Von Heartstopper bis Queer Eye: Die schönsten queeren Filme und Serien auf Netflix
- 17.5.22
Am 17. Mai findet in mehr als 130 Ländern jedes Jahr der „Internationale Tag gegen Homo-, Bi- und Transphobie“, kurz IDAHOT, statt. Ein guter Anlass, um durch das große Angebot an queeren Serien, Filmen und Dokumentationen auf Netflix zu stöbern. Erst kürzlich ist mit dem Coming-of-Age-Achtteiler Heartstopper eine sehenswerte Show dazugekommen. Es gibt auf Netflix aber noch viele weitere Formate zu sexueller Selbstbestimmung und Selbstverwirklichung.
Heartstopper (2022)
Charlie und Nick kommen aus völlig unterschiedlichen Welten. Da ist einmal der strubbelköpfige Nerd Charlie, der neben seiner verschworenen kleinen Clique kaum Kontakt zu den Mitschüler*innen an seiner High School hat. Und dann ist da das beliebte Rugby-Ass Nick, der neu an der Schule ist und quasi aus dem Stand allseits bejubelt und geachtet wird. Was sollen diese beiden schon miteinander zu tun haben?
Die Antwort beginnt in Heartstopper mit einem zarten „Hi“. Das lächelt Charlie (Joe Locke) scheu zu Nick (KitConnor, bekannt aus His Dark Materials) hinüber, als sie recht zufällig in ihrer Klasse in einer gemeinsamen Bank landen. Dieses „Hi“ ist nicht nur der Auftakt zu einer unerwarteten Freundschaft – es ist auch der Beginn einer herzwärmenden Liebesgeschichte. Zahllose kleine Schritte aufeinander zu und wieder voneinander weg und eine Menge Gefühlschaos inklusive.
Die Story des achtteiligen Formats basiert auf einem 2016 veröffentlichten Webcomic der Autorin Alice Oseman. Wie sehr das Thema berührte, zeigten die Abrufzahlen: Der Webcomic wurde mehr als 52 Millionen Mal geklickt. Oseman blieb an der Geschichte dran, produzierte per Crowdfunding eine Graphic Novel und schließlich mit der Unterstützung eines Verlags noch die Teile zwei bis vier von Heartstopper.
Oseman beschreibt ihre Geschichte so: „Es geht um diese kleinen Momente in einer Beziehung, in denen das Herz schlägt und die Gefühle so groß sind.“ Diese und noch viel mehr prägende Augenblicke können Fans nun gemeinsam mit Nick und Charlie durchleben.
Queer Eye Germany (2022)
Warm, lebensbejahend, liberal, Queer Eye. Die US-Empowerment-Show startete 2018 auf Netflix. In jeder Folge wenden die „Fab 5“ eine Woche lang ihr Fachwissen an, um einer Person – dem oder der „Held*in“ der Folge – zu helfen, ihren Stil zu verbessern und ein glücklicheres Leben zu führen. Die Show schlug nicht nur in der queeren Community ein, sie begeisterte auch die Kritiker*innen und wurde vielfach ausgezeichnet – unter anderem mit insgesamt neun Emmys.
Seit März ist die deutsche Ausgabe der Show endlich draußen. Mit Queer Eye Germany rückt das Format noch einmal näher an die Zuseher*innen heran, sowohl räumlich als auch emotional. Das Prinzip bleibt aber dasselbe: Das queere Expert*innenteam der „Fab 5“ (hier: Leni Bolt, Ayan Yuruk, Aljosha Muttardi, Jan-Henrik Scheper-Stuke und David Jakobs) berät sogenannte Mentees allumfassend in Fragen der Sexualität, des Stils, der Psychologie, des Lebens.
Dabei wird kein*e Kandidat*in niedergemacht oder bloßgestellt. Das Credo der Sendung lautet: Nächstenliebe. Selbst die Süddeutsche Zeitung urteilte in einer Rezension: „Eine so lebensbejahende Makeover-Show fehlte bisher in Deutschland.“
Elisa und Marcela (2019)
Das Melodrama Elisa und Marcela beschäftigt sich mit der wahren Geschichte einer gleichgeschlechtlichen Ehe. Das Besondere daran: Es war die erste überhaupt, die in Spanien vollzogen wurde. Und sie wurde nicht einfach so geschlossen. Im Jahr 1901 heirateten Marcela Gracia Ibeas und Elisa Sánchez Loriga in der galizischen Hafenstadt A Coruña. Eine Heirat zweier Frauen wurde damals weder gesellschaftlich toleriert noch war sie überhaupt erlaubt – es sollte noch mehr als 100 Jahre bis zur Legalisierung dauern. Diese Hürden hielten Elisa und Marcela aber keineswegs von ihrer Liebe ab...
Die beiden begegneten sich 1889 als Schülerinnen auf dem Gymnasium und verliebten sich sofort. Marcelas strenge Eltern schickten ihre Tochter daraufhin auf ein Internat. Jahrelang schrieben sich Elisa und Marcela leidenschaftliche Briefe, bis sie sich endlich als ausgebildete Lehrerinnen wieder trafen. Ihre Gefühle füreinander waren unverändert. Sie zogen zusammen, um ihrer Liebe wenigstens in den eigenen vier Wänden Raum zu geben. Doch die katholischen Dorfbewohner*innen ahnten, dass die beiden ein Paar sind, und ächteten sie. Darum schmiedeten die Frauen einen Plan: Elisa sollte für eine gewisse Zeit nach Kuba auswandern, als Mann verkleidet unter dem Namen Mario wiederkehren und Marcela heiraten.
Nach der Heimkehr gelang es Marcela und Elisa tatsächlich, den Pfarrer zu täuschen. Er traute die beiden vor dem Altar. Allerdings zweifelten einige Dorfbewohner*innen an der Rechtmäßigkeit der Ehe und verlangten Beweise für Marios geschlechtliche Identität als Mann. Als diese ausblieben, forderten sie die Annullierung der Ehe. Die Frauen verließen schließlich das Dort, um in eine neue Welt zu fliehen. Sie versuchten, über Portugal nach Argentinien zu reisen. Doch überall begegneten ihnen Hindernisse und Homophobie.
Diese ganze Geschichte erzählt Elisa und Marcela – ein hochästhetischer Schwarz-Weiß-Film über den ungebrochenen Willen, für die Liebe zu kämpfen.
Brokeback Mountain (2005)
Die beiden Cowboys Ennis (Heath Ledger) und Jack (Jake Gyllenhaal) lernen sich im Frühling 1963 bei der Arbeit auf dem Brokeback Mountain in Wyoming kennen. Sie haben bei einem Viehzüchter angeheuert, um gemeinsam mit dessen Schafherde bis zum Herbst durch die Berge zu ziehen. Sie freunden sich an und unterstützen sich bei der Arbeit. Eines Nachts ist es so kalt, dass Jack und Ennis sich aneinander wärmen und sich damit körperlich nah sind wie nie. Es bleibt nicht beim Wärmeaustausch, die beiden haben Sex. Am nächsten Tag versichern sie sich gegenseitig, nicht schwul zu sein, doch sie schlafen in der folgenden Nacht wieder miteinander. Am Ende der Saison trennen sich ihre Wege, doch sie verabreden sich, im nächsten Jahr wieder gemeinsam auf dem Brokeback Mountain zu arbeiten.
Der berührende Film begleitet die heimliche Liebesbeziehung der beiden Männer über zwanzig Jahre. Beide Protagonisten heiraten, sie bekommen Kinder, schreiben sich aber weiter Postkarten und sehen sich von Zeit zu Zeit. Sie können einander nicht vergessen, doch in Wyoming ist es unmöglich, ihre Liebe auszuleben, ohne den Tod zu fürchten.
Brokeback Mountain basiert auf der gleichnamigen Kurzgeschichte der Schriftstellerin Annie Proulx, die 1997 im The New Yorker erschien und daraufhin mehrere Preise erhielt. Noch im selben Jahr wurde die Geschichte für die Kinoleinwand adaptiert, doch die tatsächliche Verfilmung des Stoffs verzögerte sich, weil sämtliche Filmstudios Berührungsängste mit dem Thema hatten. Homosexuelle Cowboys? Lieber nicht. So dauerte es weitere sieben Jahre, bis die Dreharbeiten begannen.
Regisseur Ang Lee (u.a. Tiger and Dragon, Sinn und Sinnlichkeit) erzählt in opulenten Bildern von Liebe, Hoffnung und unterdrückten Gefühlen. Brokeback Mountain ist ein stiller Film, der in seiner traurigen Schönheit tief bewegt. Die verschiedensten Jurys würdigten ihn mit Auszeichnungen, von den Oscars über die Golden Globes bis hin zu vielen internationalen Filmfestivals. Wer dieses Meisterwerk tatsächlich noch nicht gesehen hat: sofort nachholen!
Eine geheime Liebe (2020)
Die Kanadierinnen Terry und Pat lebten fast 60 Jahre lang zusammen. Über die gesamte Zeit ließen sie ihre Familien im Glauben, nur gute Freundinnen zu sein. Ihre Wohngemeinschaft hätte finanzielle Hintergründe. Außerhalb der Familie behaupteten sie häufig, sie seien Cousinen. Erst im Jahr 2009 entschlossen sich die beiden zum Coming-Out. Als sie sich Ende der 1940er-Jahre in Chicago kennen und lieben lernten, war Homosexualität in den USA illegal. Bis in die 2000er Jahre konnte man als Homosexuelle*r mit dem Gesetz in Konflikt geraten, ganz zu schweigen von den sich bis heute haltenden gesellschaftlichen Vorurteilen.
Chris Bolan, der Großneffe von Terry, war von der Liebesgeschichte so fasziniert, dass er beschloss, einen Dokumentarfilm über das Paar zu drehen. Eine geheime Liebe begleitet die mittlerweile hochbetagten Damen zwischen 2013 und 2018 und dokumentiert mit Hilfe von Fotos, Liebesbriefen, alten Videoaufnahmen und sonstigen Erinnerungsstücken das lange Leben des Paares. Außerdem erzählen Pat und Terry in Interviews ihre Geschichte: Unter anderem war Terry früher professionelle Baseballspielerin und mit ihrem Team in der ersten Frauenliga aktiv. Im Film sieht man zudem, wie die beiden nach langem Zögern ins betreute Wohnen ziehen und dort ihre Hochzeit feiern – nach fast 70 gemeinsamen Jahren.
Nur die halbe Geschichte (2020)
Die Coming-of-Age-Komödie Nur die halbe Geschichte nimmt uns mit in die konservative Kleinstadt Squahamish. Hier lebt die Einzelgängerin Ellie allein mit ihrem Vater in einem alten Bahnhofsgebäude. Seit dem Tod ihrer Mutter ist zu Hause nichts mehr wie es war. Ellie träumt davon, eines Tages an einer renommierten Uni zu studieren. Die Aussichten stehen auch gar nicht so schlecht für die intelligente Musterschülerin. Doch es mangelt an Geld. Ellie verdient sich etwas dazu, indem sie Aufsätze für ihre Mitschüler*innen schreibt. Eines Tages bekommt sie eine spezielle Anfrage.
Sie soll für den Footballspieler Paul einen Liebesbrief an dessen Crush Aster ghostwriten. Aster ist das It-Girl der Schule – gutaussehend, charmant und beliebt. Es gibt allerdings zwei Probleme: Aster hat einen Freund und auch Ellie ist selbst heimlich in die Mitschülerin verliebt. Doch da sie das Geld braucht, nimmt sie Pauls Auftrag nach einigem Zögern an. Aster antwortet auf den Brief von Ellie im Glauben, er sei von Paul und beide beginnen einen liebevoll-klugen Briefwechsel. Als Paul und Aster sich schließlich treffen und von der Eloquenz seiner Briefe plötzlich nicht mehr viel übrig ist, droht alles aufzufliegen…
Netflixwoche Redaktion