Die wahre Geschichte hinter München – Im Angesicht des Krieges

Erst im Kino, jetzt auf Netflix: München – im Angesicht des Krieges ist ein frühes Highlight des Jahres. Das prominent besetzte Historiendrama von Regisseur Christian Schwochow (Novemberkind, Bad Banks) erzählt, wie zwei Männer im Jahr 1938 versuchten, den drohenden Zweiten Weltkrieg abzuwenden. Der Film beruht auf dem Bestseller-Roman München von Robert Harris. Vor allem aber beruht er auf wahren Begebenheiten. Was ist damals genau passiert? 

Was sind die historischen Hintergründe?

In München – im Angesicht des Krieges geht es um fiktive Geschehnisse, die aber in wahre Begebenheiten eingebettet wurden. Im Zentrum steht dabei die Unterzeichnung des so genannten Münchner Abkommens. Das war eine Vereinbarung zwischen dem Deutschen Reich, dem Vereinigten Königreich, Frankreich und Italien im Herbst 1938. Darin wurde festgelegt, dass die Tschechoslowakei das Sudetenland an das Deutsche Reich abzutreten und binnen zehn Tagen zu räumen habe.

Durch die Unterzeichnung wurde die Sudetenkrise beendet. Der Konflikt war vom nationalsozialistischen Deutschland provoziert worden, mit dem Ziel, die staatliche Existenz der Tschechoslowakei zu zerstören und sich insbesondere die böhmischen und mährischen Gebiete einzuverleiben. Vor allem aber wurde durch die Unterzeichnung vorerst ein Krieg abgewendet. Das war eine Entwicklung, die Hitler nicht gefiel. Wie er in den Bormanndiktaten im Februar 1945 zu Protokoll gab, war er seinerzeit erstaunt darüber, dass sowohl England als auch Frankreich alle seine Forderungen akzeptierten. Wäre das nicht der Fall gewesen, hätte Hitler die Sudetenkrise wohl zum Anlass genommen, den Zweiten Weltkrieg bereits 1938 zu beginnen.

Gab es tatsächlich einen Putschversuch?

In München arbeiten zwei Männer namens Paul von Hartmann und Hugh Legat an einem Putsch gegen Hitler. Die Figuren sind erfunden. Doch den Versuch eines Staatsstreichs gab es tatsächlich. Er wird unter dem Begriff „Septemberverschwörung“ in den Geschichtsbüchern geführt. Am Putschversuch waren unter anderem Hans Oster (Generalmajor der Wehrmacht), Erwin von Witzleben (Generalfeldmarschall) und Ernst von Weizsäcker (Brigadeführer der SS) beteiligt. Die Verschwörer waren sich darin einig, dass der von Adolf Hitler durch die Sudetenkrise provozierte Krieg verhindert werden müsse. Die Beteiligten waren sich allerdings uneins darüber, ob Hitler lediglich verhaftet oder gar getötet werden sollte. Als durch die Unterzeichnung des Münchner Abkommens zunächst eine diplomatische Lösung der Krise herbeigeführt wurde, brachen die Voraussetzungen für den geplanten Putsch weg. Der Widerstandskreis löste sich auf.

Worum geht es in der Romanvorlage?

Der britische Journalist (BBC, The Observer, Sunday Times) und Schriftsteller (u.a. Vaterland) Robert Harris veröffentlichte seinen Bestseller-Roman München im Jahr 2017. Er erzählt darin von der Münchner Konferenz aus der Sicht fiktiver Figuren und entwickelt damit ein Szenario, in dem der Zweite Weltkrieg womöglich hätte verhindert werden können.

Im Zentrum der Erzählung stehen zwei Figuren, wie auch in Schwochows Filmadaption: ein Mitarbeiter des deutschen Außenministeriums names Paul von Hartmann sowie Hugh Legat, Privatsekretär des englischen Premierministers Neville Chamberlain. Von Hartmann ist ein Widerständler, der mit weiteren Verschwörern einen Putsch gegen Adolf Hitler plant. So möchte er einen Krieg verhindern. Hugh Legat ist einer seiner früheren Studienfreunde aus Oxford. Von Hartmann spielt Legat Informationen über die Angriffskriegsabsichten Hitlers zu, damit er diese an Premierminister Chamberlain weiterreichen möge. Es kommt in der Folge auch zu einem Treffen zwischen von Hartman und Chamberlain. Doch der britische Premierminister ist an den Informationen nicht interessiert.

Diesen Chamberlain gab es wirklich. Bis heute ist er einer der unpopulärsten Premierminister in der Geschichte des Vereinigten Königreichs. Das liegt insbesondere an seiner Appeasement-Politik, die sich weniger durch starkes Auftreten und konsequentes Eintreten für Werte auszeichnete als durch Zugeständnisse und Beschwichtigungen (beschwichtigen, engl.: to appease). In dem 2017-er Film Die dunkelste Stunde über die ersten Wochen Winston Churchill als britischer Premier bezeichnet Film-Churchill seinen Vorgänger auch als „Hasenfuß“.

Warum sollte man sich München ansehen?

Der Ausgang von München – Im Angesicht des Krieges ist bekannt, klar. Das ist dem Spannungsverlauf eines Films in der Regel nicht gerade zuträglich. Regisseur Christian Schwochow ist dennoch ein packender Historienthriller gelungen. Das liegt an der beeindruckenden Ausstattung und interessanten Charakteren, die zudem von tollen Darsteller wie Jeremy Irons oder Jannis Niewöhner verkörpert werden. Vor allem aber lässt die Erzählform des Films das Wissen um den Ausgang zur Nebensache werden. Die verwackelte Kamera, die schnellen Schnitte, der pulsierende Score – all das transportiert die nervöse Stimmung rund um die Konferenz perfekt. Gerade das Ohnmachtsgefühl, nichts gegen die einsetzenden Abscheulichkeiten tun zu können, überträgt sich beim Zuschauen und lässt einen atemlos die Geschehnisse auf dem Bildschirm verfolgen – Schwochow macht also aus der Not eine Tugend.

München – Im Angesicht des Krieges ist jetzt auf Netflix verfügbar.

Netflixwoche Redaktion

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