„Das ist eine Frage der Ehre“ – Die Barbaren im Interview

Die Varusschlacht ist geschlagen. Drei Legionen haben die Barbaren unter Arminius Kommando in die Knie gezwungen. Ein vernichtender Schlag für die Römer. Und das Imperium fordert Rache!

Heute, am 21. Oktober, startet die zweite Staffel von Barbaren. Zu diesem Anlass hat Netflixwoche mit den Schauspieler*innen Laurence Rupp (Arminius), Jeanne Goursaud (Thusnelda) und David Schütter (Folkwin) darüber gesprochen, wie es mit den Barbaren in der zweiten Staffel weitergehen wird, wie ein Pferdehintern David die Show stahl und warum Ruperts kleiner Sohn am Set mit ihm schimpfte.

Netflixwoche: Alles, was wir über die Germanen wissen, wissen wir von ihren Feinden: den Römern. Wie spielt man einen „echten Barbaren“?

Laurence: Ich habe alles gelesen, was ich finden konnte. Aber klar, das stammt alles aus römischer Perspektive. Von uns dreien hatte ich es noch am leichtesten, einfach, weil es über Arminius zumindest ein bisschen Stoff gibt. Über Thusnelda sagen die Quellen viel weniger. Und Davids Figur Folkwin ist ja fiktiv. Das Gute daran ist aber: Niemand kann kontrollieren, wie gut man die Figur trifft.

David: Dass meine Rolle frei erfunden ist, fand ich eigentlich sehr schön. Weil ich so viel Freiheit hatte in Bewegung und Sprache. Das war ein großer Vorteil, um einen Zugang zu Folkwin zu finden.

Jeanne: Genau. Da wir die Wahrheit nicht kennen, kann es natürlich sein, dass Thusnelda wirklich viel einflussreicher war als in den Aufzeichnungen dargestellt. Nur haben die Geschichtsschreibung eben Männer übernommen.

Netflixwoche: Arminius ist Germane, dann muss er Römer sein, dann wird er wieder zum Germanen – ein zerrissener Charakter. War es für dich schwer, dich mit Arminius zu identifizieren?

Laurence: Ich bin Österreicher, der in Deutschland lebt! Also rein sprachlich gehöre ich nirgendwo dazu. Die Deutschen sagen: „Ach, du kommst bestimmt aus Bayern, vielleicht Österreich?“, und wenn ich nach Hause fahre zu meinen Freunden nach Wien, sagen die: „Laurence, aber bitte nicht so reden wie a Piefke.“

David: Genau, das Einzige, was ihn zugehörig macht, ist seine Sozialversicherungsnummer.

Laurence: Aber mal im Ernst: Das ist natürlich ein unglaublicher Stoff: Jemanden zu spielen, der an einem Ort geboren, an einem anderen sozialisiert wurde und mit diesem Konflikt umgehen muss. Sich Fragen stellt wie: Wer bin ich, was zeichnet mich aus? Ist es Kultur und Gesellschaft? Sind es Freunde oder Familie? Fragen, mit denen sich ganz aktuell Geflüchtete auf der ganzen Welt beschäftigen müssen. Wir denken immer, einmal angekommen, müsste es denen ja jetzt gut gehen. Aber das glaube ich nicht. Seine Kultur zurückzulassen und sich eine andere Kultur anzueignen ist wahnsinnig schwierig. Eine ähnliche identitäre Zerrissenheit mit Arminius zu untersuchen war spannend und hat viel Spaß gemacht.

Netflixwoche: Die wilde Thusnelda und der hitzköpfige Folkwin: Gibt es Parallelen zwischen euch und euren Rollen?

David: Ich habe mit Folkwin mehr gemein, als ich das gerne hätte. Die Ungeduld, das Trotzige, das Zornige. All diese wundervollen Attribute teile ich leider mit dem jungen Mann. Ich habe aber natürlich sehr viel dazugelernt und bin jetzt, wo ich in diesem Interview sitze, ein geläuterter Mensch!

Jeanne: Ich habe mit Thusnelda auch sehr viel gemeinsam. Wir sind auf jeden Fall beide sehr willensstark und wissen, was wir wollen. Wir sind beide auch sehr intuitiv, impulsiv und emotional.

Netflixwoche: Am Ende der ersten Staffel haben die Germanen die Römer besiegt und Varus ist tot. Wie wirkt sich das auf Arminius aus?

Laurence: Er weiß, dass die Römer das nicht auf sich sitzen lassen. Es wird einen neuen Varus geben, das ist nur eine Frage der Zeit. Diese Schmach, die die Römer erfahren haben, muss gerächt werden. Das ist eine Frage der Ehre. Und wenn Menschen aus persönlichem Befinden heraus Kriege führen, dann wird es eklig. Aber anfangs ist das nur Arminius klar. Er weiß, dass er nur gewinnen kann, wenn er die Germanen vereint.

Jeanne: Und es ist ganz klar, dass Arminius auf der Todesliste der Römer ganz oben steht!

David: Die Frage ist doch: Hilfst du den Germanen aus Überzeugung oder sind da die Aufstiegsmöglichkeiten einfach besser?

Laurence: Die Antwort ist geheim und beantworte ich dir nicht! Aber Spaß beiseite: Das ist natürlich auch eine große Frage in dieser Staffel. Inwiefern ist Arminius Germane? Das wird zum Thema werden – auch zwischen Thusnelda und Arminius.

Netflixwoche: Wer macht ihm in der zweiten Staffel mehr Probleme: Germanen oder Römer?

Jeanne: Die meisten Probleme kommen bei dem Versuch auf, die germanischen Stämme zu vereinen…

Laurence: Was ja in der Realität auch nie gelungen ist. Das hat Arminius nach der Varusschlacht nie wieder hingekriegt.

Netflixwoche: Stimmt natürlich, wenn man sich den Spaß verderben möchte, kann man eigentlich nachlesen, wie es ausgeht. Wie nah bleibt die Serie denn an wahren Begebenheiten?

Jeanne: In der zweiten Staffel haben wir uns stärker von den geschichtlichen Hintergründen entfernt, würde ich sagen. Auch durch neue Charaktere, die teilweise frei erfunden sind.

Laurence: Dazu muss man sagen, dass nach der Varusschlacht auch viel weniger dokumentiert ist. Über die Schlachten von Germanicus weiß man viel weniger als über die Varusschlacht.

Netflixwoche: Wo wir schon bei Schlachten sind: Wie kompliziert war der Dreh solcher Szenen? Ihr musstet ja auch mit Pferden arbeiten…

David: Mit Tieren zu arbeiten kann hart sein! Ist halt doof, wenn du gerade den Take deines Lebens gespielt hast und hinter dir ist ganz unverfroren so ein Pferde-Arsch zu sehen, der die ganze Aufnahme unbrauchbar macht. Und es gab noch ganz andere Schwierigkeiten! Bei einer besonders schwierigen Kampfszene haben wir alles in einer Einstellung gedreht. Eine riesige Choreografie. Das war fantastisch, aber anstrengend wie Hölle! Dann kämpfst du da mit nacktem Oberkörper, Anfang Dezember – und darfst nicht zu viel atmen, weil man ja sieht, wenn auf einmal die Atem-Wölkchen aufsteigen! Die Mühe hat sich aber auf jeden Fall gelohnt, die Szene ist wirklich gut geworden.

Netflixwoche: Welche Szene hat euch beim Dreh besonders Spaß gemacht?

Jeanne: Kampfszenen sind immer anstrengend, machen aber auch tierisch viel Spaß. Danach fühlt man sich wie nach einem Workout. Am meisten gefiel mir eine, in der wir drei Rücken an Rücken zueinander stehen und gegen die Römer kämpfen.

David: Ja, das war toll, da haben wir viele Römer ihrer Rüstung entledigt!

Netflixwoche: Und welche Szene war besonders hart?

David: Eine im künstlichen Regen. Es war tiefer Winter. Die größte Herausforderung war, gegen das Zähneklappern anzukämpfen.

Laurence: Ich hatte einen kleinen peinlichen Moment, als mein Sohn zugeguckt hat. Wir waren gerade bei der neunten Wiederholung und er lief dann mit dem Regisseur zu mir ans Set. Es war relativ still in dem Moment und dann hat er gerufen: „Papa, jetzt mach das doch mal ordentlich!“ Das ganze Team ist um mich herum weggebrochen vor Lachen. Und da musste ich ihm natürlich erklären, dass es jetzt nicht NUR an mir lag.

Netflixwoche: Sondern an allen anderen.

Jeanne: Genau! An allen anderen, aber auf keinen Fall an ihm!

Netflixwoche Redaktion

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