhalten. Das ist das, was Liebe ausmacht. Und im Prinzip kann man das Liebeskonto sogar als Freundschaftskonto führen. Man muss es nur gedanklich ein bisschen anpassen.

Und wenn es leer ist, sollte man sich demnach trennen?

Anita G. und Philipp Schwarzenberg: Es auffrischen!

Philipp Schwarzenberg: Gehen Sie einen Kaffee trinken, machen Sie Komplimente, schenken Sie eine Umarmung. Und da gilt es durchaus ein, zwei Stufen draufzulegen, weil Menschen das nicht immer gleich annehmen oder verstehen können. ‍

Zu den Personen

Anita G. Schwarzenberg hat 1985 die Partnervermittlung Sympathica in Herzebrock-Clarholz, NRW gegründet. Von Beginn an vermittelte sie ausschließlich ernsthafte Partnersuchende. Nach einigen Jahren spezialisierte sie sich auf die Vermittlung des gehobenen Mittelstandes bis zur Upper Class.

2016 stieg ihr Sohn Philipp ein und eröffnete 2020 Elite Contacts – eine „Homosexuelle Partnervermittlung für Männer mit Niveau“. Heute haben die Schwarzenbergs Niederlassungen in Berlin, Hamburg, Düsseldorf, Frankfurt/Main, München sowie Wien – ab Juni 2023 auch Stuttgart; Zürich ist in Planung.

Anita und Philipp Schwarzenberg im Gespräch.

Netflixwoche Redaktion

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